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Netzpolitik

Wie eine Polizei-Werbung auf 4Chan kam

„Deine 60 Sekunden laufen jetzt! Bewirb dich! Polizei.“ Diese Werbeanzeige wurde einem Internet-Nutzer in einer mobilen App angezeigt, der sich gerade in einem Sub-Forum der Website 4Chan.org befunden hatte. Das Brisante daran: Der User las gerade einen Beitrag mit dem Titel „Girls you wanna rape“ („Mädchen, die du vergewaltigen willst“). Auf 4Chan gibt es mehrere Sub-Foren mit sexistischen, rassistischen oder rechtsextremen Inhalten. Im Channel /b/, in dem die Werbung laut dem Nutzer angezeigt worden war, werden nicht selten Nacktfotos sowie Vergewaltigungsfantasien ausgetauscht.

Der Nutzer machte einen Screenshot von der Polizei-Werbung und postete diesen auf dem Internet-Forum Reddit mit dem Kommentar „Die Polizei schaltet Werbung auf 4Chan’s /b/. Die kennen ihre Zielgruppe.“ Das Innenministerium erklärte gegenüber der „Presse“, dass es sich dabei um „keine böse Absicht“ gehandelt habe.

Werbenetzwerk verwendet

Die Polizei verwendet für Werbeschaltungen nämlich ein sogenanntes Werbenetzwerk, wie etwa Google AdSense. Das bedeutet, dass die geschaltete Werbe-Anzeige automatisch auf verschiedenen Internetseiten oder in mobilen Apps angezeigt und ausgespielt wird. Man kann als Werbekunde aber beeinflussen, welche Websites ausgeschlossen werden. „Erscheint eine Werbeeinschaltung in Verbindung mit unpassenden Inhalten, wird die Seite nachträglich explizit ausgeschlossen“, heißt es in dem konkreten Fall etwa.

Der Nutzer „zenoderbanger“ hat auf den Inhalt auf der Website von 4Chan über den „Mimi 4Chan Reader“ aus dem Google Play Store zugegriffen. Ob die Werbeanzeige der Polizei über die App oder 4chan selbst ausgespielt wurde, ist unklar. Wurde die Werbung über die App ausgespielt, müsste die Polizei auch diesen Reader ausnehmen, und nicht nur das 4chan-Portal selbst. Eine futurezone-Anfrage beim Innenministerium (BMI) zu diesem Thema und wie man künftig damit umgehen möchte und welche Websites noch ausgeschlossen wurden, läuft.

Warum das problematisch ist

Die Polizei würde mit derartigen Werbeanzeigen Plattformen, die rassistische, sexistische oder pornografische Inhalte erlauben, finanziell unterstützen und somit die Verbreitung derartiger Inhalte - egal, ob mit oder ohne „böser Absicht“ - fördern. Wie viel Geld in dem konkreten Fall an 4chan oder an die mobile App geflossen sind, lässt sich nur schwer eruieren.

Laut dem Bericht der „Presse“ haben SPÖ und Grüne bereits parlamentarische Fragen zu dem Thema angekündigt. Die SPÖ bestätigte dies gegenüber der futurezone. "Die Anfrage wird in den nächsten Tagen eingebracht." Die futurezone will vom BMI zudem noch wissen, wie viel Geld in die Online-Werbung von Polizei-Rekrutierungen fließt und ob dafür auch Social-Media-Plattformen mittels „Targeted Advertising“ verwendet werden. Heutzutage ist es nämlich durchaus üblich, Nutzer über mehrere Plattformen hinweg gezielt anzusprechen – und somit wäre 4Chan oder die dazugehörige App sowie das gewählte Werbenetzwerk nur ein Weg von vielen, um neue Jungpolizisten zu rekrutieren.

Erst vor ein Tagen berichtete etwa das „Profil“, dass das Innenministerium in der rechten Zeitung „Wochenblick“ seit dem Amtsantritt von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) rund 19.000 Euro inseriert hatte, um damit neue Polizeischüler zu rekrutieren.

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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