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Spiele-Interview

„Sie haben Darth Vader nicht geliebt”

Nach "World of Warcraft" (WoW) konnte kein Online-Rollenspiel westliche Gamer dermaßen stark begeistern. Das könnte daran liegen, dass WoW das Genre nahezu perfektioniert hat und die nachfolgenden Konkurrenzwerke sich Gameplay-technisch kaum unterschieden haben. Damit die Kopien nicht so auffällig sind, und neue Käuferschicht angesprochen werden konnten, wurden bekannte Spiel- und Filmlizenzen in Online-Rollenspiele umgewandelt.

Zu den prominenten Opfern gehören Warhammer, Herr der Ringe, Conan, Star Trek, DC Comics, Matrix, und Star Wars. Nach dem wenig erfolgreichen Star Wars: Galaxies wagt Electronic Arts mit Star Wars: The Old Republic (erscheint am 20. Dezember) einen neuen Anlauf. Das Mittel zum Erfolg sollen nicht (zumindest nicht offiziell) die schwindenden Spielerzahlen bei WoW sein, sondern Bioware. Das Entwicklerstudio feierte bereits mit zahlreichen Rollenspielen- und Action/RPG-Serien Erfolge, wie Baldurs Gate, Mass Effect und Dragon Age. Bei einer Präsentation von The Old Republic im ehemaligen Plenarsaal des alten, deutschen Bundestags in Bonn sprach die futurezone mit Mike Harnisch, Senior Enviromental Artist bei Bioware.

futurezone: Als Senior Enviromental Artist sind die hauptverantwortlich für zwei der 17 Welten in The Old Republic. Wie lange hat die Erschaffung eines Planeten gedauert?
Mike Harnisch: Seit den vier Jahren, die ich bei Bioware bin, arbeite ich an den zwei Planeten. Einer davon, Alderaan, gehört zu den größten Welten im Universum von The Old Republic, der von beiden spielbaren Fraktionen, den Imperialen und der Republik, bespielt wird. Die Erschaffung des Planeten war ein fließender Prozess: Erst haben wir die Welten gemacht, dann gespielt, dann nachbearbeitet, dann wieder bespielt, usw. Gut 30 Prozent meines Planeten wurden wieder verworfen, weil die Orte für das Gameplay keinen Sinn gemacht hätten. Kleinere Änderungen gab es auch, wie etwa eine Höhle die verschoben wurde.

Gibt es in dem Team Streitereien, wer die cooleren Dinge entwirft? In etwa wie: „Mein Raumschiff ist cooler als dein Planet”?
Natürlich ist jeder stolz auf seine Arbeit, aber es ist eine Teamarbeit, da bleibt nicht viel Platz für Sticheleien. Die Enviromental Artists müssen zum Beispiel stark mit den Concept-Leuten zusammenarbeiten, die wiederum mit den Creators und Character-Designern in ständiger Verbindung stehen müssen. So hat The Old Republic geholfen unsere interne Kommunikation zu verbessern, bei früheren Titeln war die Verknüpfung aus Designern und Programmierern weniger wichtig.

The Old Republic findet im Star Wars-Universum gut 3000 Jahre vor den Filmen statt. Wieso sieht trotz dieser langen Zeit alles genauso wie in den Filmen aus?
Wir sagen ja nur das es mehrere Tausend Jahre sind und nicht wie viele genau (lacht). Wir scherzen intern auch über die gleichen Kostüme und Frisuren. Die schöne Antwort auf die Frage ist: Der Gesellschaft haben die Designs so gut gefallen, dass sie sie 3000 Jahre beibehalten haben. Die Wahrheit ist: Star Wars ohne Lichtschwerter und Raumschiffe, die wie der Millenium Falcon aussehen, verkauft sich nicht. Das müssen wir als Designer einfach akzeptieren.

Ist es wirklich nur das oder sind es auch die strengen Richtlinien von George Lucas, die die kreative Freiheit von Bioware einschränken?
Wir haben eine großartige Beziehung mit Lucas. Bei uns gibt es ein eigenes Team, das für die Kommunikation mit Lucas zuständig ist. Unser Ziel war es, das bekannte Star Wars-Feeling zu vermitteln und gleichzeitig etwas neues und unsere eigenen Perspektiven in das Spiel einzubringen.

