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Überwachung

Vorratsdaten: Kritik an Regierungseinigung

Die rot-schwarzen Koalition zeigte sich am Dienstag mit dem erzielten Kompromiss zur Umsetzung der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung zufrieden. Infrastrukturministerin Doris Bures (SPÖ) lobte die Missbrauchssicherheit des Modells, Justizministerin Claudia Bandion-Ortner (ÖVP), sieht die Bekämpfung von Internetkriminalität sichergestellt.

Zuvor wurde am Montagabend der letzte Streitpunkt, die Übernahme der Kosten, geklärt. Demnach werden die Provider mit 20 Prozent belastet, der Bund übernimmt den Rest. Der Löwenanteil davon (63 Prozent) wird vom Infrastrukturministerium berappt, das Innenministerium zahlt 34 Prozent, das Justizressort einen Fixbetrag von 360.000 Euro, was drei Prozent entsprechen soll. Die Investitionskosten werden auf zwischen 15 und 20 Millionen Euro geschätzt.

Verdachtsunabhänige Speicherung

Gespeichert werden die Verbindungsdaten via Telefon, Internet und  E-Mail verdachtsunabhängig für sechs Monate, womit - wie vom Infrastrukutrministerium stets angestrebt - die entsprechende EU-Richtlinie mit dem Mindestmaß erfüllt wird. Die Strafverfolgungsbehörden erhalten Zugriff auf die Daten, wenn ein Vergehen mit einem Strafausmaß von über einem Jahr und ein richterlicher Beschluss vorliegen. Dies wird nicht direkt im Telekommunikationsgesetz geregelt, sondern mit Verweis auf die Strafprozessordnung mit einer entsprechenden Definition.

Ausnahme IP-Adressen

Eine Ausnahme sind IP-Adressen, wo es keinen Strafrahmen gibt und die Auskunft nur einer begründeten Anordnung des Staatsanwalts bedarf. Das Justizministerium wollte auf diesem Weg erreichen, dass auch bestimmte Delikte aus dem Bereich der Kinderpornografie, deren Strafrahmen bei weniger als einem Jahr Haft liegt, verfolgt werden können.  

Erleichtert wird der Informationszugang für die erste allgemeine Hilfeleistung oder zur Abwehr von Gefahren, wie es auch schon heute im Sicherheitspolizeigesetz (SPG) vorgesehen ist. Klassische Beispiele: Wenn eine in den Bergen vermisste Personen nur über das Handy geortet werden kann oder die Abwehr einer vorsätzlich begangenen Straftat, etwa einer Entführung, nötig ist.

In punkto Rechtsschutz sollen Betroffene grundsätzlich informiert werden, wenn auf ihre Daten zugegriffen wird - zumindest nachträglich (falls Gefahr in Verzug), zuständig dafür sind die Sicherheitsbehörden. Allerdings unterliegt diese Informationspflicht Einschränkungen, so dürfen etwa Ermittlungserfolge nicht gefährdet werden. Jedenfalls ist der Rechtsschutzbeauftragte einzuschalten.

Bei zivilrechtlichen Ansprüchen, etwa bei Urheberrechtsverletzungen, soll es nun, anders als vom Jusitzministerium gefordert, keinen Zugriff auf die Vorratsdaten geben.

Internet-Anbieter fordern vollen Kostenersatz

Die Vereinigung der östererichischen Internet Service Provider (ISPA) zeigte sich über die Aussicht wenig erfreut, an den Investitionskosten für die Vorratsdatenspeicherung beteiligt zu werden. "Die Speicherung von Vorratsdaten ist eine rein im öffentlichen Interesse gelegene Aufgabe. Daher fordern wir einen 100-prozentigen Kostenersatz vom Staat“, sagte ISPA-Generalsekretär Andres Wildberger.

Wildberger betonte auch, dass die „grundrechtlichen Auswirkungen der Umsetzung genau verfolgt werden müssen“, weiters müsse garantiert sein, dass Betroffene stets informiert werden, wenn auf ihre Daten zugegriffen wird.„Wir erwarten eine rege Diskussion über dieses Gesetz im Parlament.“

Oppositionskritik

Die Grünen bekräftigten am Dienstag ihre Kritik an der geplanten Vorratsdatenspeicherung. Die Regelung sei "der Einstieg in eine Spitzelgesetzgebung“, erklärte Justizsprecher Albert Steinhauser. Die Regierung sollte lieber in Brüssel „für eine Änderung der Richtlinie kämpfen“, argumentieren die Grünen.

Die Regierung setze sich mit der Vorratsdatenspeicherung über Bürgerrechte hinweg, kritiserte FPÖ-Verfassungssprecher Harald Stefan. BZÖ-Justizsprecher Ewald Stadler sprach sich für eine "parteiübergreifende geschlossene Front gegen diese Überwachung" aus.

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