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Smartphone

Huawei Honor 6 Plus im Test: Edles Akku-Wunder

Während im Premium-Segment die Preise in nahezu absurde Sphären vorstoßen, wird die Auswahl an Mittelklasse-Modellen immer größer. Das sorgt berechtigterweise für die Frage: Wozu eigentlich mehr ausgeben? Zahlreiche Hersteller bieten für weniger Geld mehr als ausreichend Leistung hübsch verpackt. Ein Beispiel dafür ist das Huawei Honor 6 Plus.

Von Huawei ist auf dem edlen Phablet nichts zu lesen, stattdessen prangt nur der Schriftzug “Honor” auf der Rückseite. Damit will Huawei den Ruf des “billigen chinesischen Herstellers” abschütteln und eine neue Marke aufbauen. Die futurezone hat getestet, wie gut sich das neue 400-Euro-Smartphone im Alltag schlägt.

Das Honor 6 Plus vereint das Beste aus zwei Welten. Aus der Ferne betrachtet wird es von vielen Personen fälschlicherweise als iPhone 5S identifiziert, an der Unterseite erinnert es wiederum recht stark an das Sony Xperia Z3. Der Design-Mix ist gelungen, auch wenn man bei der Qualität der Verarbeitung nicht ganz an die Vorbilder heranreicht. So macht der Metallrahmen rund um das Smartphone einen soliden und starren Eindruck, der Kunststoff überwiegt jedoch. Dennoch ist es Huawei gelungen, die Spaltmaße auf ein Minimum zu reduzieren. Der nahezu nahtlose Übergang zwischen Gehäuse und Rahmen sorgt für einen sehr hochwertigen Gesamteindruck.

Wie bei Sonys Flaggschiff-Smartphones wird beim Honor 6 eine Glas-Rückseite verbaut. Diese passt gut zum edlen Design des Smartphones. Der einzige Nachteil: Die Rückseite ist rasch verschmiert, zudem finden sich nach wenigen Wochen bereits erste Kratzer in der Oberfläche. Darüber kann auch die texturierte Oberfläche nicht hinwegtäuschen. Auf der Rückseite sind neben dem Honor-Schriftzug lediglich die beiden Kamera-Linsen, ein Dual-LED-Blitz sowie der Lautsprecher zu finden.

Das Smartphone lässt sich trotz seiner recht großen Maße angenehm bedienen. Mit Abmessungen von 15 Zentimeter in der Länge sowie 7,5 Zentimeter in der Breite ist es nahezu gleich groß wie das OnePlus One, die einhändige Bedienung ist nur mit Einschränkungen möglich. Die glatte Rückseite gibt aber ausreichend Halt, dass man zumindest zum einhändigen Tippen das Smartphone kurzzeitig auf den Fingern balancieren kann. Dank der flachen Bauweise ist das Honor 6 Plus lediglich 7,5 Millimeter dick und zeichnet sich so auch nicht in engen Hosentaschen ab.

Dual-SIM mit Einschränkung

Auf Hardware-Tasten an der Frontseite wird verzichtet, stattdessen kommen Soft-Keys zum Einsatz. Die Power-Taste ist an der rechten Seite in der Mitte zu finden, direkt darüber wurde die Lautstärke-Wippe verbaut. Beide Hardware-Tasten sind aus Metall gefertigt und hochwertig verarbeitet. Die beiden SIM-Kartenslots lassen sich nur mit einem Werkzeug öffnen.

Zudem muss sich der Nutzer entscheiden: Möchte man zwei SIM-Karten nutzen, muss auf eine microSD-Karte verzichtet werden, da einer der Slots entweder mit einer microSD- oder einer SIM-Karte befüllt werden kann. Die Kopfhörer-Buchse wurde an der Oberseite verbaut, direkt daneben findet sich ein Infrarot-Blaster. Dieser ließ sich aber kurioserweise nicht mit Fernbedienungs-Apps nutzen, um beispielsweise den Fernseher zu steuern.

Das Honor 6 Plus setzt auf einen 5,5 Zoll großen LC-Bildschirm, der mit 1920 mal 1080 Bildpunkten auflöst. Damit verfügt das Display über die gleiche Pixeldichte wie das OnePlus One. Bereits hier zeigte sich, dass das mehr als genug ist. Erst ab einer Distanz von 23 Zentimetern zwischen Auge und Display lassen sich theoretisch einzelne Pixel erkennen. Im Test gelang das aber nicht einmal aus nächster Nähe.

Die Farbdarstellung ist natürlich, ein Farbstich ließ sich nicht erkennen. Im Gegensatz zu vielen anderen Herstellern erlaubt Huawei zudem, die Farbtemperatur zu korrigieren. Dazu steht in den Einstellungen ein einfacher Schieberegler mit Beispielfoto zur Verfügung, der eine grobe Anpassung erlaubt. Die Helligkeit des Bildschirms ist auch für wolkenlose Sommertage ausreichend, auch wenn das Glas bei direkter Sonnenstrahlung zum Spiegeln neigte. Die Blickwinkelabhängigkeit ist in Ordnung, allerdings fiel die Helligkeit ab mehr als 45 Grad Neigung stark ab.

