© ulifunke.com / bitcoin.de

Digitales Geld

"Bitcoin wird sich als parallele Weltwährung durchsetzen"

futurezone: Bitcoin wird häufig als das „neue Gold“ bezeichnet. Können Sie diesem Vergleich etwas abgewinnen?
Oliver Flaskämper: Bitcoin ist digitales Gold mit der Option zum Bezahlen. Gold hat ja nur deshalb einen Wert, weil es selten ist. Bitcoin hat die gleiche Eigenschaft, weil sie auf 21 Millionen beschränkt sind. Mehr wird es nicht geben, das ist im mathematischen Algorithmus so festgelegt. Das macht Bitcoin natürlich interessant als Wertaufbewahrungsmittel.

Gleichzeitig hat man auch die Option, damit zu bezahlen. Das ist mit Gold schwierig. Wenn Sie mit Gold ein Auto kaufen, hat der Händler es schwer, das passende Wechselgeld in Gold rauszugeben. Auch besteht für den Händler die Schwierigkeit zu überprüfen, ob das Gold auch echt ist. Beide Probleme habe ich mit Bitcoin nicht. Das sind die Vorteile.

Das klingt euphorisch. Bitcoins sind aber mit vielen Vorwürfen konfrontiert wie etwa, dass sie auf einem Pyramiden- oder Schneeballsystem beruhen.
Diese Vorwürfe kann man in Wahrheit ganz leicht entkräften. Wenn es morgen niemanden mehr gäbe, der Gold kaufen wollen würde, weil rauskommen würde, dass Gold krebserregend ist, dann würde auch Gold einem Schneeballsystem unterliegen.

Pyramidensysteme zeichnen sich üblicherweise dadurch aus, dass oben der Pharao ist, der die Hand aufhält und an jeder Transaktion immer mitverdient. Die erste Bitcoin-Transaktion war der Kauf einer Pizza. Das war Mitte 2010. Der Mann zahlte 10.000 Bitcoins für die Pizza. Die Pizza wurde geliefert, das war damals eine Transaktion im Wert von 30 Dollar. Nach dem heutigem Wert wären es 450.000 Dollar. Wenn der Käufer damals gewusst hätte, dass seine 10.000 Bitcoins einmal 450.000 Dollar wert sein werden, hätte er sich mit Sicherheit keine Pizza darum gekauft.

Nationalbanken lassen kein gutes Haar an der digitalen Währung und hoffen darauf, dass sie bald wieder verschwinden wird. Was spricht dagegen?
Es spricht nichts dafür, dass Bitcoin morgen verschwinden wird. Im Gegenteil. Es gibt immer mehr Unternehmen, Investoren und Venture Capitalists die viel Geld investieren in Geschäftsmodelle und die ihr Geld sicher nicht zum Fenster rauswerfen. Bitcoin wird es auch in den nächsten fünf bis zehn Jahren weiter geben. Es ist das erste Zahlungssystem, das weltweit von jedem eingesetzt werden kann, der über einen Internet-Zugang verfügt und meist ohne Überweisungsgebühr. Das macht den Reiz aus und das hat es in dieser Form noch nicht gegeben.

Oliver Flaskämper, bitcoin.de
Kann Bitcoin aus Ihrer Sicht analoge Währungen ersetzen?
Bitcoins werden staatliche Währungen nicht ersetzen. Es ist eine komplementäre Währung, ähnlich wie Gold in gewisser Weise auch ein Wertaustauschmittel ist. Der Bitcoin wird sich als die parallele Weltwährung durchsetzen, mit der auch bezahlt werden kann.

Es gab schon so viele Innovationen, vor denen man anfangs Angst hatte. Das Automobil wurde auch am Anfang verteufelt, aber am Ende hat es sich durchgesetzt und nicht das Pferd und die besseren Kutschen. So wird es dem Bitcoin auch gehen. Der bietet einfach so viele Vorteile für den weltweiten Handel. Wie groß der Markt am Ende sein wird, wird man sehen.

Bringt eine digitale Währung nicht automatisch mehr Risiken mit sich?
Bitcoin ist digital und dadurch kann die Währung natürlich einfacher gestohlen werden. Wenn ich Bitcoins auf meiner Festplatte liegen habe und mein Rechner ist nicht vernünftig abgesichert, dann können meine digitalen Bitcoins gestohlen werden. Gleichzeitig bietet Bitcoin aber den großen Vorteil, dass ich kein Transportproblem habe. Gold muss teuer gelagert werden. Das Geld in Zentralbanken wird in Tresoren mit großem Aufwand und viel Sicherheitsaufwand gelagert und verwaltet, das habe ich bei Bitcoin nicht. Die Bitcoin-Passwörter kann man sich sogar ausdrucken.