Was wird es in The Old Republic geben, dass Star Wars-Fans nicht schon aus Filmen, Spielen, Serien oder Comics kennen?
Planeten, wie zum Beispiel Alderaan. Natürlich kennt jeder den Planet, aber in Teil 3 sieht man nur kurze Bilder davon und in Teil 4 wird er vom Todesstern in Fetzen gesprengt. In The Old Republic kann man den Planeten erkunden.

Und außer den Planeten?
Wir haben in Lucas’ Archiv Konzept-Zeichnungen aus den 70er-Jahren von Killiks gefunden. Diese Insekten-ähnlichen Kreaturen werden in The Old Republic zu sehen sein. Ein anderes Beispiel: Im fünften Teil beschimpft Lea Han Solo als „scruffy-looking nerf-herder“ (Anm.: In der deutschen Fassung „Wookietreiber“). Ein Nerf hat man bisher noch nicht gesehen – im Spiel werden diese aber vorkommen.

In The Old Republic soll die Handlung durch Entscheidung des Spielers beeinflussbar sein. Können Sie ein Beispiel dafür nennen?
Die Mehrspieler-Instanzen in The Old Republic heißen Flashpoints. Die Flashpoints finden isoliert vom restlichen Spiele-Universum statt und können beliebig oft wiederholt werden. Je nachdem welche Entscheidungen man in Dialogen trifft, verändert sich die Geschichte des Flashpoints. Dadurch, dass immer ein anderes Gruppenmitglied die Dialogoption hat, kann sich die Story ganz anders entwickeln, selbst wenn man mit derselben Gruppe den Flashpoint noch mal spielt. Bioware-typisch wird es, etwa wenn man mit Begleitern spricht, freundliche oder grobe Antwort-Möglichkeiten in Dialogen geben. Je nachdem kann der Begleiter einen lieben oder hassen und später verraten.

Man könnte also auch einen „netten“ Sith spielen?
Genau. Meine Lieblingsszene aus Star Wars 6 ist die, wo Darth Vader im Hangar liegt und mit Luke redet. Im Hintergrund sieht man all diese Truppen vorbeilaufen, die den sterbenden Darth Vader komplett ignorieren, obwohl er Jahrzehnte lang ihr Anführer war. Niemand hilft ihm. Sie haben ihn nicht geliebt. Das ist der Preis dafür, wenn man einen bösen und Furchteinflößenden Sith spielt. Das kann man in The Old Republic vermeiden.

Ist der Druck höher, weil sie mit der Star Wars-Lizenz arbeiten? Können echte Star Wars-Fans jemals durch ein Spiel zufrieden gestellt werden?
Das kann ich nicht sagen, dazu müsste ich in die Zukunft sehen können (lacht). Wir leben Star Wars jeden Tag in unserem Studio. Viele sind wie ich in den 70ern geboren. Ich liebe Star Wars, es war der erste Film den ich im Kino gesehen habe. Und diese Liebe stecken wir auch in das Spiel. Ich glaube, dass wird man auch an ein paar sehr netten Momenten im Spiel merken. Und auch für Kenner von „Knights of the Old Republic“ (Anm.: Rollenspiel von 2003), das zeitlich nicht allzu lange vor The Old Republic spielt, wird es ein paar Anspielungen geben.

Wer ist ihr Lieblingscharakter der sechs Star Wars-Filme?
Han Solo.

Jeder sagt Han Solo, der cool sein möchte.
Und ich versuche verzweifelt cool zu sein! (lacht). Mein Lieblingsdialog in allen Star Wars-Filmen ist die aus Teil 5, in dem Lea zu Han sagt: „Ich liebe dich“ und er antwortet: „Ich weiß“. Das ist einfach nur „Bad Ass“.

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Gregor Gruber

Testet am liebsten Videospiele und Hardware, vom Kopfhörer über Smartphones und Kameras bis zum 8K-TV.

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Gregor Gruber

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