Die Wahrscheinlichkeit der Bedrohung Österreichs durch einen konventionellen Landkrieg bis 2050 bleibt aller Wahrscheinlichkeit nach auf niedrigem Niveau, meint Generalstabschef Othmar Commenda
Die Wahrscheinlichkeit der Bedrohung Österreichs durch einen konventionellen Landkrieg bis 2050 bleibt aller Wahrscheinlichkeit nach auf niedrigem Niveau, meint Generalstabschef Othmar Commenda
© Bundesministerium für Landesverteidigung BMLVS

Österreich 2050

Wir werden weiter den Frieden genießen

Eines vorweg, die Wahrscheinlichkeit der Bedrohung Österreichs durch einen konventionellen Landkrieg bis 2050 bleibt aller Wahrscheinlichkeit nach auf niedrigem Niveau.

Die gegenläufige Entwicklung der Alterspyramide zwischen der westlichen Welt und anderen global relevanten Regionen, namentlich in Afrika und Asien, die damit eng verbundene grenzüberschreitende Migration auch mit Zielrichtung Europa sowie die zunehmende Verstädterung der Gesellschaften vor allem in Asien, Afrika und Südamerika werden sich direkt auf das europäische Sicherheitsumfeld auswirken. Als indirekt relevante Effekte können darüber hinaus regional begrenzte Wanderungsbewegungen die Stabilität betroffener Staaten untergraben, regionale Verteilungskonflikte auslösen bzw. zur Verschärfung der Auseinandersetzung um die Kontrolle von natürlichen Ressourcen beitragen.

Der Kampf um Essen, Wasser und Energie

Eng verbunden mit der globalen Bevölkerungsentwicklung wird dem Zugang zu Nahrung, sauberem Wasser und Energie entscheidende Bedeutung zukommen. Der anhaltende Klimawandel und der damit im Zusammenhang stehende und mit hoher Wahrscheinlichkeit anhaltende Trend zur Vernichtung menschlichen Lebensräume, einschließlich des Raumes zur Erzeugung von Lebensmitteln, werden sich negativ auf die Verfügbarkeit von Nahrung und Wasser für erhebliche Teile der Bevölkerung in der sich entwickelnden Welt auswirken. In den und um die vom Klimawandel vergleichsweise am stärksten betroffenen Regionen der Welt (Afrika nördlich und südlich der Sahara, der Mittlere Osten, Südasien, Zentralasien, Lateinamerika, die Karibik sowie die Arktis) ist mit einer Dynamisierung politischer und gesellschaftlicher Destabilisierungsentwicklungen zu rechnen, die bis hinzu Bürgerkriegen oder dem Zusammenbrechen von Staaten reichen können.

Ein sich bis zum Jahr 2050 ständig vergrößernder Anteil der Weltbevölkerung wird Zugang zu materiellem Wohlstand im Sinne einer Mittelklasse haben. Damit einher gehen wird ein geändertes Konsumverhalten, mit steigendem Bedarf an Nahrung, Wasser, Energie und Rohstoffen.

Der Cyberspace wird noch gefährlicher

Mit einem Ansteigen der Innovationsgeschwindigkeit u.a in den Bereichen Informations- und Kommunikationstechnologie, Biotechnologie, Medizintechnik, Robotik, der Neuro- oder der Nanotechnologie ist zu rechnen. Mit der sich beschleunigenden Innovation in diesen Bereichen wird die Vernetzung von Forschung und Entwicklung zur Schaffung von kollaborativen Umfeldern stark zunehmen. Die Tendenz, dass unregulierte bzw. unkontrollierte Bereiche von sich rasant entwickelnden Technologien durch potenzielle Angreifer genutzt werden, kann als stark steigend bewertet werden. Der Nutzung des Cyberspace und dem Schutz der durch dieses Medium angreifbaren Funktionsfähigkeit von Gemeinschaften werden stark erhöhte Bedeutungen zukommen.

Österreich in der Zwickmühle globaler Machtverteilung

Die Betrachtung der durch die westliche Welt in der jüngeren Vergangenheit entwickelten Strategien zur globalen Beherrschung von Sicherheit, lässt den Schluss zu, dass in der Regel ein Mangel an strategischer Voraussicht zu einer zu kurzfristigen strategischen Herangehensweise geführt hat. Dieser Umstand steht in direktem Zusammenhang mit dem Wunsch, Konflikte rasch einer stabilen Situation zuzuführen und dabei größere politische Risiken zu vermeiden. Kleinere Staaten wie etwa Österreich werden vor der Herausforderung stehen, ihre national zu definierenden strategischen Zielsetzungen im Kontext von sich verschiebender globaler Machtverteilung umsetzen zu müssen

Vernetzung macht regionale Konflikte global

Die zunehmende Vernetzung der Welt wird es zusehends schwieriger gestalten, die Austragung von Konflikten auf bestimmte geographische Räume einzuschränken. Konsequenzen auch von regionalen Auseinandersetzungen erhalten in der Regel eine globale Dimension mit Implikationen auch für Österreich. Die Bandbreite möglicher Konfliktgegner mit globaler Dimension reicht von leistungsfähigen militärischen Streitkräften bis hin schlecht organisierten Gruppen oder sogar Einzelpersonen. Eine Unterscheidung zwischen staatlichen und nicht staatlichen Akteuren bleibt weiterhin schwierig, mit allen daraus abzuleitenden Konsequenzen für Akteure, welcher auf Grund der Notwendigkeit der Einhaltung von rechtlichen Normen in ihren Handlungsmöglichkeiten beschränkt sein werden.

Gemeinsam gegen künftige Risken

Staaten und Staatengemeinschaften werden aus diesem Grund mit hoher Wahrscheinlichkeit in Zukunft alternative Strategien zur Beherrschung von geostrategischen Risken anwenden müssen. Österreich wird gefordert sein, seine geographische Lage in der Mitte Europas mit den sich bietenden Möglichkeiten der geostrategischen Entwicklung zu verbinden und dabei gemeinsam mit Partnern im globalen Kontext die im entstehen begriffenen Risken zu minimieren.

Othmar Commenda wurde 1954 in Wels/Oberösterreich geboren und absolvierte nach seinem Präsenzdienst 1975 die Offiziersausbildung an der Theresianischen Militärakademie. 1983/84 war er Kompaniekommandant bei der UNDOF-Mission der Vereinten Nationen auf den Golanhöhen. Commenda absolvierte an der Landesverteidigungsakademie die Generalstabsausbildung, war 1996 zur einjährigen Ausbildung am United States Army War College in Carlisle. Ab 2001 war er Leiter der Stabsabteilung im Kabinett des Verteidigungsministers und ab 2003 Leiter des Kabinetts des Bundesministers für Landesverteidigung. 2003/2004 wurde er mit der Leitung des Projektmanagements der Bundesheerreformkommission betraut und ab 2004 war er als Leiter des Management ÖBH 2010 für die Umstrukturierung des Österreichischen Bundesheeres verantwortlich. 2008 wurde Generalleutnant Commenda zum Stellvertreter des Generalstabschefs ernannt. Von 24. Jänner 2011 bis 8. November 2011 war er interimistischer Chef des Generalstabes, im Mai wurde er Generalstabschef und General.

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