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Kontaktloses Zahlen in ersten Supermärkten

Jeder kennt das: Man steht im Supermarkt und die Schlange an der Kassa ist endlos. Manche suchen dann gefühlte Stunden nach dem passenden Kleingeld, andere zücken im Schneckentempo ihre Bankomatkarte und tippen gemütlich den PIN ein. Beide Vorgänge dauern in der Regel rund 30 Sekunden. Diese Wartezeit soll künftig verkürzt werden, in dem Menschen kontaktlos bezahlen können. Maximal fünf Sekunden soll der Bezahlvorgang dann dauern.

Das versprach der Nahversorger Zielpunkt am Dienstag seinen Kunden. Ab sofort können diese in den 39 Zielpunkt-Filialen in den Wiener Innenstadt-Bezirken (eins bis neun) mittels PayPass kontaktlos zahlen. Die Anzahl der Filialen werde dabei kontinuierlich ausgebaut, erklärte Jan Satek von Zielpunkt. Linz und Graz sollen im Frühjahr 2012 dazukommen, bis Juni 2012 will man die dafür notwendigen Terminals in allen Zielpunkt-Filialen eingeführt haben. Dabei handelt es sich allerdings nicht um Self-Check-In-Schalter, sondern es geht dabei wirklich ausschließlich um den Bezahlvorgang.

ZusammenarbeitMöglich wird das kontaktlose Zahlen bei der Supermarktkette durch eine Zusammenarbeit mit dem Kreditkartenunternehmen MasterCard und der Raiffeisen Bank International. Das Bezahlsystem PayPass wurde vom Kreditkartenunternehmen entwickelt und die spezielle Kreditkarte, die dafür derzeit benötigt wird, wird von der Raiffeisen Bankengruppe Österreich ausgegeben. „Man braucht keine Bankverbindung bei unserer Bank, jeder kann eine Karte beziehen“, sagte Gerald Kubu von Raiffeisen.

NFC-ChipDie Kreditkarte verfügt dabei über einen integrierten Chip, der mit der "Near Field Communication" ( NFC)-Technologie ausgestattet ist. Diese gibt es bereits seit Jahren, doch der Durchbruch gelang bisher nicht. Es fehlte an Infrastruktur und Unterstützern. 2011 sollte das "Jahr von NFC" werden - und tatsächlich wurden zahlreiche Projekte vorgestellt. Google und MasterCard brachten mit dem "Wallet" ein Bezahlsystem für seine Android-Smartphones in den USA auf den Markt. In England und Frankreich ist der Mobilfunkbetreiber Orange umtriebig beim Einsatz von NFC-Technologien in Smartphones.

Karte statt SmartphoneIn Österreich setzt man durch die Kooperation mit Raiffeisen vorerst auf die NFC-Kreditkarte, doch es wäre auch eine Integration des Chips in Schlüsselanhänger oder Uhren möglich. Auch mit Smartphones soll das kontaktlose Bezahlen künftig hierzulande funktionieren. "Wir sind derzeit in Gesprächen mit den heimischen Mobilfunkbetreibern", erklärte Christian Stolz von MasterCard-Europe.

Durch die Zusammenarbeit mit Mobilfunkbetreibern soll es auch möglich werden, dass Kunden ihre Einkäufe auch übers Handy genau nachverfolgen können. Bis es jedoch in Österreich soweit ist, wird es von der Raiffeisen Bankengruppe Österreich ab Anfang 2012 auch eine Lösung mit einem Sticker geben. Dieser werde mit NFC ausgestattet sein und könne auf das Smartphone draufgeklebt werden, erzählte Gerald Kubu von Raiffeisen.

KurztestDoch wo liegen nun tatsächlich die Vorteile von NFC-Kreditkarten für Supermarkt-Kunden? Eine Karte bleibt schließlich eine Karte, die man erst zücken muss. "Bei Beträgen unter 25 Euro muss man die Karte lediglich ganz nahe an den NFC-Terminal halten, man behält sie dabei die ganze Zeit in der Hand.Die Transaktion selbst dauert weniger als eine Sekunde.

Die Eingabe eines PIN-Codes ist dabei nicht erforderlich", schilderte Christian Stolz von MasterCard Europe den Bezahl-Prozess. Die futurezone konnte den Bezahlvorgang in einer Filiale mit einem Schlüsselanhänger testen. Das Bezahlen selbst dauerte dabei wenige Sekunden. Auf dem Rechnungsbeleg stand "bezahlt mit MasterCard."

Vorteile verschwindenBei Beträgen über 25 Euro muss man jedoch wie bei der Bankomatkarten-Zahlung einen PIN-Code eingeben. Dies dient als Sicherheitsmaßnahme, damit der Kunde bei Diebstahl oder Verlust keine allzu großen Geldbeträge verliert. Zudem muss nach jedem fünften Einkauf unter 25 Euro einmal der PIN-Code eingegeben werden.

Damit schwinden jedoch die unmittelbaren Vorteile dahin, die eine derartige Bezahl-Methode mit sich bringt. "Österreichische Kunden gehen im Schnitt dreimal pro Woche Lebensmittel einkaufen und bleiben dadurch meist bei Beträgen unter 25 Euro", erklärte der Zielpunkt-Vorstandsvorsitzende. Das mag vielleicht für den Durchschnitts-Zielpunkt-Kunden zutreffen, jedoch erledigen viele Berufstätige ihre Einkäufe nur einmal in der Woche - und geben dabei wesentlich mehr als 25 Euro pro Einkauf aus.

Richtig große Zeitersparnisse ergeben sich zudem erst dann, wenn sich das System flächendeckend durchsetzen würde. Denn wenn man an der Kassa der einzige Kunde ist, der mittels NFC bezahlt, profitieren davon hauptsächlich die Kunden, die in der Schlange hinter einem stehen.

Bargeld "wird bleiben"Derzeit würden im Lebensmittelhandel rund 70 Prozent der Kunden ihre Einkäufe in bar bezahlen, der Rest mit Bankomat- oder Kreditkarte, so Satek von Zielpunkt. Dass das neue Bezahlsystem das Bezahlen mit Bargeld im Supermarkt rasch ablösen wird, bezweifelt dieser aber. "Bargeld wird seine Daseinsberechtigung nicht verlieren."



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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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