Digital Life

Wie Influencer Unternehmen fit für TikTok machen

Mit 800 Millionen Nutzern ist TikTok eines der größten sozialen Netzwerke der Welt. Der Fokus auf kurze, witzige, nutzergenerierte Videos spricht vor allem ein junges Publikum an und lässt die Nutzerzahlen rasant wachsen. Zahlreiche Unternehmen nutzen TikTok, um ihre Marke bei Teenagern beliebt zu machen. Während Bekleidungs-, Kosmetik- und Energydrink-Hersteller das Potenzial des Netzwerks schon lange erkannt haben, wenden sich nun auch immer mehr Unternehmen TikTok zu, denen man das vielleicht nicht zugetraut hätte.

Sieht nicht wie Werbung aus

Ein Beispiel dafür ist die Supermarktkette Hofer. Mit der Kampagne #HoferGoesTikTok hat man die eigene Follower-Zahl innerhalb weniger Tage vervielfacht. Eine Schlüsselrolle bei solchen Kampagnen nehmen Influencer ein. Sie werden angeworben, um Markenbotschaften auf TikTok-gerechte Weise aufzubereiten und einem großen Publikum zu vermitteln. "Werbung auf TikTok funktioniert nur dann, wenn sie nicht wie Werbung aussieht. Es muss immer ein Gesicht dahinterstehen, ein 'Creator'", erklärt Adil Sbai, der Gründer der Social-Media-Agentur weCreate und Manager von Younes Zarou, dem größten TikTok-Star Deutschlands.

Beim "Influencer-Marketing" auf TikTok gelte es, Persönlichkeiten zu finden, die zu einer bestimmten Marke und ihren Werten passen. Sie müssen es außerdem bereits geschafft haben, ein eigenes Image zu kultivieren und eine gewisse Gefolgschaft aufzubauen. Persönlichkeiten, die auf TikTok nicht bekannt seien, würden nicht funktionieren, meint Sbai, selbst wenn sie anderswo als prominent gelten. Sbai: "Ein deutscher Autohersteller hat etwa bei einer Kampagne den Fehler gemacht, eine Influencerin gebucht zu haben, die bei Instagram hunderttausende Follower hatte. Bei TikTok kannte sie niemand."

Ungewisser Ausgang

Neben dem Auffinden von Influencern, die gut zur eigenen Marke passen, ist es für Unternehmen eine Herausforderung, dass der Erfolg eines Videos schwieriger planbar ist. "Auf Instagram und YouTube weiß man genau, wieviele Personen ein Posting eines Creators sehen." Weil neue Beiträge automatisch in die Feeds der Gefolgschaft ausgespielt werden, gibt es genaue Angaben zur Reichweite eines Influencers. "Auf TikTok hängt es davon ab, wie gut das Video ankommt", erklärt Sbai. Die Empfehlungs-Algorithmen des Netzwerks entscheiden, wie viele Menschen einen Beitrag zu Gesicht bekommen.

"Zwischen den Views von guten und schlechten Videos eines Creators herrscht manchmal ein Unterschied um den Faktor 100." Das Ziel müsse also immer sein, gute Videos zu produzieren. Starre Vorgaben seitens der Unternehmen seien auch aus diesem Grund kontraproduktiv. Planungen zwischen Werbekunden, Agentur und Influencern seien zwar notwendig, was am Ende zähle, sei allein die Qualität der Beiträge. "Dafür ist die kreative Freiheit der Creators enorm wichtig." Dennoch müsse man auch mit Fehlschlägen rechnen: "Die gehören dazu."

Adil Sbai

Musik maßgeblich

Für eine Kampagne auf TikTok sehr relevant ist Musik. Wegbereiter für den Erfolg der Social-Media-App war der Dienst Musical.ly, der 2017 von ByteDance übernommen wurde und mit TikTok verschmolz. Private TikTok-Nutzer können bei der Gestaltung ihrer Videobeiträge auf einen großen Musikkatalog zurückgreifen. Wird die App kommerziell genutzt, also für Werbung, gibt es Einschränkungen bei der Musikauswahl. Unternehmen tun also gut daran, eigene Songs oder Sounds zu kreieren, die man verwenden kann.

Abgesehen davon gebe es viele Musiker, die ihre Werke bereitwillig zur Verfügung stellen, um sie bekannter zu machen. "Für die Musikindustrie ist das ja auch ein Riesenhebel", sagt Sbai. "Es gibt kaum einen Song, der heute noch ohne vorhergehende Verbreitung bei TikTok viral geht."

