Facebook-Games für "zufällige Spieler"
Das Spiel "Monster World" ist Ende April ein Jahr alt geworden. 20 Millionen Menschen von 231 Nationen haben es seither gespielt. Haben Sie mit einem derartigen Erfolg gerechnet?
Ehrlich gesagt hatten wir nicht mit einem derartigen Erfolg gerechnet, wohl aber daran geglaubt. Niemand bei mir im Team hatte zuvor im Social Gaming-Bereich gearbeitet.
Anders als bei herkömmlichen, klassischen Konsolen-Spielen hat sich bei Monster World die Nutzerzahl kontinuierlich gesteigert und hat erst nach einem Jahr den Höhepunkt erreicht. Gibt es noch weitere Merkmale, die "Monster World" von klassischen Konsolen-Spielen unterscheiden?
Es gibt eine ganze Reihe an Unterschieden, die zwei Wichtigsten jedoch sind: die Möglichkeit zur beständigen Weiterentwicklung und der soziale Faktor im Spiel. Wir produzieren keine DVD, die verpackt und verkauft wird und entweder ein Hit wird oder floppt. Wir haben von "Monster World" eine sehr einfache Anfangsversion veröffentlicht und dann in wöchentlichen Zyklen an der Verbesserung des Spiels gearbeitet.
Im Spiel selbst ist der größte Unterschied, dass der Spieler sich mit seinen Freunden und nicht mit anonymen Fremden in einer Highscore-Liste misst. Ein Vergleich des virtuellen Gartens ist unter Freunden um einiges relevanter als unter Fremden.
Man wird als "Monster World"-Nutzer sehr häufig dazu aufgefordert, Punkte oder Gegenstände mit seinen virtuellen Nachbarn zu teilen. Wie wichtig ist beim Spiel diese soziale Interaktion und gibt es einen Punkt, an dem diese zu viel des Guten sein kann?
Diese soziale Interaktion ist für uns ein wichtiger Wiederkehr-Kanal. Trotzdem gibt es den Punkt, an dem diese zu viel werden kann. Meist wird der Spieler über ein Pop-Up aufgefordert etwas zu teilen. Diese Pop-Ups stören mitunter den Spielfluss. Aus diesem Grund schauen wir uns die Nutzungszahlen in unseren Datenbanken an und entscheiden anhand der tatsächlichen Nutzung, ob eine Funktionalität im Spiel bleibt oder nicht. So haben wir zum Beispiel an einigen Stellen vor einigen Wochen diese Teilen-Funktion entfernt.
Hat sich im Laufe der Weiterentwicklung des Spiels beim Nutzerverhalten etwas verändert?
Das Spiel hat sich im Laufe der Zeit sehr verändert. So konnten wir zum Beispiel nach der Einführung vom Charakter "Roberta“ und der damit einhergehenden Erweiterung des Spieles um einen weiteren Produktionszyklus eine deutliche Steigerung der Nutzeraktivität feststellen.
Wie schwierig ist es, das Spiel konstant weiterzuentwicklen?
Wir arbeiten in einem wöchentlichen Rhythmus. Jeden Dienstag wird eine neue Version des Spiels bei Facebook veröffentlicht. Damit beginnt für uns die neue Entwicklungswoche. Wir entwickeln bis Freitagabend und testen dann am Montag mit erholtem Geist die Features der letzten Woche. Die am Montag getestete Version wird dann am nächsten Tag veröffentlicht. So ein straffer Zyklus ist sicher nicht der einfachste, da er die Disziplin von jedem Einzelnen im Team stark fordert.
Auf der anderen Seite ist ein solch regelmäßiger Zyklus sehr vorteilhaft und motivierend. Fällt uns heute etwas auf, das dringend im Spiel verändert werden muss, kann es in wenigen Tagen schon veröffentlicht sein. Das eigene Schaffen so direkt im Spiel wiederzuerkennen ist ein Faktor, der sowohl mich als auch mein Team stark motiviert.
Bei "Monster World" kann man um echtes Geld sein Monster umstylen. Wächst Ihrer Meinung nach die Bereitschaft, für virtuelle Güter zu bezahlen? Wo liegt hier die Hemmschwelle?
