Wiener E-Tankstellen im Test
Es gibt sie schon: Pioniere, die mit Elektro-Autos in Wien unterwegs sind. In der Wipark Parkgarage in der Wiener Gonzagagasse im ersten Bezirk stehen insgesamt drei E-Autos und ein E-Moped zum Tanken an den Ladestationen. Die beiden privaten Smarts, die dort geparkt sind, stehen schon mehrere Stunden, denn ihr Stromtank ist beinahe voll. Sie hängen zum Laden an einem sogenannten „Typ 2“-Stecker. Das Kabel ist bei diesem Auto-Typ auf der Seite angebracht.
Der „Typ 2“-Stecker wurde vor Kurzem normiert. Das bedeutet, dass künftig alle E-Autos, die gebaut werden, diesen Ladestecker-Standard beherrschen werden. „Für uns ist das gut, wenn die Steckdosen normiert sind, denn so eine Normierung schafft Investitionssicherheit. Wir werden in Zukunft vermehrt Typ-2-Stecker verbauen“, erklärt Jürgen Halasz, E-Mobilitäts-Experte bei Wien Energie.
Testfahrt
Halasz begleitet die futurezone bei einer Testfahrt, bei der das E-Tankstellen-Netz der Stadt genauer unter die Lupe genommen werden soll. Derzeit gibt es rund 150 Ladepunkte in Wien von Wien Energie, vorwiegend in Parkhausgaragen. Bis November 2014 soll es bereits 440 Ladepunkte für E-Autos geben. So der optimistische Plan von Wien Energie.
Als wir mit unserem Testfahrzeug, einem Nissan Leaf, die moderne Design-Tankstelle am Brahmsplatz im vierten Bezirk aufsuchen, ist der Platz, der für das Laden von E-Autos vorgesehen ist, verparkt. Das Kabel ist zu kurz, um vom Nachbarplatz aus aufzutanken. Wenn die Batterie des E-Autos bereits ziemlich leer ist, könnte dies zum Problem werden. „Wenn einem Auto wirklich einmal der Strom ausgeht, muss man es in der Regel abschleppen lassen. Daher sollte man darauf achten, dass es nicht liegen bleibt“, sagt Halasz. Dazu gebe es „exakte Prognosetools“ im Fahrzeug.
Ungenaue Prognosen
Das Prognose-Tool des Testfahrzeuges ist jedoch alles andere als „exakt“. Die Prognose wird von ursprünglich 136 Kilometer Reichweite binnen weniger Straßenecken auf 97 Kilometer Reichweite reduziert. Auf der Anzeigetafel scheint gar auf, dass bei Inbetriebnahme der Klimaanlage weitere 35 Kilometer abzuziehen seien. Da kann es schon passieren, dass die Reichweitengrenze schneller erreicht wird als prognostiziert.
Zu diesem Zweck gibt es eigens konzipierte Schnellladestationen. Dorthin fahren wir mit dem halb leeren Fahrzeug, denn wir wollen nicht lange warten. Wir landen bei der ersten Schnellladestation, die in Österreich für Elektro-Autos aufgestellt wurde. Sie befindet sich am Beethovenplatz im ersten Bezirk in einer Wipark-Garage.
Schnellladen
„Typ-2“-Steckerkabel, es ist auch schwerer und komplizierter einzustecken. Man braucht dazu eine ordentliche Portion Kraft. Die Ladestation brummt zudem gewaltig, während das Auto Strom tankt. Dies funktioniert auf Basis von Gleichstrom. Genau deshalb ist diese Art des Tankens auch aufwendig, da dafür extra Wechselstrom in Gleichstrom umgewandelt werden muss. Laut Halasz kostete die Implementierung der Schnellladestation rund 100.000 Euro. Das halb leere Auto ist damit innerhalb von 15 Minuten wieder auf 97 Prozent vollgetankt. 15 Minuten, die gerade reichen, um im naheliegenden Postamt einen Brief aufzugeben.
Diese Schnellladestationen sind in Wien allerdings rar. Nur in der Park-&-Ride-Garage Siebenhirten gibt es noch eine, sonst müssen Kunden mit der „beschleunigten Ladung“ durch den „Typ-2“-Stecker auskommen. Das ist mittlerweile auch bei einem Supermarkt im 21. Bezirk möglich, weitere Supermarkt-Standorte sollen folgen. „In 30 Minuten kann ich rund 30 Prozent nachladen, während ich die Jause für den Abend kaufe“, sagt Halasz. „Das sind rund 40 bis 50 Kilometer Reichweite. Für den Nachhauseweg reicht das.“
Wallbox
Zu Hause wartet freilich die eigene „Wallbox“ in der Garage. Eine Ladung dauert bei 3,7 Kilowatt zwischen sechs und acht Stunden. Über Nacht ist dieser Zeitrahmen freilich kein Problem. Geladen wird hier übrigens zum normalen Stromtarif. In einem Miethaus wird etwa ein eigener Stromzähler in der Garage angebracht, über den der Stromverbrauch exakt abgerechnet werden kann. Die „Wallbox“ ist derzeit für die Renault Zoe-Fahrzeuge optimiert, allerdings lassen sich auch andere E-Autos damit aufladen.
Bei den E-Tankstellen wird im Gegenzug zur „Wallbox“-Abrechnung ein anderer Preis verrechnet. Das Laden bei einer Schuko-Steckose mit 3,7 Kilowatt kostet dort 0,78 Euro pro Stunde, das Laden bei der „Typ 2“-Steckdose mit bis zu 11 Kilowatt kostet 2,35 Euro pro Stunde. Verrechnet wird das, anders als zu Hause, über die E-Tanke-Karte von Wien Energie. Diese wird (derzeit) benötigt, um bei den E-Tankstellen von Wien Energie zu laden.
Doch bald wird dies nicht die einzige Möglichkeit sein. Es wird bereits daran gearbeitet, auch die E-Tankstelleninfrastruktur weiterer österreichischer Betreiber wie z.B. in Kärnten oder Niederösterreich, sowie in Folge auch über die Landesgrenzen hinaus, mittels „Roaming“ zu nutzen. Damit fällt bald eine wichtige Hürde, E-Autos wirklich attraktiv zu machen.
14 verschiedene E-Autos
2014 sollen in Österreich insgesamt 14 Autos auf den Markt kommen, die entweder als Hybrid oder E-Auto geführt werden. Darunter befinden sich neben Renault oder Nissan auch BMW. Die E-Tankstellen-Betreiber wie Wien Energie hoffen, dass sich dann ihre Vorleistung, die sie mit dem Aufbau der öffentlichen Infrastruktur eingegangen sind (und weiter eingehen), bald auszahlt. „Wir bekommen dadurch Planungssicherheit und können hoffen, dass sich die Ladestellen doch einmal amortisieren“, so Halasz. Bis dahin wird es unter anderem auch Apps geben, mit denen man sich die nächsten E-Tankstellen anzeigen lassen kann, oder prüfen kann, wie viele davon gerade frei verfügbar sind.
„Bis 2020 wird es in Österreich sicher einige tausend Elektroautos geben. Die Vorteile liegen klar auf der Hand“, ist Halasz überzeugt. Bis dahin dürfte man dann auch Probleme wie die einer ungenauen Prognose im Bezug auf die Reichweite besser in den Griff bekommen haben.