Kampagne: "Was weiß Twitter über dich?"
Die in Großbritannien angesiedelte Organisation Privacy International beschäftigt sich seit mehr als 21 Jahren mit Fragen rund um die Privatsphäre und Datenschutz. Nun hat sie aus aktuellem Anlass eine Kampagne gestartet, in der sie europäische Twitter-Nutzer dazu aufruft, ein Auskunftsbegehren zu stellen.
Nutzer sollen von Twitter per E-Mail erfragen, welche persönlichen Daten und Nachrichten Twitter von einem speichert (hier fällt auch rein, ob bereits gelöschte Tweets noch am Server gespeichert werden, oder wann und ob diese Daten von den Servern gelöscht werden). Zudem soll der Microblogging-Dienst Auskunft darüber erteilen, welche IP-Adressen mit dem Account verbunden sind.
"Freunde finden" und das Adressbuch
Auch die Kontakte, die von Twitter via App und der "Freunde finden"-Funktion gesammelt werden, sollen beauskunftet werden. Denn erst vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass Twitter Adressbuchdaten von Smartphone-Nutzern für 18 Monate speichert. Wenn man die "Freunde finden"-Funktion aktiviert (bzw. via Smartphone oder iPhone drauf clickt), überträgt Twitter das gesamte Adressbuch auf seine Server und speichert die Kontakt-Daten - Name, E-Mail-Adresse und Telefonnummer - für 18 Monate, ohne dass vom Nutzer eine entsprechende Genehmigung eingeholt wird. Sowohl Android- als auch iOS-User sind davon betroffen.
Beauskunftet werden soll aber auch, ob Twitter die persönlichen Daten, IP-Adressen oder Nachrichten an Dritte weitergegeben hat und wenn ja, an wen. Diese Forderung steht unter anderem im Zusammenhang mit dem Fall WikiLeaks. Im Zuge einer US-Prüfung wurden Twitter-Daten mehrerer WikiLeaks-Unterstützer und ehemaliger Unterstützer angefordert. Diese kämpfen seither vehement gegen die Herausgabe der Daten an.
Twitter soll Datenschutzrichtlinien überdenken
Mit dieser Kampagne will die Datenschutz-Organisation zweierlei erreichen: Einerseits sollen europäische Bürger ihre Rechte ausüben können (und da gehört das Recht auf Auskunft dazu), andererseits möchte man damit ein Bewusstsein für den Umgang mit Daten schaffen. "Wir hoffen, dass wir durch die Bewusstseinsbildung Klarheit darüber bekommen, was für Informationen Twitter über seine Nutzer wirklich sammelt und speichert", heißt es seitens der Organisation.
Man hofft seitens Privacy International zudem darauf, Twitter dazu bewegen zu können, seine Datenspeicherungsrichtlinien zu überdenken. Denn nachdem rausgekommen war, dass Twitter das Adressbuch seiner Smartphone-Nutzer speichert, kündigte das Unternehmen lediglich an, die Nutzer besser über diesen Prozess aufklären zu wollen.
Inspiriert von Max Schrems
Die Organisation gibt zudem an, bei der Planung der Kampagne durch die Initiative europe-v-facebook.org rund um den Wiener Studenten und Datenschützer Max Schrems inspiriert worden zu sein. Schrems fragte sich: „Welche Daten hat Facebook eigentlich über mich gespeichert?“ Darauf wollte der 24-jährige Jus-Student im August 2011 eine Auskunft. Möglich wurde eine derartige Anfrage an Facebook deshalb, weil das Social Media-Unternehmen einen Firmensitz in Irland hat. Nach anfänglichem Zögern rückte Facebook einen großen Teil der Daten heraus. Auf insgesamt 1200 Seiten wurden Schrems Aktivitäten auf Facebook protokolliert.
Auch Twitter hat ein Büro in Europa - und zwar in Großbritannien. Deshalb hätten europäische Bürger auch hier ein Recht auf Auskunft, so die Organisation Privacy International. Interessierte Twitter-Nutzer finden nun auf folgender Website einen englischen Text, den sie an Twitter senden können, um ein derartiges Auskunftsbegehren zu stellen.
Erfolg noch ungewiss
Da die Kampagne erst seit Donnerstag läuft, hat bisher noch kein Nutzer seine Daten von Twitter bekommen. Wie auch Facebook hat auch Twitter insgesamt 40 Tage lang Zeit, die Daten rauszurücken, wenn Nutzer alle Schritte, die notwendig sind, um an ihre Daten gelangen, durchgeführt haben. Facebook hatte nach einer Flut von rund 40.000 Anfragen gar keine, oder nur noch sehr unzureichende, Auskünfte mehr erteilt. Auch Schrems hat nach einem dreiviertel Jahr noch immer keine volle Auskunft über alle Datenkategorien bei Facebook erlangt. Es bleibt abzuwarten, ob das nächste US-Unternehmen, Twitter, nun besser abschneidet.
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