EU-Pläne für digitalen Binnenmarkt: Netflix & Co. überall
Wer sein Netflix- oder Sky-Abo künftig in anderen EU-Ländern abrufen will, soll darauf genauso zugreifen können wie in seinem Heimatland. „Menschen, die Inhalte legal kaufen, müssen in der Lage sein, sie überall in Europa mitzunehmen“, sagte Andrus Ansip, Vizepräsident der EU-Kommission, bei der Vorstellung der Kommissionsvorschläge zur Bereitstellung digitaler Inhalte. Die Regelung soll ausschließlich für bezahlte Dienste gelten. Sie soll sicherstellen, dass Kunden im Ausland dieselben Rechte haben wie zuhause. Allerdings gibt es eine Einschränkung. Die Regelung gilt nur bei „vorübergehenden Aufenthalten“ in anderen EU-Staaten, etwa bei Geschäftsreisen oder im Urlaub. So solle etwa verhindert werden, dass sich EU-Bürger Pay-TV dort kaufen, wo es am billigsten ist, wie EU-Digitalkommissar Günther Oettinger ausführte.
Entschädigung bei digitalen Gütern
Verbrauchen sollen künftig auch bei grenzüberschreitenden Online-Käufen in der EU besser geschützt werden. Sie sollen etwa bei Downloads voll entschädigt werden, wenn sie mangelhaft sind oder nicht funktionieren. Einer von drei EU-Bürgern habe im vergangenen Jahr Probleme mit Online-Inhalten gehabt, sagte EU-Justizkommissarin Vera Jurova. Aber nur einer von zehn EU-Bürgern sei dafür voll entschädigt worden.
Einheitliches Vertragsrecht
Für physische Güter, die online verkauft werden, soll es künftig EU-weit ein einheitliches Vertragsrecht geben. Die Garantie soll auf zwei Jahre vereinheitlicht werden. Käufer müssen künftig auch nicht mehr nachweisen, dass Produkte bereits bei der Lieferung defekt waren. Die Regelung bringe Konsumenten Rechtssicherheit und Vertrauen, aber auch Online-Händler könnten ihre Güter einfacher in anderen EU-Ländern anbieten. Jurova rechnet damit, dass rund 120.000 Händler ihre Güter EU-weit anbieten werden. Zwischen acht und 13 Millionen Kunden würden online künftig auch in anderen EU-Ländern einkaufen, schätzte die EU-Kommissarin. Inkraft treten werden die neuen Regelungen, denen noch die Mitgliedsstaaten und das EU-Parlament zustimmen müssen, frühestens 2017.
Modernisierung des Urheberrechts
Die Kommission will auch das Urheberrecht modernisieren. Themen werden unter anderem die grenzüberschreitende Verbreitung von Fernseh- und Radioinhalten, sowie die Frage der Regulierung von Online-Plattformen sein, kündigte Digitalkommissar Oettinger an. YouTube verbreite zwar genauso wie TV-Unternehmen Inhalte, Werbegrenzen, Qualitätskontrollen und Jugendschutz würden für die Plattform aber derzeit nicht gelten, sagte Oettinger. Dasselbe treffe auf Fintechs – Start-ups, die Finanzdienstleistungen anbieten – zu. Sie haben nicht dieselben Pflichten wie Banken, sagte Oettinger „Unser Ziel ist ein fairer Wettbewerb."
„Es muss Geld in die Hand genommen werden“
Auch eine "faire Vergütung" für Online-Inhalte will die EU-Kommission erreichen. „Wir wollen online alles herunterladen und anschauen, möglichst kostenlos, der Kreativwirtschaft und Verlagen würde aber die „berufliche Grundlage“ entzogen, „wenn Piraterie und kostenfreier Zugang die Regel wird“, sagte Oettinger Die EU-Kommission werde Vorschläge zu Lizenzen und fairer Bezahlung machen: „Es muss Geld in die Hand genommen werden, damit für Rechteinhaber und Verleger die ökonomische Grundlage erhalten bleibt.“ Oettinger spielte damit auch auf ein von der Kommission geplantes EU-weites Leistungsschutzrecht an , durch das Nachrichtenaggregatoren zu Zahlungen an Verleger verpflichtet werden sollen. Dass damit, wie etwa von der EU-Abgeordneten Julia Reda befürchtet, Hyperlinks genehmigungspflichtig werden, stellt Kommissionsvizepräsident Ansip in Abrede: „Es gibt keine Pläne Hyperlinks zu besteuern.“
Ausnahmen
Ausnahmen im Urheberrecht sind für „Text- und Data-Mining“, bei dem große Datenmengen analysiert werden, sowie im Bildungsbereich vorgesehen. Verschärfen will Oettinger die Rechtsdurchsetzung bei Urheberrechtsvergehen. „Wir werden die Instrumente verbessern, um illegale Inhalte schneller löschen zu können“, so der EU-Kommissar. Auch das Geoblocking will Oettinger weiter angehen. Dabei soll es aber für europäische Filme Ausnahmen geben. Die wären in einem digitalen Binnenmarkt gegenüber Google und Hollywood nicht konkurrenzfähig. Die heute vorgestellten Regeln zur Portabilität von Inhalten seine bestenfalls die Vorspeise, sagte Oettinger. Die Hauptspeise werde im ersten Halbjahr des nächsten Jahres folgen.