Farnborough: Flugzeug-Updates und Fahrradsitze im Flieger
Das Trendbarometer des Luftfahrt-Jahres steht auf überarbeiteten, bewährten Passagierjets anstatt ganz neuer Modelle. Airbus und Boeing können mit Aufträgen in Rekordhöhe rechnen. Der inbrünstig erwartete Gast F-35 lässt auf sich warten. Stattdessen buhlt ein leichter, günstiger Kampfjet um die Gunst internationaler Militärs. Und ganz nebenbei tauchen Dinge wie 3D-Bordentertainment oder Flugzeugsitze in Fahrradsattelform auf.
Die Farnborough Air Show stellt das Highlight des Jahres für die zivile und militärische Luftfahrt dar. Auf der Fachmesse werden die neuesten Produkte präsentiert, Bestellungen abgeschlossen und Kooperationen verhandelt. Neben zahlreichen Vertretern der Luftfahrt-Industrie gibt es ranghohe Besucher aus Politik und Militär. Mit seinen Flugshows ist das Event auch ein Publikumsmagnet für private Luftfahrtfans.
Neue Triebwerke für Airbus A330
Die wahrscheinlich größte Ankündigung im Zivilluftfahrt-Bereich ist eine verbesserte Version des Großraumjets Airbus A330. Unter dem Titel A330neo bekam das Flugzeug neue Triebwerke vom Typ Rolls-Royce Trent 7000 verpasst. Mit diesen sollen 14 Prozent Treibstoff eingespart werden. Die Reichweite kann dadurch laut Airbus um bis zu 400 nautische Meilen (740 Kilometer) erhöht werden.
Der A330neo wurden außerdem die Winglets (Flügelspitzen) der A350 XWB verpasst. Die Langstreckenmaschine A350 XWB feierte erst im Vorjahr ihren Jungfernflug. Passagiere sollen bei der A330neo von einem Bordentertainment-System der "vierten Generation" profitieren. Dazu zählen Stimmungsbeleuchtung, WLAN und Bildschirme, auf denen 3D-Filme angesehen werden können.
Längere Boeing 787
Airbus-Konkurrent Boeing stellt auf der Farnborough Air Show 2014 eine verlängerte Version seines Kunstfaser-Jets 787 vor. Die 787-9 soll 280 Passagiere (787-8: 242 Passagiere) über 15.370 Kilometer (787-8: 14.530 Kilometer) befördern können. Nachdem das 787-Programm nach Brandvorfällen 2013 ins Stocken geraten ist, soll der Verkauf des Modells mit der neuen Version wieder Auftrieb erhalten.
Boeing stellt auch eine neue Version für seinen Großraumjet 777 vor. Die 777X ist energieeffizienter als der Vorgänger, und weist neue Steuertechnologie und längere Flügel auf.
"Duopol" nicht in Gefahr
Die Dominanz von Airbus und Boeing im zivilen Flugzeugmarkt scheint auch 2014 ungebrochen. In den vergangenen Jahren sah man neue Konkurrenz aus Kanada, Japan und China auf das "Duopol" zukommen. Der aussichtsreichste Kandidat, Bombardier aus Kanada, kämpft jedoch mit Problemen. Die neu entwickelte C-Serie blieb nach einem Triebwerksversagen bei einem Testflug im Mai am Boden.
Kleiner Kampfjet statt F-35
Aus militärischer Sicht sollte des teuerste Kampfflugzeug der Welt das Highlight der heurigen Air Show werden. Die Lockheed Martin F-35 muss jedoch nach einem Triebwerksbrand am Boden bleiben. Eine Untersuchung des Vorfalls wird mit Hochdruck vorangetrieben um die Flotte wieder freizugeben und den Besuch der F-35 in Farnborough gegen Ende der Woche doch noch zu ermöglichen.
Unterdessen schnappt ein Kampfjet der F-35 die Bühne weg, der sich in einem ganz anderen Leistungs- und Preissegment aufhält. Die Scorpion von Textron AirLand ist ein kleiner, leichter, zweisitziger Kampfjet, der es in nur 23 Monaten von der Konzeption bis zum Erstflug gebracht hat und nun für 20 Millionen Dollar pro Stück verkauft werden soll. Die F-35-Entwickler können von solch einer Effizienz nur träumen, wenngleich ihr Endprodukt deutlich komplexer ist.
Günstige Stunde
Die Scorpion soll vor allem in Afrika, Südamerika oder dem Mittleren Osten verkauft werden. Aber auch für USA soll das Flugzeug eine attraktive Option darstellen, etwa als Ersatz für die F-16 bei Patrouillenflügen über Afghanistan. Eine Flugstunde mit der Scorpion kostet nur einen Bruchteil dessen, was für die F-16 aufgewendet werden muss.
Zahlreiche Rüstungsunternehmen buhlen in Farnborough außerdem um die Gunst der USA. In Farnborough ist der inoffizielle Startschuss für das Rennen um einen neuen Großauftrag gefallen. Die USA wollen einen neuen Bomber.
Russland abseits, aber mittendrin
Auf der politischen Bühne gibt es vor allem einen Konflikt zu vermelden: Die britische Regierung, die in Farnborough stets ausländische Staatsgäste zu Rundgängen einlädt, hat in diesem Jahr betont, keine russischen Delegierten empfangen zu wollen. Dimitri Rogosin, Russlands stellvertretender Ministerpräsident, hat daraufhin alle russischen Gesandten dazu aufgefordert, der Veranstaltung den Rücken zu kehren.
Die russische Luft- und Raumfahrt-Industrie lässt sich dadurch aber wenig beeindrucken. Unternehmen wie Rosoboronexport (Kampfhubschrauber, Granatwerfer) oder der Kampfflugzeug-Hersteller MiG gehen in Farnborough auf Kundenjagd. Ausländische Interessenten besuchen die Unternehmen trotz des Politikerbanns der Briten, der mit Russlands Position in der Ukraine-Krise begründet wird.
Fahrradsitze im Flugzeug
Zwar nicht direkt auf der Farnborough Air Show, aber währenddessen wurde ein kurioser Plan von Airbus bekannt, der für viel Kopfschütteln sorgt. Der europäische Flugzeugbauer hat ein Patent für eine neue Form von Flugzeugsitzen angemeldet. Passagiere könnten demnach künftig halb sitzend, halb stehend auf einer Art einklappbarer Fahrradsattel Platz nehmen. Dadurch soll Sitzabstand eingespart werden, was wiederum den Transport von mehr Passagieren pro Flugzeug ermöglicht.
Die ersten Reaktionen sind wenig enthusiastisch. Die Sitze würden Flugreisen noch unkomfortabler machen, als sie ohnehin sind, lautet der Tenor. Airbus beeilt sich zu betonen, dass die Fahrradsattel-Variante nur bei kurzen Flügen denkbar wäre.