"Die Natur hilft der technischen Evolution"
Der Automatisierungstechnik-Spezialist Festo fördert seit Jahren Entwicklungen in der Bionik. Aus natürlichen Vorbildern werden dabei technische Lösungen entwickelt, etwa Roboter mit speziellen Fähigkeiten. Die futurezone sprach mit Festo Österreich Geschäftsführer Wolfgang Keiner über die Motive für das Engagement in diesem Bereich.
futurezone: Festo unternimmt mit dem Bionic Learning Network große Anstrengungen um natürliche Vorgänge in technische Innovationen umzuwandeln. Haben die Entwickler dabei stets Erfolg oder scheitern sie auch manchmal daran, die Natur zu kopieren?
Wolfgang Keiner: Die Natur ist für uns Vorbild und Ideenlieferant – jedoch kopieren wir sie nicht. Vielmehr transformieren wir Lösungen aus der Natur in die Technik und gewinnen dabei spannende Erkenntnisse. Viele dieser aus der Grundlagenforschung kommenden Ansätze entwickeln wir dann weiter und führen sie oft erst nach Jahren in ein konkretes bionisches Objekt über. Aus dieser Perspektive gibt es kein Scheitern, sondern eine kontinuierliche technische Evolution.
Bei der Entwicklung von Robotern werden biologische Vorbilder gesucht, weil diese die vermeintlich höchstmögliche Anpassung an ihre Umgebung repräsentieren. Kann man bei der Entwicklung von Robotern darüber hinaus gehen und einen neuen Evolutionsschritt erreichen?
Auch wenn wir die Natur gerne als Vorbild nutzen, schreitet die technologische Entwicklung solcher bionischen Objekte immer weiter voran. Denk man zum Beispiel an unseren bionischen Handlingassistenten, kann man sich vorstellen, welche Möglichkeiten sich dieser Innovation in Zukunft noch eröffnen werden. Neue Materialien und neue Technologien für deren Verarbeitung eröffnen solchen bionischen Basisentwicklungen immer wieder neue Anwendungsfelder.
In manchen Bereichen gibt es große Fortschritte in der Technik, durch die natürliche Leistungen übertroffen werden, etwa bei der Tragkraft von Roboterarmen im Vergleich zu ihrem Gewicht. Wird die Technik die Natur in Zukunft in allen Bereichen überholen?
Was die Natur in Jahrmillionen hervorgebracht und weiterentwickelt hat, kann der Mensch im Augenzwinkern seiner Existenz nicht übertrumpfen. Die größte Herausforderung ist daher nicht das „Überholen“ der Natur, sondern das sinnvolle Miteinander von Natur und Technik. Sonst wird uns die Natur immer öfter in die Schranken weisen.
Wie zielführend erscheint die direkte Verbindung von Technik und Natur, etwa durch die Verknüpfung von biologischen und unbelebten Komponenten?
Eine spannendes Forschungsfeld – man denke hier etwa an die Anwendungsmöglichkeiten in der Medizintechnik. Im Fokus steht dabei natürlich der Mensch und seine Bedürfnisse – an ihn muss sich die Technik anpassen und nicht umgekehrt.
Wie oft lassen sich bionische Entwicklungen als konkrete Lösungen in Ihrem Kerngeschäft, der Automatisierung, einsetzen?
Kleiner, schneller, leichter, effizienter, flexibel, intelligent und höchst kommunikativ – das sind die Ziele in der Automation. Blick man in die Natur und schaut dabei etwas genauer hin, dann wird schnell klar, dass es viele Parallelen zwischen ihr und der Industrieautomation gibt. Wir lassen daher Erkenntnisse aus der bionischen Forschung in die Entwicklung neuer Automationslösungen einfliesen, etwa wenn es darum geht hocheffiziente Antriebe von morgen oder neue Leichtbaukonstruktionen zu kreieren.
Was wurde bei Festo durch bionische Forschung beispielsweise erreicht?
So manche Idee aus der Natur ist uns schon „Modell gestanden“ – zum Beispiel bei der Entwicklung unseres FinGrippers, einem Greifer, der auf dem natürlichen Vorbild der Fischflosse beruht. Der FinGripper ist dank seiner ungewöhnlichen Konstruktion besonders nachgiebig und kann sich daher verschiedensten Konturen ohne zusätzliche Adaptionen flexibel anpassen. Ein großer Vorteil beim Aufnehmen unterschiedlich geformter Objekte, wie etwa Äpfel, Orangen oder Eier.