Digitale Stromzähler messen viel zu hohen Verbrauch
Digitale Stromzähler messen viel zu hohen Verbrauch
© dapd

Intelligente Zähler

Smart Meter-Pilotprojekt in Wien startet

Ab Mai werden in Wien die ersten Stromzähler getauscht: Statt eines mechanischen Ferraris-Zähler wird an derselben Stelle wie bisher ein intelligenter, digitaler Stromzähler, ein sogenannter Smart Meter, hängen. "In welchen Gebieten genau die Zähler getauscht werden, wollen wir derzeit noch nicht bekannt geben, da wir die Betroffenen zuerst selbst darüber informieren wollen", erklärt Christian Neubauer, Pressesprecher der Wien Energie Stromnetz GmbH, gegenüber der futurezone. Bei insgesamt 3000 Pilotkunden wird bis zum Ende des Jahres der neue Zähler montiert.

Zusätzlich können sich ab Freitag 200 Demo-Kunden für das Pilotprojekt bewerben. "Hier suchen wir technik-affine Leute, die uns auch Tipps geben können. Wir wollen Rückmeldungen sammeln", sagt Neubauer. Von Wien Energie sei etwa eine Smartphone-App geplant, mit der die Kunden ihren Stromverbrauch vom Vortag abrufen können. "Wir würden uns freuen, wenn wir bei der App Feedback bekommen, etwa bei der Darstellung der Verbrauchswerte", sagt Neubauer, der davon ausgeht, dass die 200 Demo-Kunden, die auch die Möglichkeit haben werden, ihre eigenen Erfahrungen bei den Smart Metering-Experten einzubringen, binnen weniger Stunden gefunden werden.

150.000 Zähler österreicherweit ausgetauscht
Bei den freiwilligen Test-Kunden wird der Zählertausch bis zum Herbst 2013 durchgeführt. Damit gehören sie in Wien zu den ersten, bevor die Umstellung ab dem Jahr 2015 für alle verpflichtend wird. Ingesamt müssen alleine in Wien bis Ende 2020 1,5 Millionen Zähler ausgetauscht werden, in ganz Österreich sind es 5,5 Millionen. Bisher wurden in Österreich, vor allem in Oberösterreich, Salzburg, Kärnten und Vorarlberg, im Rahmen von Pilotprojekten bereits rund 150.000 mechanische Zähler durch Smart Meter ersetzt. Die Regulierungsbehörde E-Control begrüßt sämtliche Pilotprojekte, auch das in Wien. "Es sei sehr effizient und vorausschauend, um wichtige Erfahrungen für den späteren Einsatz sammeln zu können. Wir werden allerdings alle Projekte auf Herz und Nieren prüfen", betont Martin Graf aus dem E-Control-Vorstand.

"Kunden können Montage nicht ablehnen"
Das Pilotprojekt in Wien läuft bis Mai 2014, danach wird der neue Zähler aber nicht wieder abmontiert, sondern bleibt fix installiert. Auch die Montage eines Zählers kann man eigentlich nicht ablehnen. "Der Netzbetreiber ist gemäß den gesetzlichen Vorgaben und der IME-VO verpflichtet, Endverbraucher mit  intelligenten Messgeräten auszustatten. Die Montage eines intelligenten Zählers können Kunden daher grundsätzlich nicht ablehnen", heißt es auf der Website der Wien Energie. Auf die Frage, wie man mit "rebellischen Kunden, die eine Umstellung ablehnen" umgehen werde, verwies Neubauer gegenüber der futurezone auf den Gesetzgeber. Man würde auch nicht die Asfinag fragen, was sie mit Autofahrern macht, wenn diese zu schnell fahren, so der Vergleich. "Wir sind per Gesetzgebung zum Zählertausch verpflichtet und werden uns bemühen, so viele Vorteile wie möglich für die Kunden rauszuholen."

Energieverbrauch kontrollieren
Einer dieser erwähnten Vorteile ist, dass man durch die neuen Zähler seinen Energieverbrauch besser kontrollieren können soll. So kann man zwar derzeit zum Zähler gehen und die Werte direkt auslesen, aber von Seiten des Energieversorgers gibt es nur eine einmal jährliche Ablesung für die Rechnung. Mit dem digitalen Zähler werden nun die Werte in 15-Minuten-Intervallen erfasst (Demo-Kunden müssen der Übertragung dieser 15-Minuten-Werte zustimmen) und den Kunden am nächsten Tag ab 12 Uhr per Web-Portal und Smartphone-App zur Verfügung gestellt. "Dadurch lassen sich Maßnahmen setzen, wenn man einen erhöhten Verbrauch feststellt", erklärt Neubauer. Das Interesse dafür in der Bevölkerung ist derzeit

. Nur ein geringer Prozentsatz wird dadurch zu Energiesparern, schätzen Experten. 

"Umsetzung so sicher wie Tele-Banking"
Auch mangelnde Datensicherheit und -schutz werden von Kritikern

bemängelt. "Die Umsetzung ist dabei mindestens so sicher wie Tele-Banking." Zudem würden ausschließlich die Kunden die Daten mit ihren 15-Minuten-Intervallen erhalten. "Sonst kann da niemand reinschauen", versucht Neubauer in der Bevölkerung bereits vorhandene Datenschutzbedenken zu zerstreuen. Diese Bedenken gibt es
von vielen Seiten. Man würde zudem bei der Datenübertragung auf "hohe Standards und Verschlüsselung" setzen, so Neubauer. Im Zuge des Pilotprojekts werden zudem verschiedene Übertragungsarten getestet. Einerseits die Übertragung per Funk, andererseits die Übertragung über das Stromnetz per PLC (Powerline Communications). "Am Ende wird hierfür nicht ein System allein übrig bleiben für alle Flächen, sondern es wird einen Mix geben."

"Im Rahmen des Pilotprojekts werden wir die Vor- und Nachteile der einzelnen Standards abwägen", sagt Neubauer. Auch die E-Control hat erkannt, wie wichtig Sicherheit bei der Umsetzung der Smart Meter-Projekte ist und hat vor kurzem gemeinsam mit dem Bundeskanzleramt eine eigene Cybersecurity-Arbeitsgruppe ins Leben gerufen. Hackern ist es in der Vergangenheit nämlich bereits in den USA im

und in Österreich "im kontrollierten Labor-Umfeld" gelungen, in Smart-Meter-Systeme einzudringen und diese zu manipulieren. 

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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