Das Petzval ist in gold und in schwarz erhältlich
Das Petzval ist in gold und in schwarz erhältlich
© Gregor Gruber

Petzval Retro-Objektiv für Digitalkameras im Test

Petzval Retro-Objektiv für Digitalkameras im Test

Die in Wien gegründete Gruppierung Lomography ist bislang vorwiegend durch ihr Engagment im analogen Bereich in Erscheinung getreten. Grundlage sind fehleranfällige Plastik-Kameras, die ehemaligen Modellen aus der Sowjetunion nachempfunden sind. 2013 wollte man etwas höher hinaus und hat im Rahmen einer erfolgreichen Kickstarter-Kampagne eine Neuauflage eines Fotografie-Klassikers realisiert. Ziel war es, ein legendäres Objektiv, das ursprünglich 1840 vom Mathematiker Josef Maximilian Petzval entworfen wurde, nachzubauen und es für moderne digitale Kameras anzupassen. Wie die Vorbilder der meisten Lomography-Kameras und auch das Namensgeber-Unternehmen LOMO kommen die nachgebauten Petzval-Objektive aus Russland. Genau genommen werden sie in der Zenit-Fabrik in Krasnogorsk herstellt, wie auch auf dem Objektiv eingraviert ist.

Neben dem antik anmutenden Äußeren hat das Objektiv eine weitere Besonderheit. Die Unschärfe, die entsteht, weist unter den richtigen Bedingungen einen Wirbeleffekt auf, den man auch von anderen älteren Obektiven kennt. Dieser Effekt, der den Hintergrund wirbelig verschwimmen lässt, ist natürlich besonders stark bei offener Blende zu beobachten, und schafft es vor allem Porträt-Aufnahmen einen besonderen Charme zu verleihen. Die futurezone hat das Petzval-Objektiv auf einer Canon 6D getestet.

Das Äußere

Mit dem Petzval-Objektiv an einer digitalen Kamera fällt man in der Öffentlichkeit definitiv auf. Grund ist das Äußere, das sich sehr genau an dem alten Modell orientiert. Das Gehäuse der Kickstarter-Edition ist vergoldet, bis hin zum Objektiv-Deckel.

An der Verarbeitung gibt es wenig auszusetzen, das Objektiv wirkt durchaus hochwertig, wenngleich man gut aufpassen muss, sich keine Kratzer einzufangen. Das Petzval-Objektiv verfügt über keinen Autofokus, sondern muss manuell fokussiert werden. Dazu dreht man einfach ein entsprechendes Rädchen, bis das Bild scharf ist.

Blende

Neben der goldenen Oberfläche hat das Objektiv eine weitere Besonderheit. An der Oberseite steht ein schwarzes Blättchen heraus, das man herausnehmen und austauschen kann. Dabei handelt es sich um die Möglichkeit, die Blende zu verstellen.

Dieses Prinzip nennt sich Waterhouse-System, benannt nach dem britischen Astronomen John Waterhouse, der die Methode Mitte des 18 Jahrhunderts erfunden hat. Davor konnte man die Blende bei Objektiven nur ändern, indem man die ganze Gerätschaft auseinander- und wieder zusammengebaut hat.

Die Waterhouse-Art des Blende wechseln hat zwar ihren Charme, birgt jedoch auch Nachteile. So kann es durch den Schlitz im Objektiv passieren, dass Staub oder anderer Schmutz eindringt, was im Laufe des zweiwöchigen Tests auch passiert ist.

Bei den Objektiv-Plättchen heißt es beim neuen Petzval ebenfalls aufpassen. Manche sitzen so locker in dem entsprechenden Einschub, dass sie ohne jeglichen Kraftaufwand herausrutschen, wenn man die Kamera umdreht. Lomography empfiehlt hier auf Nachfrage der futurezone, dass man das Plättchen etwas verbiegt, um einen sichereren Halt zu garantierten.

Umgekehrt gibt es auch Plättchen-Varianten, die sich nur sehr schwer wechseln lassen. Besonders die beiligenden Formen (Tropfen und Stern) lassen sich immer wieder nur schwierig aus dem Schlitz ziehen, weswegen sich dabei im Test auch relativ schnell die Farbe löste. Außerdem bekommt man die Formen meist nicht ganz in den entsprechenden Schlitz, wodurch unten noch die kreisrunde Blende aufscheint.

Laut Lomography handelt es sich bei diesen Blenden-Varianten allerdings nur um Vorserienmodelle, die lediglich den Unterstützern ausgeliefert werden, die das Objektiv im Rahmen der Kickstarter-Kampagne bestellt haben.

Bildqualität

In Sachen Abbildungsqualität präsentiert sich das Petzval etwas zwiegespalten. Blendet man auf f4 oder f5,6 ab, können Schärfe und Darstellung im mittleren Bereich der Fotos durchaus überzeugen, bei offener Blende mit 2.2 werden jedoch sehr deutlich Unschärfen erkennbar, die besonders an den Bildrändern sichtbar werden. Insgesamt spielt das Objektiv bei der Abbildungsqualität in einer Liga mit günstigen konventionellen Festbrennweiten der bekannten Hersteller.

Nicht absprechen kann man dem Petzval jedoch den Charme, der Unschärfe mit dem Wirbeleffekt. Gerade bei Porträts mit eher großen Blenden beziehungsweise Fotos mit entsprechender Schärfentiefe, sieht man über die nicht ganz perfekte Abbildungsqualität an der Rändern hinweg.

Fazit

Das Petzval dient wohl am ehesten der fotografischen Spielerei. Der manuelle Fokus sowie die antike Art, die Blende umzustellen, sind witzig und in der digitalen Fotografie eine willkommene Abwechslung. Spitzenleistungen in Sachen Abbildungsqualität darf man sich vom Petzval allerdings nicht erwarten.

Auch birgt gerade das Umstellen der Blende Nachteile, die bei längerem Einsatz des Objektivs zu Problemen führen können, wie etwa das unbeabsichtigte Eindringen von Schmutz. Auch der Umstand, dass die Plättchen sehr leicht herausfallen, ist im Alltag nervig. Will man sich das Objektiv kaufen und hat noch etwas Geduld, wäre es vielleicht sinnvoll, auf die zweite oder dritte Ausführung zu warten, bei der dann einige dieser “Kinderkrankheiten” vielleicht schon ausgemärzt sind.

Das Petzval-Objektiv wird derzeit lediglich an Kickstarter-Unterstützer ausgeliefert, die reguläre Version kann um 550 Euro in Schwarz oder Gold vorbestellt werden.

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Thomas Prenner

ThPrenner

Beschäftigt sich mit Dingen, die man täglich nutzt. Möchte Altes mit Neuem verbinden. Mag Streaming genauso gern wie seine Schallplatten. Fotografiert am liebsten auf Film, meistens aber mit dem Smartphone.

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