Die Aktivisten von epicenter.works mit dem überdimensionierten USB-Stick vor dem Justizministerium.
Die Aktivisten von epicenter.works mit dem überdimensionierten USB-Stick vor dem Justizministerium.
© Barbara Wimmer

Per USB-Stick

Bundestrojaner: Ministerium erhält blockierte E-Mails

Aktivisten der Bürgerrechtsorganisation epicenter.works haben am Montagvormittag einen selbstgebastelten überdimensionierten USB-Stick vor dem Justizministerium platziert. Verantwortliche für das geplante Überwachungspaket bekamen im Anschluss an die Aktion einen echten USB-Stick mit 7581 Stellungnahmen zum geplanten Sicherheitspaket überreicht.

8964 Stellungnahmen von privaten Bürgern sind insgesamt bisher als Protestmaßnahme gegen das geplante Sicherheitspaket der Bundesregierung beim Parlament eingebracht worden. Dies ist eine neue Form des Online-Protests, sich abseits von Petitionen auch am parlamentarischen Prozess zu beteiligen. Am Montagabend endet offiziell die sechswöchige Begutachtungsfrist zum geplanten Gesetz.

Das geplante Sicherheitspaket sieht unter anderem die Überwachung verschlüsselter Nachrichten, eine eingeschränkte Neueinführung der Vorratsdatenspeicherung ("Quick freeze") sowie auch eine Ausweitung der Videoüberwachung und die Kennzeichenerfassung auf Österreichs Straßen, vor. In einer Aussendung drängten Innenminister Wolfgang Sobotka und Justizminister Wolfgang Brandstetter auf die rasche Umsetzung der geplanten Vorhaben. Nach der ersten, kurzen Durchsicht an Stellungnahmen ist die Kritik am geplanten Paket vernichtend. Eine Analyse dazu folgt.

Bürger-Mails blockiert

7581 Mails von privaten Bürgern, die ihre Stellungnahmen über ein Online-Formular auf der Protest-Website überwachungspaket.at abgeschickt hatten, wurden vom Justizministerium nämlich wie berichtet blockiert. Die Mails wurden von der Office-Adresse der Datenschutz-NGO epicenter.works weitervermittelt. „Rejected for policy reasons“ bekam die NGO als Fehlermeldung zurück.

Das Parlament hat sich hingegen entschieden, all diese Stellungnahmen weiter zu bearbeiten und „sukzessive auf der Parlaments-Website zu veröffentlichen“. Derzeit sind dort insgesamt 6193 Stellungnahmen zu finden- so viel, wie es für keinen anderen geplanten Gesetzesentwurf je gegeben hat. Das Justizministerium hatte den E-Mail-Stopp gegenüber der futurezone folgendermaßen begründet: „Die Eingabemöglichkeit via epicenter works musste gestoppt werden, um die Kapazitäten für alle anderen Übermittlungswege aufrecht halten zu können."

Die Bürgerrechtsorganisation hat nun alle Mails, die bis zum heutigen Tag über ihre Office-Adresse eingetroffen sind, ans Justizministerium übergeben. Anders als bisher kommuniziert, haben sich viele Bürger die Mühe gemacht, ihre Stellungnahmen zu adaptieren.

USB Stick Justizministerium epicenter works
Epicenter.works wurde zudem mit Vorwürfen konfrontiert, mit ihrem Tool die Arbeit von Behörden und Journalisten zu blockieren. Journalisten hatten sich beschwert, dass sie unter der Flut an Stellungnahmen nicht mehr die mit „Gehalt“ finden würden. Dadurch würde die Bewertung unterschiedlicher Argumente erschwert, lautete die Kritik.

Überblick über die Konsultation

„Wir sehen unser Kampagnen-Tool als eine Form der Online-Demonstration. Es geht uns darum, Aufmerksamkeit für ein legitimes Anliegen zu erzeugen“, erklärt Werner Reiter von epicenter.works. Die Bürgerrechtsorganisation hat deshalb ein zweites Online-Tool entwickelt, um nun zum Ende der Begutachtungsfrist die Durchsicht und Bewertung aller Dokumente für Journalisten, Parlamentarier und Behörden zu erleichtern. Damit lässt sich nicht nur die Originalität aller eingereichten Stellungnahmen feststellen, sondern auch, welche Themen in welchen der eingebrachten Stellungnahmen behandelt werden. Die Stellungnahmen wurden von der Bürgerrechtsorganisation manuell gesichtet und analysiert.

Bisher sind unabhängig vom Online-Tool der Bürgerrechtsorganisation rund weitere 100 Stellungnahmen zum geplanten Paket eingetroffen. Auch diese werden noch auf der Parlamentswebsite veröffentlicht und von epicenter.works analysiert. Die Aktivisten zeigen mit ihrer Aktion, wie im Online-Zeitalter die Gesetzsgebungsprozesse transparenter und übersichtlicher für die Öffentlichkeit werden.

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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