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Simfy im Test: Musik-Streaming mit Haken

Es ist weder eine technische Hexerei noch eine große Investition, sondern letztlich nur eine Frage der Überwindung: Ist man bereit, einer Internet-Firma pro Monat rund zehn Euro zu überweisen und sich darauf zu verlassen, dass diese alle Songs, die man künftig hören will, in ihrem Repertoire hat?

Der schwedische, zuletzt stark beworbene Musik-Dienst Spotify etwa hat weltweit bereits mehr als zwei Millionen Kunden überzeugt, ein Musik-Abo abzuschließen. Sie dürfen im Gegenzug beliebig viele der mehr als 15 Millionen Songs auf Computer oder Smartphone streamen (der Song wird am Gerät abgespielt, aber nicht gespeichert) bzw. herunterladen.

Indes sind aktuell wieder Gerüchte aufgekommen, dass die Schweden demnächst in Österreich starten wollen - Details werden in den kommenden vier Wochen erwartet.

Legale Alternative
Während viele Musik-Fans mit Tricks hantieren, um die Ländersperre von Spotify zu umgehen, hat sich eine einfachere, in Österreich legale Lösung als gute Alternative etabliert: Die Kölner Firma Simfy. Sie will mit einer 13 Millionen starken Song-Bibliothek „jede Plattensammlung schlagen“ und ermöglicht es den Nutzern, diese Musik auf ihre Geräte zu streamen oder zu laden.

Voraussetzung dafür ist neben einem Simfy-Konto die Installation von Software (PC, Mac, iOS, Android, BlackBerry). Zwar kann man mit Simfy kostenlos Musik auf den Computer streamen, muss dann aber Werbung in Kauf nehmen und auf wichtige Funktionen verzichten. Denn nur wer 9,99 Euro pro Monat (für Studenten gibt es zwei Euro Ermäßigung) für das „Premium Plus“-Paket zahlt, kann die Musik auch auf Handys oder iPad hören, Songs offline speichern und die monatliche Beschränkung von 20 Stunden Nutzung aufheben, die allen Gratis-Nutzern auferlegt wird.

Neue Hörgewohnheiten
Wer sich auf Simfy einlässt und alte Rituale (im Plattenladen stöbern, CDs  oder MP3s kaufen) über Bord wirft, wird bald eine Veränderung in seinen Hörgewohnheiten feststellen. Plötzlich beginnt man, wieder in der eigenen Musikvergangenheit zu stöbern und die „Bands von damals“ zu suchen – das riesige Simfy-Archiv erlaubt das sehr gut, auch was Ausgefallenes betrifft.

Der Entdeckungsdrang gilt auch für Neuerscheinungen: Hört man von einer Neuveröffentlichung, hat man meist die Möglichkeit, sich diese sofort bei Simfy anzuhören. Die Chance, via Smartphone-App auf die Musik zuzugreifen, verstärkt das Bedürfnis des Probehörens – und ehe man sich versieht, hat man zahlreiche Playlisten mit Wiederentdeckungen, Klassikern und Brandneuem für verschiedene Gelegenheiten (Party, Sport, Sonntagnachmittag usw.) angelegt.

Wichtig für die Nutzung unterwegs ist der Offline-Modus. Bei Streamen via Mobilfunk aufs Handy fällt pro Minute etwa ein Megabyte Datenverbrauch an – ein Gigabyte reicht demnach für rund 17 Stunden. Da das aber viel Akku verbraucht und der Musik-Stream bei schwachem 3G-Empfang nicht problemlos verfügbar ist, ist es ratsam, sich zumindest seine Lieblingslieder in der App abzuspeichern – ansonsten muss man unterwegs ohne Soundtrack auskommen.

Einige Nachteile
Das Streaming-Modell birgt aber auch seine Probleme – etwa in der Auswahl, von der man als Kunde abhängig ist. Rock-Fans werden essenzielle Alben von Red Hot Chili Peppers, Tool oder Smashing Pumpkins vermissen, andere müssen auf viel Material von den Beatles, Madonna, Pink Floyd, Metallica oder Led Zeppelin verzichten. Außerdem bietet Simfy nicht genug Möglichkeiten, neue Musik zu entdecken. Wichtig wäre, Empfehlungen von anderen Nutzern (z. B. Facebook-Kontakten) zuzulassen – genauso, wie es mehr kuratierte Playlisten (z. B. von Bands, Labels oder DJs) geben sollte.

Auch ist nach wie vor die Frage offen, ob Dienste wie Simfy eine große Zukunft haben. Wer aufhört, die Monatsgebühr zu entrichten, verliert den mobilen Zugang sowie den Zugriff auf seine Offline-Playlisten. Das Aussteigen wird dabei nicht unbedingt erleichtert: Anstatt die Stornierung des Abos online im persönlichen Simfy-Konto erledigen zu können, muss man bei der deutschen Hotline +49 (0) 221/788 787-717 anrufen (montags bis freitags von 9-18 Uhr erreichbar).

Zudem sind Streaming-Angebote noch kein wirtschaftlicher Erfolg – geht der Anbieter bankrott, sind die investierten Stunden der Nutzer nichts mehr wert. Und für die Musiker sind Streaming-Dienste keine tolle Einnahmequelle: Mit CD- und MP3-Verkauf bzw. Auftritten lässt sich weiterhin mehr Geld verdienen.

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Jakob Steinschaden

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