Die 200 Dollar 3D-Drucker kommen
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Wer heutzutage einen Drucker zu Hause stehen haben möchte, kauft sich einfach ein günstiges Modell im Einzelhandel und druckt los. Wenn es nach den Vorstellungen vieler Start-ups geht, könnte das so auch bald auch mit 3D-Druckern möglich sein. In den vergangenen zwölf Monaten gab es einen rasanten Preisverfall bei 3D-Druckern, die Marke von 500 Euro wurde bereits lange unterschritten. Doch reicht ein günstiger Preis aus, um der Technologie auf dem Consumer-Markt zum Durchbruch zu verhelfen? Die futurezone hat sich Modelle für Einsteiger näher angesehen.
Der Bedarf ist definitiv vorhanden. Eine 2014 in Auftrag gegebene Umfrage unter 1000 US-Amerikanern hat ergeben, dass jeder Dritte einen 3D-Drucker kaufen würde. Der Großteil davon, 65 Prozent, will damit Ersatzteile und personalisierte Gegenstände für den Haushalt herstellen. Auch Analysten erwarten ein rasantes Wachstum des Consumer-Marktes. Juniper Research rechnet damit, dass 2018 mit Consumer-3D-Druckern und Zubehör eine Milliarde US-Dollar umgesetzt wird. Derzeit ist der Markt mit 75 Millionen US-Dollar noch relativ winzig.
Die bislang größte Hoffnung der Branche ist der Micro des US-Start-ups M3D. Binnen weniger Minuten war auf der Crowfunding-Plattform Kickstarter das Ziel von 50.000 US-Dollar erreicht, die Kampagne konnte in einem Monat fast 12.000 Unterstützer sowie 3,4 Millionen US-Dollar einsammeln. Damit löste der Micro den Formlabs Form 1 (2,9 Millionen) als erfolgreichster Kickstarter-3D-Drucker aller Zeiten ab. Der große Reiz des Micro ist der Preis. Die ersten 250 Unterstützer bekamen den Micro für 199 US-Dollar, weitere 500 Stück wurden um lediglich 249 US-Dollar abgegeben. Danach verlangte man 299 US-Dollar, umgerechnet rund 222 Euro. Auch jetzt, nach Ende der Kickstarter-Kampagne, sind die Micro-Drucker mit 349 US-Dollar nahezu konkurrenzlos günstig. Wer bislang einen 3D-Drucker kaufen wollte, fand auf der Suche nach ähnlicher Qualität kaum ein Modell unter 600 Euro.
Mit seinen kompakten Maßen von 18,5 mal 18,5 mal 18,5 Zentimetern sowie einem Gewicht von einem Kilogramm kann er problemlos auf dem Schreibtisch stehen. Dementsprechend klein ist jedoch auch das Druckvolumen, das lediglich 1,23 Liter beträgt. Damit lässt sich eine Kaffeetasse ausdrucken, für größere Modelle ist er nicht geeignet. Doch der Preis ist nur einer von vielen Erfolgsfaktoren, der Micro verspricht auch “Plug and Play”-Funktionalität. Das Problem: 3D-Druck hat einen hohen Reiz für viele Konsumenten, 3D-Drucker sind aber meist recht komplex zu bedienen und haben eine hohe Lernkurve. Eine einfache Software soll 3D-Modelle rasch verarbeiten und die passenden Einstellungen vorschlagen.
Einen ähnlichen Ansatz verfolgt das Unternehmen New Matter, das neben einem sehr günstigen 3D-Drucker, dem Mod-T, auch einen Store für 3D-Modelle anbieten will. Mit den 3D-Modellen werden die optimalen Einstellungen für den 3D-Drucker übertragen, sodass das Endergebnis exakt dem entspricht, was sich der Designer vorstellt. New Matter lockte ebenfalls mit einem Kampfpreis von 149 US-Dollar für die ersten 500 Unterstützer, der Ladenpreis liegt bei 249 US-Dollar. Um den Preis niedrig zu halten, setzt New Matter für die X- und Y-Achse auf Zahnstangen, auf denen das Bett hin- und herfährt. Diese sind deutlich günstiger als Gewindespindeln und laut New Matter ähnlich präzise.
Die Objekte können im Vergleich zum Micro deutlich größer sein, der Bauraum ist 15 mal 10 mal 12,5 Zentimeter groß. Das überzeugte mehr als 3.500 Unterstützer, insgesamt kamen auf Indiegogo 683.000 US-Dollar zusammen.
Ein Parade-Beispiel dafür, wie eine derartige Strategie auch schief gehen kann, lieferte der Mota. Das gleichnamige Unternehmen wollte im Sog des Mod-T und des Micro mitschwimmen und bot einen sagenhaft guten Deal an. Lediglich 99 US-Dollar sollten die ersten 50 Unterstützer für einen Mota bezahlen, die zweite Charge von 160 Stück war mit 299 US-Dollar ebenfalls sehr günstig. Der Plan schien aufgehen, beide Lock-Angebote waren binnen weniger Stunden ausverkauft, das angestrebte Ziel von 100.000 US-Dollar war in greifbarer Reichweite. Doch nach nur einem Tag zog das Unternehmen die Reißleine und stellte das Kickstarter-Projekt ein.
