Digital Life

Wie Bürgerenergiegemeinschaften funktionieren und was sie bringen

Energiegemeinschaften sind eine tolle Sache, wenn es darum geht, Stromerzeuger*innen und -Verbraucher*innen miteinander zu verknüpfen und komplexe Marktmechanismen wie schwankende Preise zu umgehen.

Seit Sommer 2021 können in Österreich Erneuerbare Energiegemeinschaften (EEG) gegründet werden. Dadurch kann man etwa Strom von einer nahen Photovoltaikanlage beziehen, den die Nachbarin nicht selbst benötigt.

Seit Oktober 2023 kann man Strom auch von Erzeuger*innen erhalten, die sich in einer anderen Region befinden - durch Bürgerenergiegemeinschaften (BEG).

Unterschied zwischen EEG und BEG

Zwischen BEG und EEG gibt es neben der räumlichen Komponente noch einige andere Unterschiede. An einer BEG dürfen nicht nur Privatpersonen, Gemeinden oder Klein- und Mittelbetriebe teilnehmen, sondern alle natürlichen und juristischen Personen. So kann etwa auch ein Großunternehmen Stromüberschüsse verkaufen, es darf innerhalb einer BEG nur nicht die Kontrolle ausüben oder gewinnorientiert arbeiten.

BEG dürfen außerdem alle Netzebenen nutzen, während EEG auf die unteren Netzebenen (4 bis 7) beschränkt sind. Dafür gibt es bei BEG allerdings auch keine Vergünstigungen bei den Netznutzungsgebühren. Die bekommen EEG-Teilnehmer*innen, weil sie durch lokale Stromnutzung die höheren Netzbenen entlasten. In BEG darf im Gegenzug zur EEG auch keine Wärmeenergie getauscht werden, nur Strom.

➤ Mehr lesen: Wie praktisch Erneuerbare Energiegemeinschaften für Nutzer*innen sind

Das Stromnetz ist in verschiedene Netzebenen aufgeteilt, in denen Strom mit unterschiedlich starker Spannung übertragen wird. APG und regionale Netzbetreiber wie Salzburg Netz sind dafür verantwortlich

Große Vielfalt an Akteur*innen

Die neuen Möglichkeiten lassen BEG derzeit gleichsam aus dem Boden sprießen. Dabei gibt es eine Vielfalt an Nutzungsszenarien. Manche BEG agieren etwa als Vermittlungsportal, auf dem Stromerzeuger*innen und -Verbraucher*innen direkt miteinander verknüpft werden. Einige bieten Fixpreise für eine gewisse Zeit, um Teilnehmer*innen unabhängiger von Marktschwankungen zu machen. Andere bieten Erzeuger*innen die Möglichkeit, ihren Strom für einen guten Zweck zu spenden und damit etwa einkommensschwache Haushalte zu unterstützen.

"BEG machen unter anderem für Unternehmen Sinn, die eigentlich ein anderes Geschäft haben, aber eigene Erzeugungsanlagen besitzen oder gemeinsam Erzeugungsanlagen errichten wollen. Sie können Stromüberschüsse etwa Mitarbeiter*innen oder Kund*innen zur Verfügung stellen", erklärt Eva Dvorak, die Leiterin der Koordinationsstelle für Energiegemeinschaften des Klimafonds. Als BEG-Betreiber (die Rechtsform kann etwa ein Verein oder eine Genossenschaft sein) treten aber auch andere Akteur*innen auf. Der Orden der Barmherzigen Schwestern schickt etwa selbst erzeugten Strom über eine BEG an soziale Einrichtungen im ganzen Land.

Fakten

140 Bürgerenergiegemeinschaften
gab es mit Stand 30.11. in Österreich. Ein zentrales Verzeichnis gibt es nicht. Einige BEG haben eigene Webseiten, ein paar findet man über die Webseite der Koordinierungsstelle, andere gar nicht.

Zweigleisig
BEG-Teilnehmer*innen benötigen einen Energieversorger, weil eine BEG alleine keine Vollversorgung leisten kann/muss.

Mehrfachteilnahme
Ab April 2024 kann man gleichzeitig Mitglied bei bis zu 5 EEG oder BEG sein. Man legt dann selbst prozentuelle Lieferanteile fest.

Karitative BEG
U.a. Energiegemeinschaft Österreich, Energy with Spirit, Robin Powerhood.

Ärger mit dem Deckel

"Wir wollen all jene Leute abholen, die im derzeitigen Marktgeschehen fallen gelassen werden", sagt Lorena Skiljan, die die BEG Power to the People mitgegründet hat. Betreiber*innen kleiner Kraftwerke könnten darin etwa mehr Geld bekommen, als sie durch übliche Netzeinspeisung erhalten würden. Konsument*innen müssten dennoch weniger als bei manchen Energieversorgern zahlen. Ein jährlicher Fixpreis gebe Planungssicherheit.

Wovon man bei einer BEG nicht profitiert, ist die Strompreisbremse bis zu einem jährlichen Verbrauch von 2.900 Kilowattstunden. Sie gilt nur für den Strom, den man von einem Energieversorger bezieht. "Für Bewohner einer kleinen Mietwohnung zahlt sich unser Angebot daher möglicherweise nicht aus", sagt Skiljan. Für Hausbesitzer*innen oder Unternehmen mit höheren Verbräuchen, sei eine Teilnahme aber sehr profitabel.

Preisdruck wird steigen

Für Thomas Zeinzinger, der die BEG 7Energy mitgegründet hat, ist die Strompreisbremse "ein marktverzerrendes Instrument", dass es Energieversorgern auf Kosten von Steuerzahler*innen ermögliche, hohe Preise zu verlangen und bei Kund*innen dennoch als günstig wahrgenommen zu werden: "Energieversorger bekommen bis zu 30 Cent pro Kilowattstunde vom Staat bezahlt. Die haben keinen großen Druck, ihre Preise zu reduzieren."

Durch die Strompreisbremse sei die Motivation für Bürger*innen auch gering, sich mit ihrem Verbrauch zu beschäftigen und die Energiewende voranzubringen. Derzeit wird aber darüber diskutiert, die Strompreisbremse zu senken, was Energiegemeinschaften einen Vorteil bringen würde.

Klicken Sie hier für die Newsletteranmeldung

Hat dir der Artikel gefallen? Jetzt teilen!

David Kotrba

Ich beschäftige mich großteils mit den Themen Energie, Mobilität und Klimaschutz. Hie und da geht es aber auch in eine ganz andere Richtung.

mehr lesen