Denken wir nicht nur an Privat-Nutzer. Was alles passieren kann, hat sich Ende Februar gezeigt, als die größte Handelsplattform für Bitcoin, Mt. Gox, Insolvenz angemeldet hat.
Mt. Gox ist bzw. war ein Dienstleister, der ehemals größte und erste im System. Da hat sich keiner darüber gefreut, dass dieser von der Bildfläche verschwunden ist. Aber es ist nur ein Dienstleister und nicht Bitcoin. Mt. Gox hat seine Hausaufgaben nicht gemacht und die Kundengelder nicht vernünftig abgesichert.

Kann man garantieren, dass Ähnliches nicht mit weiteren Bitcoin-Händlern passiert?
Bitcoin ist jetzt fünf Jahre alt und mit fünf Jahren verliert man üblicherweise die ersten Milchzähne. Die Dienstleister werden immer erwachsener und passen sich immer mehr den Sicherheitsstandards der Banken an, sodass ich denke, dass die Gefahren in dem Bereich weniger werden. Aber es wird mit Sicherheit nicht das letzte Sicherheitsproblem eines Bitcoin-Dienstleisters gewesen sein.

Schweizer Forscher haben vor kurzem aufgedeckt (PDF), dass das Problem, das Mt. Gox angegeben hat, gar nicht der Auslöser für das Abhandenkommen der Bitcoins war. Das war die sogenannte „Transaction Malleability“.
Ja, es gibt eine ganz frische Studie aus der Schweiz, die besagt, dass die Transaction Malleability bei Mt. Gox nicht dafür verantwortlich gemacht werden kann, dass die Bitcoin verschwunden sind. Das ist aus meiner Sicht eine valide Studie. Die Transaction Malleability, die seit 2011 bekannt war, wurde nur vorgeschoben.

Kam es bei bitcoin.de, wie bei anderen Händlern, nach der Veröffentlichung von der Transaction Malleability ebenfalls zu fehlenden Beträgen?
Ja, die Transaction Malleability hat uns auch bei bitcoin.de betroffen. Aber nur in der Gestalt, dass wir eine temporäre Verwirrung in der Buchhaltung hatten für zwei Tage. Das heißt, dass unser System uns angezeigt hat, dass Überweisungen rausgegangen sind, die aber tatsächlich nicht rausgegangen sind. Mir ist auch kein weiterer Dienstleister bekannt, dem über diesen Fehler Bitcoins abhanden gekommen sind.

Wirtschafts- und Finanzministerium haben unterschiedliche Auffassungen zu Bitcoins.
Könnte es andere Sicherheitslücken geben, die bitcoin.de künftig Schaden zufügen könnten?
Bitcoin als solches ist eine Technologie und bei jeder Technologie, wie wir es grade bei dem OpenSSL-Problem gesehen haben, gibt es Restrisiken. Es gibt mögliche Fehler, die den Verwendern erst im Nachhinein bekannt werden. Solche nicht bekannten Fehler, sogenannte Zero Day Exploits, werden auch gehandelt. Auf den Marktplätzen kaufen nicht nur die Geheimdienste gerne ein. Daher kann man nicht hundertprozentig ausschließen, dass es im Bitcoin-System selbst oder in der Peripherie nicht Sicherheitslücken gibt, die einmal ausgenutzt werden können.

Man muss aber sagen, dass in der Bitcoin-Ökonomie nur ein geringer Teil auf den Servern liegt, die theoretisch angreifbar wären. Der ganz große Teil liegt in sogenannten „Cold Storages“, vom Internet abgeschirmt. Ähnlich wie kleine Banken von sich sagen, dass sie nur geringe Bargeldbestände in der Kassa liegen haben, ist es auch bei Bitcoin-Handelsplattformen so, dass ein Super-Gau wie bei Mt. Gox eigentlich nicht passieren kann.

Mt. Gox hat gesagt, dass es durch einen Fehler im Wallet, das auf den Servern liegt, auch der „Cold Storage“ lehrgesaugt wurde. Da fragt man sich aber, wie das passieren kann. Der Bereich wird nicht automatisiert gesteuert, sondern da müssen Personen Transaktionen freigeben. Wenn das bei Mt. Gox so wie angegeben gelaufen ist, dann ist das nicht nur fahrlässig, sondern auch vorsätzlich dämlich.

