Wenn der 3D-Sound im Kino lauter ist als im Club
„Ich besuche die IMAX-Kinos in den Cineplexx deswegen nicht mehr, weil ich regelmäßig Gehörschäden davon ziehe“, schreibt ein futurezone-Leser in einem Kommentar. „Abartig, wie laut die aufdrehen. Als würde das das Erlebnis verbessern“, ein anderer. Bereits bei der Filmvorschau für den kommenden Blockbuster „ Everest“ lassen sich diese beiden Kommentare gut nachvollziehen. Das erste, das mir in den Sinn kommt, ist: „Tinnitus-Alarm!“ Es ist eigentlich lauter als in vielen Wiener Clubs.
„Noch kraftvoller und präziser“ verspricht der Werbetext für das neue IMAX Immersive-Sounderlebnis, das seit kurzem in zwei IMAX-Kinosälen in Österreich verfügbar ist. Neben dem Cineplexx Graz ist das Apollo Kino Wien eine der beiden Locations, die mit dem neuen IMAX-Soundsystem ausgestattet worden sind. Das Besondere daran: Hinter der 140 Quadratmeter großen Bildwand sind, ebenso wie an den Seitenwänden des Saals sowie an Decke insgesamt sieben Lautsprecher montiert. Die Deckenlautsprecher sollen dabei über den Köpfen der Kino-Besucher schweben – optisch sichtbar sind sie im IMAX-Saal des Apollo Kinos jedoch nicht.
Laut alleine reicht nicht
„Ein perfektes 360 Grad Sounderlebnis“ wird den IMAX-Kinobesuchern im Werbetext versprochen. Doch kann dieses Versprechen auch gehalten werden? Laut alleine ist ja durchaus noch kein Kriterium für „guten Sound“. Während das Gefühl bei den Filmvorschauen, dass es einfach viel zu laut ist, um gut zu klingen, überwiegt, ändert sich das beim Filmstart von „Mission Impossible 5“ jedoch schlagartig. Die Lautstärke normalisiert sich auf ein durchaus erträgliches, sogar angenehmes Level - ist aber noch immer genauso laut wie im Club.
Dies zeigt sehr deutlich gleich vorne weg: Es lässt sich nicht generalisiert beurteilen, wie gut die Immersive-Soundtechnik im Allgemeinen ist, sondern nur, wie gut einzelne Filme für diese optimiert worden und wie gut die einzelnen Filme soundtechnisch abgemischt sind. Im Fall von „Mission Impossible 5“, dem Blockbuster rund um den Topspion Ethan Hunt (gespielt von Tom Cruise), ist die Optimierung des Sounds für die 3D-Umgebung durchaus als gelungen zu bezeichnen, allerdings mit dem Abstrich, dass sie nur bei einigen wenigen Szenen wirklich gut zur Geltung kommt.
Spannung wird erhöht
Gleich bei der ersten Action-Szene zu Beginn des Films, bei der Cruise außen an der Tür eines Airbus A400 hängt, während das Flugzeug bereits abhebt, verstärkt durch den geschickten Einsatz der sieben Lautsprecher den Gänsehauteffekt. Man hat tatsächlich das Gefühl, dass das Flugzeug über den Köpfen der Kino-Besucher schwebt. Die verschiedenen Geräusche kommen aus unterschiedlichen Ecken, was wiederum die Spannung der Szene erhöht. Denn: Abseits des spektakulären Stunts kann diese Szene relativ wenig und ist eher eine der langweiligen in dem sonst sehr spannenden, mit vielen kleinen Pointen ausgestatteten Geheimdienst-Thriller.
Eine weitere Szene, bei der der „Immersive“-Sound gut zur Geltung kommt, ist relativ am Schluss des Films platziert: Die Verfolgungsjagd in Casablanca, bei der Autos und Motorräder zum Einsatz kommen. Hier ist nicht nur Cruise ganz in seinem Element, sondern auch der Sounddesigner – und der Mensch, der den Film für den 3D-Sound „Immersive“ optimiert hat, hat sich auch ordentlich ausgetobt. Bei der Ralley zahlen sich die Lautsprecher, die über den Köpfen der Kinobesucher montiert sind und den Sound von hinten nach vorne transportieren, wirklich aus.
Szenen in Wiener Opern enttäuschen
In den restlichen Teilen des Streifens wirkt sich der Rundum-Sound nur sehr gering aus: Etwa dann, wenn eine Pistole klickt oder ein Schlag kommt. Wirklich enttäuschend war das Erlebnis nur bei einer der Schlüsselszenen für die österreichische Bevölkerung: Der Szene, die in der Wiener Staatsoper gedreht wurde. Die Musik von „Turnadot“ würde in 3D sicherlich gut klingen, sie kam jedoch nur von den beiden frontalen Lautsprechern. Auch die Actionszenen, die sich dann bei einem bestimmten Punkt der Partitur ereigneten, kamen nicht dreidimensional daher, sondern höchstens im Surround-Modus. Ein kleiner Minuspunkt bei der Nachbearbeitung, denn hier hätte man durchaus mehr rausholen können.
Fazit
Ist es jetzt also wert, in ein IMAX-Kino mit „Immersive“-Sound zu pilgern? Das kommt ganz auf den Film drauf an. „Mission Impossible 5“ wurde nicht mit IMAX-Kameras gedreht, sondern der Film nur entsprechend nachbearbeitet. Daher macht es aus dieser Sicht wenig Sinn. Der „Immersive“-Sound dürfte für Freunde des Action-Genres aber durchaus einige positive Überraschungen mit sich bringen. Im Kinosaal ist es nicht nur so laut wie im Club, sondern der Sound ist auch deutlich besser optimiert als im Club.
3D-Sound hat durchaus die Fähigkeit, Spannung aufzubauen und Emotionen zu verstärken. Bei Filmen wie „Mission Impossible 5“ ist das deutlich spürbar. Das Gesamterlebnis aus Film, Bild und Ton war auf jeden Fall äußerst positiv. Tinnitus gab’s am Ende des Abends auch keinen.
Einen Extra-Aufpreis für die „Immersive“-Technologie gibt es in den beiden IMAX-Sälen übrigens nicht. Aber der Besuch des IMAX ist generell wesentlich teurer: Der Aufpreis beträgt im Apollo-Kino an Kinotagen 2,90 Euro. Ob es das wert ist, muss am Ende wohl jeder für sich selbst entscheiden.
Disclaimer: Die Kinokarte für "Mission Impossible 5" wurde vom Cineplexx zur Verfügung gestellt.