Austria Game Jam - Wer macht das Spiel?
Von Müdigkeit war nichts zu bemerken, als man Sonntagabend den Böcklsaal in der Technischen Universität Wien betrat. Das, obwohl viele anwesende Teilnehmer die vergangenen 48 Stunden großteils mit Programmieren, Designen oder Komponieren verbracht hatten. Die Veranstaltung im Rahmen des Global Game Jam hat sich zum Ziel gesetzt, Menschen mit den unterschiedlichsten beruflichen Hintergründen zusammenzubringen, damit sie gemeinsam an neuen Projekten arbeiten. Mitveranstalter Roland Moritz erzählt vor Ort: "Die Game Jam ist eine Mischung aus Workshop und Wettbewerb. Wir wollen bewusst einen Fokus auf den kreativen Part der Spielentwicklung legen und freuen uns besonders, wenn Musiker oder Grafiker teilnehmen, die eigentlich gar nichts mit Spieleentwicklung zu tun haben."
Ghettoblaster oder Soda-Maschine
Aus dieser Sparte kommt auch Teilnehmer Vinzenz. Er hat eigentlich mit Spieleentwicklung nichts zu tun. Vinzenz macht privat Musik und studiert am Juridicum in Wien. Über den Informatik-Studenten Simon hat er von der Game Jam erfahren und wollte ebenfalls seinen Teil dazu beitragen. Gemeinsam haben die Beiden das Spiel "The last day" entworfen, wobei sich Vinzenz um die Vertonung gekümmert hat während Simon den Programmierteil übernahm. In ihrem Projekt findet sich der Spieler als letzter Überlebender einer nicht näher beschriebenen Apokalypse auf der Erde wieder. Mit der Hilfe eines Raumschiffs soll die Flucht gelingen. Der Spieler muss etwa zwischen Ghettoblaster oder Soda-Maschine entscheiden, was auf die ungewisse Reise mitgenommen werden soll.
Im Vorbeigehen programmiert
Auch für den Teilnehmer Bora ist die Entwicklung von Computerspiele ein neues Feld. Er kommt eigentlich aus der Türkei und lebt erst seit weniger als einem halben Jahr in Wien. Buchstäblich im Vorbeigehen ist er auf die Game Jam aufmerksam geworden und entschied sich mitzumachen. Als Grafiker trug er seinen Teil zum Spiel "Super Extinction" bei. "Ich bin hier angekommen, ohne jemanden zu kennen konnte nun bei diesem tollen Projekt mitarbeiten." Die Entwicklung des Spiels ist für Bora mit Ende der heurigen Game Jam noch lange nicht abgeschlossen: "Es sollen noch zwei verbesserte Versionen erscheinen - mindestens."
In Super Extinction kämpft der Spieler einerseits gegen den eigenen Hunger, und andererseits gegen rote Monster. Jene können mit drei verschiedenen Waffen bekämpft und anschließend aufgefressen werden. Die noch lebendigen Monster fressen ihre toten Kollegen jedoch ebenfalls auf und vermehren sich daraufhin immer mehr. Das Spiel kam bei den Anwesenden gut an und die Entwickler konnten den Austria Game Jam-Award mit nach Hause nehmen. Die Entscheidung fällten die 15 Teilnehmer und Organisatoren, die bei der Präsentation anwesend waren.
Windiges Game
Super Extinction war nicht der einzige Gewinner: Mit gleicher Stimmenanzahl platzierte sich das Spiel "Fire" ebenfalls an oberster Stelle des Siegespodests. In dem Spiel muss der Nutzer ein Feuer bei der Ausbreitung behilflich sein und so möglichst viel Land niederbrennen.
Um das zu erreichen, kann mittels der Cursor-Tasten die Windrichtung beeinflusst werden. Die Entwickler hatten sogar genug Zeit einen Social-Web-Aspekt einzubauen - die neu aufgestellte High-Score kann direkt über das Spiel an Twitter weitergeleitet werden.
App-Stores als Chance
Die global Game Jam konnte auch heuer wieder als großer Erfolg verbucht werden. Sowohl bei den Teilnehmern als auch bei den Spielen wurde zahlenmäßig ein neuer Rekord aufgestellt. Auch Veranstalter Jürgen Musil war mit dem Wien-Ableger zufrieden: "Unser Resumé der Veranstaltung ist, dass eine Verdopplung bei den erstellen Games erzielt worden ist und einen Großteil der Teilnehmer, Leute waren, die das erste Mal bei einer Game Jam teilgenommen haben." Auch eine Veränderung der globalen Szene macht sich laut Musil bemerkbar: "Natürlich verändern Smartphones und die dazugehörigen Applikationen das Spielefeld enorm. Neue Distributionsmöglichkeiten helfen vor allem kleineren Entwicklern ihre Spiele zu verbreiten. Und bei einer Menge von 1500 Games besteht natürlich immer die Möglichkeit, dass der ein oder andere Hit dabei ist."
Auch von den verschiedenen Ergebnissen ist Musil überzeugt: "Ziel eines Game Jams ist ja, gemeinsam möglich viele experimentielle Games zu einem Thema zu erstellen und nicht der eines klassischen Programmierwettbewerbs - dieses Ziel wurde aus unserer Sicht vollkommen erreicht." Wenn es nach den Veranstaltern geht, wird es nächstes Jahr wieder eine Game Jam in Wien geben. Man darf gespannt sein, was sich die Teilnehmer dann für neue Ansätze überlegen werden. Wer die Spiele der heurigen Veranstaltung selber ausprobieren will kann dies kostenlos tun - sämtliche Projekte stehen auf der Webseite des Global Game Jams zum Download bereit.
(Thomas Prenner)
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