Das österreichische Start-up Stromkind will Jetskis elektrifizieren
Das österreichische Start-up Stromkind will Jetskis elektrifizieren
© APA/AFP/GETTY IMAGES/Kevin C. Cox

Innovativ

Wiener Start-up entwickelt elektrischen Jetski-Antrieb

Das Fahren mit Jetskis mag vielleicht spaßig sein, gleichzeitig sorgt der benzinbasierte Antrieb für viel Lärm und Umweltverschmutzung. Vielerorts, wie etwa auf österreichischen Seen ist der Einsatz daher überhaupt verboten. Die Gründer des Wiener Start-ups Stromkind wollten das so nicht hinnehmen und suchten nach einer Lösung. Die einfach klingende Idee, den Benzinantrieb mit einem leisen, umweltschonenden Elektromotor zu ersetzen, erwies sich in der Umsetzung jedoch komplizierter, als sie selber vermutet hätten.

Schwieriges Unterfangen

„Einen Jetski mit am Markt verfügbaren Komponenten zu elektrifizieren, hat sich de facto als unmöglich herausgestellt. Mit dieser Effizienzausbeute lässt sich abgesehen von großen, langsamen Elektrobooten maximal ein Surfbrett aufrüsten“, erklärt Stromkind-Gründer Andreas Desch im futurezone-Interview. Damit auch ein Jetski elektrisch funktionieren kann, entwickelte das dreiköpfige Team folglich einen völlig neuen Antrieb, inklusive eines patentierten Pumpensystems sowie einer speziellen Schiffsschraube, die unter anderem gegen Seegras immun sein soll.

Mit der Entwicklung, die unter anderem auf ein Schraubenzentrifugalrad setzt und die erforderliche Kühlung über den im Ansaugkanal integrierten Motor löst, soll der derzeitige Wirkungsgrad vergleichbarer Benzinmotoren von mageren 20 Prozent auf 60 bis 70 Prozent erhöht werden. Bei Jetskis kann so die Betriebsdauer mit aktueller Akku-Technologie von 20 Minuten auf bis zu zwei Stunden erhöht werden, lautet das ehrgeizige Ziel der Start-up-Gründer. Das technische Know-how für die Umsetzung bringen Desch und Mitgründer Hubert Baumgartner von ihrem früheren Arbeitgeber, dem österreichischen Drohnen-Spezialisten Schiebel mit.

Milliardenschwerer Markt

Der unter dem Namen Podilabs entwickelte Antrieb, der als Prototyp Anfang 2017 zur Verfügung stehen soll, ist nicht auf den Einsatz bei Jetskis beschränkt. Laut Desch kann er auch in Booten und großen Schiffen sowie in schwimmenden unbemannten Drohnen implementiert werden. Letztere werden etwa zur autonomen Fischfütterung verwendet. Neben dem Jetski-Markt, der etwa eine Milliarde Euro schwer ist, sieht das Team im Außenborder-Markt (8 Mrd. Euro)– das sind Motoren, die man außen am Boot anbringt – die größten Chancen. Aber auch bei der Umrüstung von Schiffsantrieben von Benzin auf Elektro im Consumer-Bereich (10 Mrd. Euro) könnte das Start-up punkten.

„Oberste Prämisse ist natürlich, ein Produkt zu entwickeln, das wir verkaufen können. Mit der TU Wien und anderen Firmen haben wir auch schon Partner aus Forschung und Entwicklung gefunden, die uns bei diesem Ziel helfen“, erklärt Hans Waldherr, der als dritter Mitgründer das Kernteam komplettiert. Da die Entwicklung entsprechend kostenintensiv ist, ist auch eine Lizenzierung der Technologie an eine Partnerfirma denkbar, über die der Antrieb zur Serienreife gelangen könnte. Das Projekt Podilabs wird vomAWS-PreSeed-Förderprogrammund anderen Programmen mit bis zu 200.000 Euro unterstützt. Allein die Herstellung eines einzelnen Prototypen kostet allerdings bis zu 50.000 Euro.

Investoren gesucht

Bevor das Wiener Start-up weitere strategische Entscheidungen fällt und sich auf Investorensuche begibt, will es abwarten, wie sich der in Produktion befindliche Prototyp in internen Tests schlägt und die Kosten für die Serienreife zu veranschlagen wären. „Danach werden wir entscheiden, wo wir am besten und schnellsten Fuß fassen können. Der Jetski-Markt ist insofern spannend, weil es ein absolut neuartiges Produkt wäre, das den Status quo in jeder Hinsicht stark verbessert, sei es von der Lautstärken- und Umweltbelastung, als auch von der Wartung her“, sagt Waldherr.

Dazu komme, dass Österreich mit dem Jetski-Hersteller Belassi und dem ebenfalls in Oberösterreich angesiedelten Motoren-Erzeuger Rotax bereits jetzt über zwei Weltmarktführer in dem Bereich verfüge. „Man muss vielleicht ein bisschen verrückt sein, um so ein Projekt anzugehen, aber man muss dafür sicher nicht nach Amerika auswandern. Die Start-up-Szene in Österreich wächst und gerade im Raum zwischen Wien, Oberösterreich und München gibt es genügend potente und auch technisch versierte Partner, um so ein Projekt an die Weltspitze zu führen“, ist auch Desch überzeugt.

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Martin Jan Stepanek

martinjan

Technologieverliebt. Wissenschaftsverliebt. Alte-Musik-Sänger im Vienna Vocal Consort. Mag gute Serien. Und Wien.

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