Die Gründe dafür sind unklar, in einer Aussendung von Mota heißt es unter anderem: “Wir wollen nichts versprechen, das wir nicht liefern können oder dessen Qualität nicht herausragend ist. Tatsache ist jedoch, dass ein derart hoher Standard auch entsprechend viel kostet.” In den Kommentaren zum Projekt regte sich bereits früh Unmut über die proprietären Cartridges, die Käufer hätten so lediglich das Material vom Hersteller direkt erwerben können. Andere meinen wiederum, dass sich ein finanzieller Misserfolg abgezeichnet habe, weil sich das Unternehmen auf einen viralen Erfolg verlassen habe und deutlich mehr Geld als angegeben einnehmen wollte. Das kalifornische Unternehmen will nun zurück zum Zeichenbrett und den Mota nocheinmal überarbeiten.
Der Peachy Printer ist im September 2013 mit einem fulminanten Versprechen gestartet. Lediglich 100 Dollar sollte der 3D-Drucker kosten. Kanadische Dollar wohlgemerkt, das entspricht rund 70 Euro. Der Peachy Printer nutzt die SLA-Technologie (Stereolithografie), bei der flüssiger Kunststoff, meist Epoxidharz, mit Hilfe eines Lasers schichtweise ausgehärtet wird. Üblicherweise kosten SLA-3D-Drucker mehrere tausend Euro, einer der günstigsten Modelle ist der Formlabs Form 1 für 2799 Euro. Um Kosten zu sparen, hat Rinnovated Design, das Unternehmen hinter dem Peachy Printer, einige Anpassungen vorgenommen.
Statt teurer Servo-Motoren und Gewindespindeln wird die Höhe mit der Hilfe von Salzwasser kontrolliert. Auch das Übertragen der Laser-Position ist ungewöhnlich. Die Software übersetzt das 3D-Modell in eine Audio-Datei, mit dem dann der Laser kontrolliert wird. Der 3D-Drucker wird nicht etwa über USB mit dem PC verbunden, sondern über die Lautsprecher-Buchse. Kein Musikhören während dem 3D-Drucken also. Auch wenn der Hersteller verspricht, dass das Kit von Anfängern in einer Stunde zusammengebaut werden kann, dürfte der Peachy Printer kein Einsteiger-Produkt sein. Wer viel Freude am Basteln hat, kann sich daran wagen, ein serienreifes Produkt dürfte frühestens Ende dieses Jahres folgen.
Wer gerne bastelt, hat bereits seit längerer Zeit eine große Auswahl an günstigen 3D-Druckern. Angefangen beim printrbot Simple bis hin zum QU-BD One Up (der Hersteller heißt tatsächlich Quintessential Universal Building Device, inklusive einer ebenso langen Domain) bekommt man bereits ab 200 Dollar günstige Selbstbau-Kits. Die beiden genannten Modelle haben aber einen eher kleinen Bauraum. Abhilfe will der Cobblebot schaffen, mit dem dank einem vergleichsweise riesigen Bauraums von 38,1 mal 38,1 mal 38,1 Zentimetern auch große Gegenstände ausgedruckt werden können. Das Kit kostet lediglich 299 US-Dollar, die fertig zusammengebaute Version kostet 200 Dollar mehr.
Wie bei vielen anderen Crowdfunding-Kampagnen auch, ist jedoch Vorsicht angebracht, einige Unternehmen versuchen nun mit falschen Versprechungen und der Erfolgswelle des Micro und Mod-T rasch an Geld zu kommen. Zudem übernehmen sich viele Start-ups. So hat das Unternehmen Makibox, das den gleichnamigen 3D-Drucker für 200 US-Doller anbot, nun mit mangelnder Zahlungsfähigkeit zu kämpfen. Sollte nicht bald ein Investor gefunden werden, droht der Bankrott und viele Kunden bleiben auf ihren bereits bezahlten Bestellungen sitzen.
Massenmarkt lässt auf sich warten
Das Geschäft mit 3D-Druckern selbst macht derzeit noch einen relativ kleinen Anteil an den Umsätzen der 3D-Druck-Branche aus. Laut Canalys wurden 2014 lediglich 1,3 Milliarden US-Dollar mit dem Vertrieb von 3D-Druckern selbst umgesetzt, Material und 3D-Druck-Dienstleistungen setzten hingegen 2,5 Milliarden US-Dollar um. Die Analysten rechnen damit, dass das zumindest in den nächsten fünf Jahren so bleiben wird.
Das sieht auch der Gartner Hype Cycle so, laut dem Consumer-3D-Drucker erst in fünf bis zehn Jahre ihren Durchbruch haben werden. Schlimmer noch, jetzt ist theoretisch der schlechteste Zeitpunkt, um am Consumer-Markt tätig zu werden. Derzeit befindet man sich auf dem “Gipfel der überzogenen Erwartungen”, jenem Punkt, an dem die Aufmerksamkeit und die Erwartungen der Öffentlichkeit am Höchsten sind. Nach dem Höhepunkt kommt bekanntlich der Fall in das “Tal der Enttäuschungen.” Es bleibt zu hoffen, dass der Dämpfer sanft und produktiv sein wird.
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