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Smartphone

Android-Phone Samsung Galaxy SII im Test

Schon das erste Samsung Galaxy S war eine Kampfansage an das iPhone – oder wenn man Apple-Patentklagen glauben will, eine dreiste Kopie. Mit dem Galaxy SII (699 Euro) legt Samsung nach und gleichzeitig vor. Nachgelegt wird mit der Leistung: 1,2GHz Dual-Core-Prozessor, 1GB RAM, HSPA+ und eine 8-Megapixel-Kamera. Vorgelegt wird mit dem Formfaktor. Trotz 4,3 Zoll Super-AMOLED-Plus-Display und einem 1650mAh-Akku ist das SII nur 8,49mm dick (iPhone 4: 9,3mm) und 116 Gramm schwer. Damit ist es in seiner Leistungsklasse das dünnste und leichteste Smartphone. Das Dual-Core-Handy HTC Sensation ist weit von dieser Ideallinie entfernt. Auch das Dual-Core-Smartphone LG Optimus 2X ist dicker, aber mit 109 Gramm leichter, was auf das kleinere 4-Zoll-Display zurückzuführen ist.

Handling
Das geringe Gewicht und die schlanke Linie sorgen für einen guten Halt in der Hand, trotz des übergroßen 4,3-Zoll-Displays. Obwohl das Gehäuse aus Kunststoff besteht, erweckt es einen äußerst robusten Eindruck, was beim Vorgänger Galaxy S nicht immer der Fall war. Die Ränder sind leicht erhoben, um einer Beschädigung des Displays vorzubeugen, wenn das SII doch mal aus der Hand rutschen sollte. Da der Touchscreen aber ohnehin durch Gorilla-Glas geschützt ist, werden Beschädigungen und Kratzer am Display kaum auftreten.

Das untere Ende der Rückseite ist, wie schon beim Galaxy S und Nexus S, angehoben, um die Griffigkeit zu verbessern. Die Akku-Abdeckung, die den Rest der Rückseite einnimmt, ist rau gemustert und dadurch nahezu rutschfest. Designtechnisch gewinnt das SII allerdings keine Schönheitspreise. Die grauen Plastikränder rund um das Gehäuse und den Home-Button versprühen keine Eleganz. Wer ein dezent hübsches Handy für die Hand- oder Sakkotasche sucht, wird aber ohnehin eher ein Modell mit 3,5 oder 3,7 Zoll großen Display wählen.

Tasten
Der Home-Button ist die einzig physische Taste an der Gehäusefront. Flankiert von den Softtouch-Buttons "Menü" und "Zurück". Über die Einstellungen kann die Leuchtdauer der Softtouch-Tasten angepasst werden, was beim Vorgänger Galaxy S nicht möglich war und für Kritik sorgte.

Auf die Such-Taste wird beim SII verzichtet. Stattdessen wird die Suche aufgerufen, wenn die Menü-Taste länger gedrückt wird. Drückt man die Home-Taste länger, erscheinen die kürzlich geöffneten Apps und ein Button für den Task-Manager. Der Task-Manager übernimmt die Aufgabe der beliebten App "Task Killer" und zeigt die aktiven Anwendungen und erlaubt diese separat oder alle auf einmal zu beenden. Auch der RAM kann über den Task-Manager mit einem Buttondruck geleert werden.

Display
Das SII ist das erste Samsung-Handy mit Super-AMOLED-Plus-Display. Im direkten Vergleich zum Vorgänger Galaxy S ist das Weiß weniger kräftig und sieht leicht schmutzig aus. Allerdings ist es deutlich kontraststärker und liefert ein sattes Schwarz im Vergleich zu LCD- und Super-LCD-Displays. Besonders bei farbkräftigen Bilder spielt das Display des SII seine Stärken aus. Obwohl die Auflösung des 4,3-Zoll großen Displays „nur“ 800x480 Pixel beträgt (iPhone 4: 960x640), ist die Darstellung von Schriften im Browser und hochauflösenden Bildern auch in der höchsten Zoomstufe noch scharf. Nur wenn im Browser die niedrigste Zoomstufe aktiviert ist, um die gesamte Website zu sehen, ist der Text verwaschen. Dies liegt aber am Rendering des Browsers und nicht am Display.

Die automatische Helligkeitseinstellung des SII tendiert dazu, dass Display zu dunkel einzustellen – meist im Bereich von 20 bis 35 Prozent. Das spart zwar Akku, lässt aber den Bildschirm seine Kontraststärke nicht ausspielen.

Wer es noch größer will, kann das SII auch an den Flat-TV anschließen. Dies erfolgt per speziellem HDMI-Kabel (als Original-Zubehör von Samsung um 30 Euro erhältlich) über den Micro-USB-Anschluss. Diese duale Funktion des USB-Anschluss ist durch den Standard MHL (Mobile High-Definition Link) möglich.

Bedienung
So wie die meisten Hersteller von Android-Geräten nutzt auch Samsung seine eigene Oberfläche für Android 2.3. TouchWiz 4.0 erinnert nach wie vor entfernt an das iPhone. Der untere Bildschirmrand ist reserviert für die Icons Telefon, Kontakte, Nachrichten und Anwendungen/Home. Die Anwendungen werden in Rastern zu 4x4 Symbolen angezeigt und wie beim iPhone nach links und rechts durchgescrollt. Die Reihenfolge der Apps kann beliebig geändert werden, es lassen sich auch Ordner und Seiten hinzufügen.