Insgesamt wächst die Bereitschaft, im Internet, und damit auch für virtuelle Güter, zu zahlen. Unsere Kunden zahlen jedoch eindeutig mehr für virtuelle Güter, die für ihr Vorankommen im Spiel einen wirklichen Nutzen haben, als für ausschließlich dekorative Güter.
Sehen Sie die Social Games-Pioniere Playfish und Zynga als Konkurrenz?
Playfish, das heute zu EA gehört, ist noch in diesem Jahr erreichbar für uns. Unser Ziel ist es, bis zum Jahresende eine starke Nummer zwei aller weltweit operierenden Spielentwickler auf Facebook zu werden. Zynga ist heute zehnmal so groß wie wir. Wir arbeiten daran, ein Konkurrent für Zynga zu werden.
Wie sehen Sie den Markt für Social Games-Anbieter aus Europa, hat wooga als deutsches in Berlin ansässiges Unternehmen Vor- oder Nachteile?
wooga hat den Vorteil, in Berlin ansässig und zum richtigen Zeitpunkt in den Markt eingestiegen zu sein. Berlin ist das „Silicon Valley“ Europas, sehr viele Start-Ups gründeten und gründen sich in Berlin. Die Lebenserhaltungskosten sind vergleichsweise gering und Berlin ist momentan eine sehr beliebte Stadt in Europa. Etwa 70 Prozent unserer Mitarbeiter sind für die Firma nach Berlin gezogen. Gute Mitarbeiter zu finden ist schwer.
Wie viel Einblick hat wooga über seine Nutzer? Welche Daten werden von Facebook zur Verfügung gestellt?
Eric Schmidt hat beim DLD im Januar einen Satz häufig wiederholt: „With your permission“. Wir haben den Einblick, dem der Nutzer zugestimmt hat. Facebook übergibt uns neben dem Nutzernamen noch eine Nutzernummer und die Namen und Profilbilder der Freunde des Nutzers. Diese Daten nutzen wir ausschließlich zur Anzeige der Highscore-Liste des Spielers. Wooga ist nicht an den Nutzerdaten interessiert, diese sind lediglich für das Spielerlebnis von Bedeutung.
Facebook ist derzeit sehr beliebt. Aber was passiert mit den wooga-Games, wenn die Stimmung einmal kippt und dem Netzwerk die Nutzer davon laufen (wie es bei MySpace geschehen ist)?
Zunächst einmal denke ich nicht, dass Facebook die Nutzer in der Größenordnung davonlaufen wie es bei MySpace geschehen ist und weiterhin geschieht. Das wichtigste Merkmal eines sozialen Netzwerkes wie Facebook sind die Mitglieder. Facebook hat heute 500 Millionen Mitglieder, stetig wachsend. Ich denke nicht, dass ein neues soziales Netzwerk den Platz von Facebook in naher Zukunft einnehmen kann. Und mehr als ein soziales Netzwerk wollen die Nutzer nicht - zu viel Pflegeaufwand. Sollte das Unwahrscheinliche jedoch eintreten, kann wooga seine Spiele auch in anderen sozialen Netzwerken einbinden.
Wie lange glauben Sie, hält der Boom von Social Games an, oder werden diese ab sofort ein ständiger fixer Bestandteil der Spielelandschaft sein?
Social Games sind bereits ein fixer Bestandteil der Spielelandschaft und der Anteil wächst und wird weiter wachsen. Wir entwickeln Spiele für "zufällige Spieler", also all die Spieler auf Facebook, die von sich sagen würden, sie spielen keine Spiele. Unsere Spiele haben eine sehr niedrige Einstiegshürde und sind daher leicht zu „erobern“. Damit ist unser möglicher Kundenkreis sehr viel größer als der klassischer Konsolen- oder Browserspiele.
- Zynga: Mit Facebook-Spielen auf Börsenkurs
- "Farmville und Cityville sind das neue Tetris"
- SocialSpiel: "Es muss gratis und im Browser sein"
Stephanie Kaiser von wooga wird am Freitag bei der Veranstaltungsreihe zur Theorie von Computerspielen "subotron" einen Vortrag zum Thema Social Gaming halten. Neben ihr wird auch Barbara Fux von SocialSpiel zu Wort kommen. Der Vortrag findet dieses Mal nicht wie gewohnt im MuseumsQuartier, sondern im Media Quarter Marx (Karl Farkas Gasse 18, 1030 Wien) statt. Der Eintritt ist frei.