Johanna Mikl-Leitner
Johanna Mikl-Leitner
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Recht

Gemischte Reaktionen auf Vorratsdaten-Urteil

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) hat am Freitag die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes zur Vorratsdatenspeicherung zur Kenntnis genommen: "Das ist ein ganz klares Erkenntnis des VfGH und ist dementsprechend natürlich auch umzusetzen", kündigte sie gegenüber der APA an. Sie will die schriftliche Ausfertigung des Urteils abwarten und diese im Detail analysieren. "Klar ist, dass die Vorratsdatenspeicherung kein Selbstzweck ist, sondern der Sicherheit der Menschen in Österreich gedient hat", so Mikl-Leitner. "Viele schwerkriminelle Straftaten konnten mit ihrer Hilfe geklärt werden." Die Innenministerin will nun nach neuen Wegen der Kriminalitätsbekämpfung suchen: "Ich bin mit dem Justizminister einer Meinung, dass ausreichende Ermittlungs-Befugnisse zur Verfolgung von Schwerkriminellen einfach notwendig sind. Dazu Bedarf es nun einer Analyse und Experten-Gespräche."

"Das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) sei "selbstverständlich zu akzeptieren", sagt Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) am Freitag. Aber bei schwerster Kriminalität - etwa Mord - werde man sich überlegen müssen, wie man Sicherheitsbehörden und Justiz auch künftig eine effektive Strafverfolgung "auch durch Rückgriff auf gespeicherte Telekommunikationsdaten" ermöglicht. Basis dafür sei die noch nicht vorliegende schriftliche Ausfertigung der VfGH-Entscheidung. Diese werde dann von den Justiz-Experten genau analysiert, kündigte Brandstetter in einem Statement gegenüber der APA an. Er habe, merkte der Justizminister an, immer gesagt, dass es "naturgemäß nicht leicht ist, in diesem sensiblen Bereich die richtige Balance zu finden, denn es geht einerseits um die Gewährleistung öffentlicher Sicherheit und die notwendige Aufklärung schwerer Straftaten und andererseits um das Grundrecht auf den Schutz der Privatsphäre".

Verkehrsministerin Doris Bures (SPÖ) sieht sich durch das EuGH-Urteil zur Vorratsdatenspeicherung in ihrer "kritischen Haltung" gegenüber der Richtlinie bestätigt. "Auch bei der Verbrechensbekämpfung muss der Schutz der Grundrechte und der Datenschutz gewährleistet sein", meinte sie am Dienstag in einer Aussendung. Für Bures ist eine Rücknahme der Gesetze in Österreich "gut vorstellbar". In Österreich habe man unter Einbeziehung des Ludwig-Boltzmann-Instituts für Menschenrechte nur eine "Minimalvariante, nämlich das EU-rechtlich absolut Notwendige, umgesetzt", betonte Bures. Die Konsequenzen aus dem EuGH-Urteil für Österreich seien heute noch nicht klar einzuschätzen, nun sei der Verfassungsgerichtshof am Zug.

Opposition jubelt

Mit Begeisterung hat die Opposition am Freitag die Aufhebung der Vorratsdatenspeicherung durch den Verfassungsgerichtshof (VfGH) aufgenommen. Der Grüne Justizsprecher Albert Steinhauser, der eine der beiden erfolgreichen Individualbeschwerden gemeinsam mit der Bürgerinitiative AK Vorrat unterstützt hat, freute sich über einen "Riesenerfolg für die Grundrechte und die Bürger". Die "komplett uneinsichtige Bundesregierung" habe eine Niederlage erlitten "in ihrer Gier, die Daten der Bürger zu speichern", meinte Steinhauser in einer Aussendung. Er verlangte eine "offizielle Entschuldigung der Bundesregierung" bei den Österreichern. Außerdem hoffe er auf eine "Trendumkehr im Denken der Mainstream-Politik", sagte Steinhauser unter Hinweis darauf, dass Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) noch vor Kurzem die Notwendigkeit der Vorratsdatenspeicherung betont habe.

Äußerst erfreut waren die NEOS: "Die Freiheitsrechte des Einzelnen müssen unangreifbar bleiben. Solche komplett überschießenden Grundrechtseingriffe wie die Vorratsdatenspeicherung müssen dauerhaft der Vergangenheit angehören", sagte Menschenrechtssprecher Niki Scherak. Der netzpolitische Sprecher Niko Alm forderte, dass sämtliche Daten, die noch gespeichert sind, umgehend und unwiederbringlich gelöscht werden.

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache sprach von einem "bedeutenden Sieg für die Bürgerinnen und Bürger im Kampf um ihre Grundrechte". Dem Überwachungswahn müsse "ein kräftiger Riegel vorgeschoben" werden. Von einer "weisen Entscheidung" sprach Team Stronach-Klubobfrau Kathrin Nachbaur. Der VfGH habe einen groben Fehler der Regierung wieder ausgebügelt - und auch "weltweit ein Signal gesetzt: ein klares Nein zum Überwachungsstaat und zum Gläsernen Menschen".

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