Wer auf einen High-End-Chip von Qualcomm hofft, wird enttäuscht. Huawei setzt beim Honor 6 Plus auf Know-How der hauseigenen Chip-Schmiede HiSilicon. Wie beim Phablet Ascend Mate 7 kommt der Octacore-SoC Kirin 925 zum Einsatz, der über je vier Cortex-A15- und Cortex-A7-Kerne im Big-Little-Verbund verfügt. Das klingt nach High-End, kratzt aber eher on der oberen Mittelklasse. Das liegt vor allem am Grafikchip Mali-T628, der die Leistung zumindest in den Benchmarks stark einschränkt. In der Praxis waren kaum Unterschiede zu High-End-Chips erkennbar, auch in 3D-Spielen gab es keinerlei Ruckler.

3DMark (Ice Storm Extreme, v1.2): 9.246 Punkte
AndroBench (Version 4.0.1, sequentielles Lesen/Schreiben): 119,43 / 76,21 MB/s
AnTuTu (v5.7.1): 44.909 Punkte
PCMark (v1.1): 2.803 Punkte
Quadrant (v2.1.1): 12.078 Punkte

Etwas enttäuschend: Der Chip unterstützt keine 64-Bit-Architektur. Da Huawei ohnedies noch auf die veraltete Android-Version 4.4.2 setzt, die noch keine 64-Bit-Technologie unterstützt, wäre das noch kein Thema. Doch ab Android 5.0 hätte es - zumindest theoretisch - mögliche Performance-Vorteile gegeben. Auch der Speicher bleibt hinter den Erwartungen, hier kommt wohl wieder ein betagter eMMC-Chip zum Einsatz. Doch auch wenn es diese Flaschenhälse geben mag, für den Alltag reicht die Leistung voll und ganz aus. Die drei Gigabyte Arbeitsspeicher ermöglichen flottes Multitasking und auch die Oberfläche kommt trotz zahlreicher Animationen ohne Ruckler aus.

Überraschen konnte das Smartphone vor allem beim Akku-Benchmark. In dem 7,5 Millimeter dünnen Gehäuse konnte Huawei einen 3.600 mAh starken Akku verbauen, der ausreichend Leistung für eineinhalb Tage Laufzeit bei herkömmlicher Nutzung bot. Wer also gerne länger Spotify hört (gemessen mit drei Stunden), telefoniert (eine Stunde) und im Internet surft (eine Stunde) muss sich zumindest einen Tag lang keine Sorgen über Aufladen machen. Schnellladen, wie mit Qualcomms “Quick Charge”-Technologie”, ist leider nicht möglich, der Akku ließ sich aber binnen etwas mehr als zwei Stunden komplett füllen.

Der wohl größte Makel des Honor 6 Plus liegt in dessen Software. Das Smartphone wurde mit dem bereits zwei Jahre alten Android 4.4.2 ausgeliefert, das dank dem “Stagefright”-Bug und anderen Lücken zu einem Sicherheitsrisiko geworden ist. Huawei beliefert es zwar regelmäßig mit kleinen Updates, die neue Funktionen nachliefern, doch das versprochene Update auf Android 5.1 wird immer wieder verschoben. Das ist schade, denn mit der von Huawei entwickelten Emotion UI kann man zumindest eine hübsche Android-Oberfläche vorweisen.

Diese orientiert sich vor allem am iOS-Schema: Es gibt keinen App-Launcher, alle Apps werden auf den Homescreens abgelegt. Möchte man diese übersichtlich darstellen, müssen sie in Ordner abgelegt werden. Abhilfe schafft die Suche, die jederzeit durch Wischen von Oben nach Unten angezeigt werden kann. Hier werden häufig aufgerufene Apps angezeigt und es kann nach einzelnen Apps, Kontakten, SMS oder E-Mails gesucht werden. Wem die bunte Oberfläche nicht zusagt, kann sich über den Design-Store alternative Themes herunterladen.

Grundsätzlich hat Huawei hier gute Arbeit geleistet: Alles läuft flott und ohne Ruckler ab, auch wenn manche Dinge etwas verspielt sind. Hier gibt man dem Benutzer aber die Möglichkeit, diese lästigen Animationen zu deaktivieren oder den eigenen Vorstellungen anzupassen. Leider hat Huawei zahlreiche Apps von Drittherstellern vorinstalliert, wie beispielsweise Asphalt 8 oder Real Football 2015. Diese lassen sich aber problemlos deinstallieren. Ansonsten setzt Huawei lediglich auf hauseigene und Google-Apps. Vor allem der Telefonmanager erwies sich als praktisch. Hier können selten genutzte Apps oder Akkufresser identifiziert und entfernt werden. Der Benutzer kann auch bestimmte Kontakte per Blacklist blockieren und den Datenverbrauch einzelner Apps kontrollieren und regeln.

