Batterie- und Brennstoffzellen-Technologien sind die nächste Generation im Wettbewerb hinsichtlich nachhaltiger Mobilität, sagt Audi-Entwicklungschef Prof. Ulrich Hackenberg.
Batterie- und Brennstoffzellen-Technologien sind die nächste Generation im Wettbewerb hinsichtlich nachhaltiger Mobilität, sagt Audi-Entwicklungschef Prof. Ulrich Hackenberg.
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Audi: "Das Auto der Zukunft entscheidet selbst"

Audi: "Das Auto der Zukunft entscheidet selbst"

futurezone: Autohersteller sind nicht nur auf den Auto-, sondern immer öfter auch auf den Hightech-Messen wie einer CES oder CeBIT vertreten? Wieso? Prof. Ulrich Hackenberg: Wenn man sich die Vernetzung der Fahrzeuge mit der Medienwelt und der Infrastruktur ansieht, ist das eine logische Entwicklung. Auf einer Hightech-Messe kann man andere Kundenkreise als bei typischen Automessen ansprechen. Unsere Kunden erwarten Technologien, die zu ihrem „always-on“-Lebensstil passen. Das haben wir früh erkannt und waren bereits 2011 als erster Autohersteller auf der CES.

Sie arbeiten eng mit Google zusammen. Wie weit geht diese Partnerschaft? Mit Google verbindet uns eine zehnjährige Entwicklungskooperation. Nun arbeiten wir auch im Zuge der Open Automotive Alliance zusammen, dabei geht es darum, die Möglichkeiten des Smartphone-Betriebssystems Android sinnvoll ins Auto zu überführen. Da gibt es gute Möglichkeiten.

Prof. Dr.-Ing. Ulrich Hackenberg, Mitglied des Vorstands der AUDI AG für Technische Entwicklung

Google ist aber auch beim Thema selbstfahrende Autos weit vorne, gibt es auch hier gemeinsame Projekte? Beim autonomen Fahren gehen wir eigenständige Wege.

Wie sehen die aus? Wann wird es den ersten selbstfahrenden Audi geben? Diese Frage kommt immer wieder. Man kann das nicht spontan mit einem Satz beantworten. Es wird Schritt für Schritt gehen. Wir werden den Fahrer sukzessive entlasten. Aus der Verantwortung nehmen, kann man ihn nicht – wie einen Piloten, der im Flugzeug den Autopilot einschaltet und dennoch in der Verantwortung bleibt. Der Fahrer bleibt Chef im Auto und muss immer wieder zeigen, dass er verantwortlich ist. Der große Gewinn ist, dass die Technologie ihm in komplexen Situationen, in denen er überfordert sein könnte, hilft und somit die Sicherheit im Straßenverkehr für alle Beteiligten erhöht. Gleiches gilt für deutlich einfachere Situationen, die ebenfalls unangenehm werden können.

Wie definieren Sie „einfache Situation“? Etwa Stop&Go-Verkehr auf der Autobahn. Da gilt es hauptsächlich darauf zu achten, was der Vordermann macht. Wenn hier die Elektronik übernimmt, ermüdet der Fahrer weniger schnell. Oder etwa das Einparken in enge Lücken, hier kann das Auto auf Knopfdruck selbst übernehmen, was auch den Komfort erhöht.

Audi Laser-Scheinwerfer

Wie weit blicken Sie in die Zukunft, bzw. wie weit macht es Sinn, in die Zukunft zu blicken? Ein Fahrzeug hat eine Produktionslaufzeit von sieben Jahren, hinzu kommen noch etwa zwei bis drei Jahre Entwicklung. Das ist ein relativ langer Zeitraum. Wir blicken etwa 20 Jahre nach vorne – und arbeiten intensiv mit Trendbüros auf der ganzen Welt zusammen. Übrigens hilft uns auch hier, dass wir unsere Fahrzeuge modular aufbauen, damit können wir auch kurzfristig neue Trends aufgreifen. Für uns ist es wichtig, das Auto jederzeit auf den aktuellsten Stand zu bringen. Vor allem auch in der Elektronik, hier gleichen wir die Zyklen mit den deutlich kürzeren aus der Consumer-Elektronik an.

Dann lassen Sie uns 20 Jahre nach vorne blicken. Wie schaut das Auto 2034 aus? Es wird einen elektrischen Antrieb haben. Woher die Energie kommt, also ob sie über Batterien im Fahrzeug gespeichert oder im Fahrzeug in Form von Brennstoffzellen hergestellt wird, will ich noch offen lassen. Derzeit findet ein Wettbewerb dieser Technologien statt, beides halte ich für denkbar. Für Verbrennungsmotoren werden bis dahin CO₂-neutral produzierte Kraftstoffe wie unsere e-fuels eine immer größere Rolle spielen.