Authentizität

Üblicherweise stecken Influencer viel Energie in die Gestaltung von Videos für Werbekunden. "Unser Ziel ist, dass Werbung besser ankommt als nicht-kommerzielle Posts. In 80 Prozent der Fälle gelingt das", sagt Sbai. Aber selbst, wenn sie gut gemacht sei, müssen Influencer eine behutsame Balance zwischen authentischem Auftreten und Käuflichkeit halten. Sbai: "Ein Problem entsteht dann, wenn man lügt, nicht authentisch genug rüberkommt oder unpassende Marken bewirbt. Creators, die wir beraten, würden das nicht machen, auch wenn es bedeutet, Geld abzulehnen. Man kann oft einen schnellen Euro verdienen, aber langfristig ist das schlecht für die eigene Glaubwürdigkeit."

Bezahlung

Apropos schneller Euro: Bei der Bezahlung der Influencer werden laut Sbai im Marketing übliche Formeln angewendet. Nach geschätzter Reichweite wird für jedes Posting im Vorhinein ein so genannter Tausender-Kontakt-Preis ermittelt. Als Bezugsgröße dabei dienen die durchschnittlichen View-Zahlen, die ein Influencer aufweisen kann. "Wenn jemand im Schnitt 100.000 Views auf TikTok hat, bekommt er für ein Posting zwischen ein paar Hundert und über 1.000 Euro", meint Sbai.

"Wenn man eine starke Marke hat, ein starkes Gesicht, und ansonsten wenig Werbung macht, ist auch mehr möglich." Um sich für Werbekunden attraktiver zu machen, bieten einige Influencer ihre Dienste aber auch gratis an. Für die Unternehmen kommen freilich noch Produktionskosten dazu. Für viele TikTok-Beiträge werden etwa professionelle Videoteams und Fotografen engagiert.

Die Aufgeschlossenheit gegenüber Werbung sei bei TikTok relativ hoch, meint Sbai. "Die meisten Nutzer wollen ihre Reichweite monetarisieren. Das Geldverdienen ist ein natürlicher Teil des Prozesses." Unternehmen könnten Influencer auf dem Netzwerk meist durch eine öffentlich angezeigte E-Mail-Adresse kontaktieren. Bei erfolgreicheren Influencern ist oft eine Agentur zwischengeschaltet.

So schnell kann's gehen

Erst seit Kurzem bei einer Agentur ist Christoph Brückner, der als "Condsty" eines der zwei reichweitenstärksten TikTok-Profile Österreichs betreibt. Das andere ist "Candyken". Beide zählen über 11 Millionen Follower. Brückner erlangte internationale Bekanntheit durch Videos, in denen er kleine Zeichnungen anfertigt. Was als Ablenkung gegen eine Tinnitus-Erkrankung begann, wurde bald zum Selbstläufer: "Täglich sind Anfragen reingekommen: Nutze unseren Sound, nutze unsere Produkte."

Brückner, der voll berufstätig ist und TikTok zunächst nur in seiner Freizeit nutzte, fühlte sich davon überfordert. Angebotene Kooperationen nahm er nur in geringem Ausmaß an. "Bisher waren es nur kleine Beträge. Heuer habe ich vielleicht insgesamt 1.000 Euro verdient." Mit seiner Millionen-Gefolgschaft zählt Brückner mittlerweile zur Kategorie der "Mega-Influencer" und könnte wesentlich höher dotierte Aufträge annehmen. Spätestens seitdem er mit einer Agentur arbeitet, habe er verstanden, dass er dank TikTok "richtig gutes Geld verdienen" könne.

Der futurezone erzählt Brückner, dass er mit anderen TikTok-Influencern Freundschaften geschlossen habe und wisse, wie schwer es für viele sei, an ein ähnlich großes Publikum heranzukommen. Seinen Hauptberuf will er auf jeden Fall behalten: "Egal, was ich bei TikTok verdiene, ich mache das gerne. Eine TikTok-Karriere kann außerdem kurzlebig sein. So etwas bietet keine Sicherheit."

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David Kotrba

Ich beschäftige mich großteils mit den Themen Energie, Mobilität und Klimaschutz. Hie und da geht es aber auch in eine ganz andere Richtung.

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