Huawei verbaut beim Honor 6 Plus zwei Kameras mit acht Megapixel Auflösung. Das Dual-Kamera-Setup soll, ähnlich wie beim HTC One M8, Tiefeninformationen aufzeichnen und so das nachträgliche Ändern des Fokus erlauben. Wie bei jeder anderen Kamera zuvor ist das mehr Spielerei als nützlich - zumindest erlaubt Huawei zusätzlich auch das Ändern der Tiefenschärfe, wodurch man mehr kreative Freiheit erhält. Die Qualität der Bilder bei Tageslicht ist ordentlich, auch wenn die geringe Auflösung für einen Mangel an Details sorgt.

Bei Nacht zeigt der Kamerasensor starke Schwächen. Die Software versucht die Bildqualität durch lange Belichtungszeiten zu verbessern, dadurch neigen die Bilder aber zur Unschärfe. Bei schnellen Bewegungen, beispielsweise vorbeifahrenden Autos, gibt es ebenfalls Probleme. Aber auch die lange Belichtungszeit kann das starke Rauschen in den Bildern nicht beheben. Lediglich der Super-Nacht-Modus, bei dem eine Belichtungsreihe über 30 Sekunden aufgenommen wird, lieferte auch schöne Bilder bei Nacht. Dabei wird über einen Zeitraum von 30 Sekunden eine Belichtungsreihe aufgenommen, sodass auch bei Nacht beeindruckende Fotos entstehen können - eine ruhige Hand oder ein Stativ vorausgesetzt.

Gut versteckt

Die Kamera-App ist flott, aber etwas überladen. Es fehlen Quick Settings, mit denen Details wie Belichtungsdauer oder Blende schnell eingestellt werden können. In den Tiefen der Einstellungen verstecken sich lediglich ISO-Wert und Weißabgleich, zudem können Sättigung, Kontrast und Helligkeit leicht angepasst werden. Insgesamt stehen sieben verschiedene Modi zur Auswahl, wobei insbesondere der Super-Nacht-Modus überraschen konnte.

Der “Verschönern-Modus” bietet das klassische Weichzeichnen von Gesichtern, wobei Details, wie etwa bei HTC, nicht angepasst werden können. Der Modus “Weite Blende” ermöglicht hingegen, die Blende frei zu wählen und so Fotos mit geringer Tiefenschärfe aufzunehmen. Die Bandbreite reicht von f/0,95 bis f/16, wobei es sich hier nur um einen Software-Trick handeln dürfte, die Blende der verbauten Linse ist fix. Hierfür wird aber die zweite Linse genutzt: Diese nimmt, ähnlich wie schon bei der Duo Camera des HTC One M8, die Tiefeninformationen auf. In der Galerie-App lässt sich dann nachträglich der Fokus sowie die Tiefenschärfe ändern. Nett, aber auch nicht mehr als ein Gadget.

Der geradezu absurde Wettbewerb um das schnellste Smartphone ist in den letzten Monaten in den Hintergrund gerückt. Kein Wunder, mittlerweile sind bereits 200-Euro-Smartphones mit Octacore- und 64-Bit-Chips ausgestattet, da muss man sich im High-End-Bereich andere Alleinstellungsmerkmale suchen. Der Vorteil für die Konsumenten: Die Mittel- und Oberklasse rückt enger zusammen, bereits für wenig Geld bekommt man ein flottes und zukunftssicheres Smartphone. Das Honor 6 Plus zählt definitiv dazu.

Für 400 Euro bekommt man ein edles Smartphone, das zudem noch mit einer guten Ausstattung punkten kann. Vor allem der potente Akku kann begeistern, sparsame Nutzer könnten so bis zu zwei Tage mit einer Ladung auskommen. Negativ fallen lediglich das veraltete Betriebssystem sowie die fehlende 64-Bit-Unterstützung beim Prozessor auf. Zudem ist die Kamera nur durchschnittlich. Zumindest beim Betriebssystem soll bald nachgebessert werden.

Modell:
Huawei Honor 6 Plus
Display:
5,5 Zoll IPS LC-Bildschirm - 1920 x 1080 Pixel (16:9, 401 ppi)
Prozessor:
Octacore-SoC (1,8 GHz A15 Quadcore und 1,3 GHz A7 Quadcore, HiSilicon Kirin 925)
RAM:
3 Gigabyte
Speicher:
16/32 GB intern, microSD-Kartenslot (belegt nanoSIM-Kartenslot)
Betriebssystem:
Android 4.4.2
Anschlüsse/Extras:
microUSB, Bluetooth 4.0, WLAN (a/b/g/n), LTE
Akku:
3.600 mAh
Kamera:
8 Megapixel (Rückkamera, Dual-LED-Blitz, Dual-Kamera-Setup), 8 Megapixel (Frontkamera)
Videos:
Aufnahme in 1080p bei 30 fps möglich
Maße:
150,5 x 75,7 x 7,5 mm, 165 Gramm
Preis:
399 Euro (UVP)

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Michael Leitner

derfleck

Liebt Technik, die Möglichkeiten für mehr bietet - von Android bis zur Z-Achse des 3D-Druckers. Begeistert sich aber auch für Windows Phone, iOS, BlackBerry und Co. Immer auf der Suche nach "the next big thing". Lieblingsthemen: 3D-Druck, Programmieren, Smartphones, Tablets, Open Hardware, Videospiele

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