Digital Life

Wie Technik Flüchtlingen hilft

"Wir verwenden Virtual-Reality-Technik, um Leute spüren zu lassen, was vor sich geht ", sagt Gabo Arora am letzten Tag der diesjährigen Innovationskonferenz Digital Life Design (DLD) in München. Die UNO, für die Arora arbeitet, zeigt in rund 40 Ländern weltweit Leuten auf der Straße VR-Videos, um sie zum Spenden für Flüchtlinge zu bewegen. Der Einsatz zeige Wirkung, sagt der UN-Mitarbeiter. "Jeder Sechste spendet, die Rate ist doppelt so hoch, wie bei herkömmlichen Aktionen."

Schockierende Bilder, etwa jenes des toten syrischen Jungens, der an der türkischen Küste angeschwemmt wurde, hätten viel bewirkt. Es genüge aber nicht, die Leute zu schockieren. Man müsse Gemeinsamkeiten sichtbar machen und Verbindungen zu ihrem Leben herstellen, um sie zum Handeln zu bewegen. In den VR-Filmen der UNO führt etwa ein Flüchtlingsmädchen durch ein Lager an der syrischen Grenze. Das Mädchen spielt mit ihren Geschwistern oder hört ihrem Bruder beim Erzählen über ein Fußballspiel zu. "Die Würde der Menschen muss gewahrt bleiben", sagt Arora.

Zahlreiche Initiativen

Aber nicht nur die UNO setzt bei der Flüchtlingshilfe auf neue Technologien. Mike Butcher von TechCrunch präsentierte etwa das von ihm mitinitiierte internationale Netzwerk Techfugees, das Bemühungen der internationalen Tech-Community in der Flüchtlingshilfe bündelt. "Wir haben offene Türen aufgestoßen", sagt Butcher. Über das Netzwerk wurden zahlreiche Projekte angestoßen. Hackathons zählen ebenso dazu, wie Wifi-Netzwerke oder Informations-Websites für Flüchtlinge. Man wolle den Menschen bei der Integration, der Bildung, beim Lernen der Sprache und bei der Jobsuche helfen.

Die Initiative StartupAid unterstützt Hilfsprojekte bei der Umsetzung und bringt Aktivisten mit Entrepreneuren zusammen. Eines der umgesetzten Projekte ist ein Erste-Hilfe-Dienst auf der Insel Lesbos, wo täglich Tausende Flüchtlinge ankommen. "Wir sammeln und verteilen Hilfsgüter auf der Insel", erzählt Paula Schwarz von der Initiative.

Anne Kjaer Riechert lehrt in der Berliner ReDi School of Digital Integration Flüchtlingen Programmieren. In Deutschland würden rund 33.000 Programmieren gesucht, so die Aktivistin. Flüchtlinge seien hoch motiviert. Die Ausbildung dauert drei bis sechs Monate. Die Idee hinter der Initiative sei auch, dass Flüchtlinge Lösungen für andere Flüchtlinge programmieren und schließlich auch beim Wiederaufbau ihres Heimatlandes mithelfen könnten. "Wir bringen sie auch mit dem Berliner Start-up-Ökosystem zusammen", erzählt Riechert.

Hackathon

Anke Domscheit-Berg veranstaltete im vergangenen Herbst in Berlin einen Refugee Hackathon. Der Zuspruch war groß. Mehr als 300 Programmierer, Designer und Flüchtlinge hätten Lösungen entwickelt, die Flüchtlingen und auch freiwilligen Helfern das Leben erleichtern, erzählt Domscheit-Berg. Man müsse auf die Flüchtlinge hören, um gute Lösungen zu finden, sagt die Aktivistin: "Wir haben gefragt, was ihre größten Probleme sind und wie sie durch digitale Technologien gelöst werden könnten."

Ein Ergebnis der Initiative war der volunteer planer, der bei der Organisation freiwilliger Helfer zum Einsatz kommt. Mehr als 110.000 Freiwilligenstunden in 60 deutschen Städten wurden mit dem Tool koordiniert, erzählt Domscheit-Berg.

Das Tool wurde auch in andere Sprachen übersetzt. Noch im Jänner soll die Website home4refugees starten, die Flüchtlinge, die Quartiere suchen, mit Wohnraumanbietern zusammenbringt.

"Das Rad nicht neu erfinden"

Die Lösungen wolle man spätestens Anfang März über das Projekt "Meta Brain" allgemein zugänglich machen. Helfer könnten so einsehen, welche Lösungen es bereits gebe und müssten das Rad nicht neu erfinden.

Technik alleine werde die humanitäre Krise nicht lösen, meinte Techfugee-Initiator Butcher, aber die Tech-Community könne sich effektiv an der Flüchtlingshilfe beteiligen. Die Einbindung der Flüchtlinge bei den Projekten sei essenziel, sagt Domscheit-Berg. Flüchtlinge seien in vielen Bereichen Experten. "Wir müssen sie auch als Experten behandeln."

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Patrick Dax

pdax

Kommt aus dem Team der “alten” ORF-Futurezone. Beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Innovationen, Start-ups, Urheberrecht, Netzpolitik und Medien. Kinder und Tiere behandelt er gut.

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