Das Hinzufügen der Widgets zu den ein bis sieben Homescreens wurde ebenfalls angepasst. Die Widgets werden als Icons am unteren Bildschirmrand angezeigt und mit den Finger nach links und rechts durchgescrollt. Oben wird der gewünschte Homescreen ausgewählt und dann das Widgets einfach per Drag and Drop dort platziert.

Durch den Bewegungssensor sind neue Gestensteuerungen möglich. Lässt man den Finger auf einem Widget, um es zu verschieben, können die Homescreens durchgescrollt werden, indem das SII nach links oder rechts bewegt wird. Auch gezoomt werden kann auf ähnliche Weise. Platziert man zwei Finger am Display, zoomt man hinein, wenn das SII in die eigene Richtung gekippt wird und hinaus, wenn es von einem weggekippt wird. Die normalen Multitouch-Gesten wie Pinch-to-Zoom funktionieren natürlich nach wie vor.

Tippen auf der Onscreen-Tastatur fällt sowohl im horizontalen als auch vertikalen Modus leicht, da durch das 4,3 Zoll große Display auch die Tasten größer sind.

Was die Apps angeht, war Samsung überfleißig. Es sind zahlreiche Mini-Programme vorinstalliert, wie etwa drei Hubs, mit denen Musik, Spiele und E-Books online gekauft werden sollen, zwei Notiz-Anwendungen, zwei SyncApps, sowie Sprachbefehle, Sprachmemo, Sprachsteuerung und Sprachsuche. Zu den nützlichen Apps gehören der Foto- und Videoeditor und der bereits erwähnte Task-Manager.

Leistung
Allzu oft wird man den Task-Manager aber ohnehin nicht brauchen, denn das SII lässt sich nur schwer aus der Fassung bringen. Im Test lief alles flüssig – vom Surfen im Internet auf Flash-Websites, während Musik gehört wurde, bis zum Starten von Apps und Spielen, während im Hintergrund E-Mails abgefragt und Twitter aktualisiert wird. Zu einem bemerkbaren Slowdown kam es nur, als drei Anwendungen von fremden Quellen gleichzeitig installiert wurden.

Umso unverständlicher ist die Trägheit der Home-Taste. Zwischen dem Drücken des Knopfs und der Reaktion vergeht gut eine halbe Sekunde. Die Softtouch-Tasten wiesen diese Verzögerung nicht auf. Und auch bei Single-Core-Smartphones mit Android 2.3, wie dem HTC Desire S und Samsung Nexus S, geht der Wechsel zum Homescreen, nach dem Betätigen der Home-Taste, schneller.

Vorbildlich ist die Akku-Leistung. Dieser hat 1650mAh und versorgt bei normaler Nutzung das SII bis zu zwei Tage mit Strom. Normal heißt in diesem Fall: Display auf automatische Helligkeit, Unterhaltung mit Surfen und Games auf den halbstündigen Weg in die Arbeit und zurück, dazwischen regelmäßige E-Mail-, Flickr- und Wetter-Updates per WLAN sowie Telefonieren und Versenden von SMS, gefolgt vom Abendlichen Schnappschuss-Fotografieren mit der Kamera beim Fortgehen.

Die 8-Megapixel-Kamera kann ebenfalls überzeugen, besonders durch die Schärfe der Bilder. Videos können in der FullHD-Auflösung 1080p aufgenommen werden. Vorbildlich ist nicht nur die Cam, sondern auch die Kamera-App. Auf der linken Seite können vier Felder mit Schnellzugriffen belegt werden, vom ISO-Wert über Blitz bis zur Wahl des Szenenmodus. Die Einstellungs-Möglichkeiten sind ebenfalls zahlreich, ein Bildstabilisator, automatische Kontrasterkennung und eine Blinzelerkennung sollen beim Fotografieren helfen. Der „Sichtbarkeit im Freien“-Modus erhöht beim Fotografieren die Display-Helligkeit und den Kontrast, um auch im Sonnenlicht zu sehen, welches Motiv man gerade im Sucher hat. Die Frontkamera hat 2 Megapixel und ermöglicht HD-Videochats.

Der Lautsprecher bei der Musik- und Videowiedergabe ist durchschnittlich, ab 2/3 der Maximallautstärke beginnt er unerträglich zu krachen. Die Qualität der Sprachtelefonie ist in Ordnung.

Fazit
Unter den Android-Smartphones ist das Samsung Galaxy SII derzeit das Schnellste und Dünnste, aber weder das Hübscheste, noch das mit der intuitivsten Benutzeroberfläche. Hardware-technisch macht das SII alles richtig. In Sachen Bedienung gibt es zwar ein paar gute Neuerungen wie den Task-Manager, aber auch weniger gelungene, wie die unübersichtliche Vorschau beim Platzieren der Widgets.

Dennoch ist das Galaxy SII ein hervorragendes Smartphone für Technik-Begeisterte, die das Handy präzise ihren Bedürfnissen anpassen wollen und denen es bei ihren Gadgets mehr um die inneren Werte als um das Design geht.

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Gregor Gruber

Testet am liebsten Videospiele und Hardware, vom Kopfhörer über Smartphones und Kameras bis zum 8K-TV.

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