Und abgesehen von der Antriebstechnologie, was kann das Auto 2034? Das Fahrzeug wird intensiv vernetzt sein, wird mit allen Informationen, die über das Verkehrsgeschehen erhältlich sind, gefüttert werden, wird mit anderen Fahrzeugen und mit der Infrastruktur kommunizieren. Und die Fahrzeuge werden auch in der Lage sein, Entscheidungen zu fällen – sie dem Lenker anbieten oder sie selbst ausführen.

Das Auto entscheidet selbst, klingt auch ein wenig bedrohlich? Die Daten werden von Sensoren im und am Auto erfasst und die Infos kommen von außen in das Fahrzeugsystem. Diese Informationen, die mehrfach abgesichert sein müssen, werden analysiert und es entstehen Entscheidungsgrundlagen. Die Empfehlung eines Autos, etwas zu tun, muss richtig sein.

Aber es können ja nicht alle Fahrzeuge intelligent werden? Das ist richtig, aber die miteinander vernetzten Fahrzeuge interagieren miteinander. Und da es immer Fahrzeuge geben wird, die nicht vernetzt sind, kommt vielleicht ein Alarm „Achtung, nicht-vernetztes Fahrzeug unterwegs.“

Wird sich nicht nur beim Fahrzeug an sich, sondern auch das Thema Mobilität selbst künftig ändern? Es könnte eine Premium-Flatrate geben. Man kauft nicht ein Auto, sondern ein Paket, man wird sozusagen Multiautobesitzer. Wenn ich etwa am Wochenende ein Cabrio fahren will, fährt es automatisch vor, unter der Woche bin ich mit einem kleinen Stadtflitzer oder bei Bedarf mit einem Avant oder Familienauto unterwegs.

Womit werden wir künftig fahren – Solarpanele am Dach und in der Karosserie oder Brennstoffzelle? Wir decken im Konzern jede in Frage kommende Technologie ab, denn als kompletter Anbieter von Mobilität mit Volumen- und Premiummarken sowie Nutzfahrzeugen können wir es uns nicht leisten, über bestimmte Technologien nicht nachzudenken. Wir teilen das innerhalb des Volkswagen-Konzerns auf, die eine Marke macht das, die andere macht das. Welche sich dann durchsetzt und auf welche wir dann setzen, hängt vom Markt ab.

Der Ford C-Max Solar Energi hat Solar-Panele auf dem Dach

Welche Technologie favorisieren Sie? Ich halte beide Technologien für wichtig. Batterie- und Brennstoffzellen-Technologien sind die nächste Generation im Wettbewerb hinsichtlich nachhaltiger Mobilität. Die Brennstoffzellentechnologie ist derzeit noch sehr aufwendig, insbesondere was die Herstellung und Infrastruktur von Wasserstoff betrifft. Bei batterieelektrischen Fahrzeugen genügt die Reichweite noch nicht den Mobilitätsanforderungen der Kunden, vor allem beim zusätzlichen Betrieb von Heizung und Klimaanlage. Deshalb setzen wir für die nächste Generation auf die Plugin-Technologie, die hohe Reichweiten und viel Fahrspaß ermöglicht.

Bei den Batterien soll in fünf bis zehn Jahren die Batteriekapazität verdoppelt werden. Stimmt, dann können Autos, die heute 200 Kilometer haben, künftig 400 Kilometer fahren. Wenn man die Konzepte verfeinert, wird man die Reichweite auf 500 Kilometer steigern können. Es hängt von der Nutzung ab. Aber es wird auch bei den Brennstoffzelle Innovationen geben, es bleibt ein Wettbewerb. Tatsache ist, dass niemand gern auf Reichweite verzichtet und jeder will zu jeder Zeit mobil sein.

Ford hat ein Auto mit einem Solardach gezeigt, Toyota ein neues Hybrid-Modell. Kann man sich da inspirieren lassen? Das Dach im Solarauto von Ford ist nicht in der Lage, das Auto bedarfsgerecht zu laden. Es ist allenfalls ein Add-on für Gegenden mit hoher Sonnenintensität. Ich muss das Auto immer noch per Stecker aufladen. Solardächer, die die Innenraumklimatisierung unterstützen, haben wir im Konzern schon seit vielen Jahre. Dass man die Fläche eines Autos zum Laden nutzt, ist sinnvoll, aber eben auch keine neue Überlegung.

Wenn wir ein wenig in die ferne Zukunft schauen – beschäftigt sich Audi auch mit dem fliegenden Auto? Technisch ist das durchaus machbar. Seit Generationen wird daran gearbeitet, aber die Durchsetzbarkeit ist nur für bestimmte, kleine Kundeninseln interessant, aber nicht für eine größere Anwendung. Das Konzept, Fahrwege übereinander zu legen, aber keine Straßen zu bauen, ist natürlich reizvoll, aber fliegende Autos sind und bleiben erst mal eine nette Fiktion.

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