Dodgecoin
Sind andere digitale Währungen wie z.B. die Dodgecoin eine Bestätigung für Bitcoin oder Konkurrenz?
Dodgecoins sind süß, sie wecken Emotionen. Neulich habe ich jemanden gesehen, der eine App entwickelt, bei dem man Dodgecoins mit dem Reiben von Smartphones übertragen kann, sobald man per Bluetooth verbunden ist und im Hintergrund jault der Hund auf. Ich denke, dass andere virtuelle Währungen dem Bitcoin nicht weh tun werden. Im Gegenteil. Genauso wie es Gold, Silber, Platin und Bronze gibt, wird es auch mehrere virtuelle Währungen geben, die sich durchsetzen werden. Da denke ich, dass es Platz für mehrere gibt. Mit einer immer größeren Auswahl wird auch automatisch immer der Marktführer gestärkt.

Bitcoin.de ist in Deutschland bisher der einzige Handelsplatz für Bitcoins. Was haben Sie noch vor damit?
Wir planen, als Zahlungsabwickler zu fungieren. Wir wollen Händlern anbieten, auch zukünftig Verkäufe in Online-Shops mit Bitcoin durchzuführen und dann den Euro-Betrag direkt ausgezahlt zu bekommen. Dafür braucht man aber eine entsprechende Erlaubnis, oder man hat einen Partner. Da sind wir derzeit am evaluieren, in welche Richtung wir da gehen und mit welchen Partnern wir zusammenarbeiten. Wir sind in vielen guten konstruktiven Gesprächen und ich bin überzeugt, dass wir in den nächsten Monaten dazu etwas verkünden werden können.

Also Pläne als Zahlungsabwickler. Wie sieht es mit der Funktion als Handelsbörse aus?
Mit bitcoin.de wollen wir auch mehr in Richtung Börse gehen, so dass wir demnächst auch mehr für die Power-Trader interessant werden. Aktuell haben wir noch ein Zeitfenster vom Kauf bis zum Verkauf von wenigen Minuten bis hin zu mehreren Tagen, je nachdem, wo Käufer und Verkäufer den Wohnsitz haben. Wenn aktuell ein Österreicher bei einem Spanier Bitcoins kauft und er überweist dann von seinem Konto auf eine spanische Bank das Geld, kann das zwei Tage dauern, bis der sein Geld hat und dann erst die Bitcoins freischaltet. Diesen Prozess wollen wir extrem verkürzen, sodass im Idealfall ein Echtzeit-Handel stattfinden kann.

Darüber hinaus sind wir in Gesprächen mit einem großen Goldhändler, sodass über bitcoin.de auch direkt mit Bitcoins Gold gekauft werden kann, so dass man diversifizieren kann.

Stichwort „diversifizieren“. Wem würden Sie Bitcoin für sein Portfolio empfehlen, um zu diversifizieren?
Das ist eine schwierige Frage. Ich empfehle Bitcoin niemandem, jeder muss für sich selbst entscheiden, ob er das macht. Es gibt einfach Risiken, die man kennen muss. Spätestens seit der großen Krise 2008 wissen wir ja, das wir in nichts investieren sollen, das wir nicht verstehen. Ich empfehle daher jedem, sich zu informieren und nur wenn man es verstanden hat, kann man Geld nehmen, das man übrig hat. Es ist nichts für Fans von Sparbüchern oder konservativen Anlegern. Es gibt aber immer mehr Anleger, die in Gold investieren, die den Bitcoin entdecken, um ihr Portfolio zu diversifizieren.

Oliver Flaskämper ist Geschäftsführer der Bitcoin Deutschland GmbH. Flaskämper gründete seit 1998 über 16 eigenständige Unternehmen mit Internet-Geschäftsmodellen, so z.B. die Online-Preisvergleich-Plattform Geizkragen.de. Sein neuestes Projekt ist Deutschlands erster und einziger Handelsplatz für die neue Internet-Währung Bitcoin, den er mit der Bitcoin Deutschland GmbH betreibt. Die futurezone traf Flaskämper am Handelkolloquium des Handelsverbands in Wien zum Interview.

Hat dir der Artikel gefallen? Jetzt teilen!

Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

mehr lesen
Barbara Wimmer

Kommentare