Netzpolitik

Netz-Gesetz von Nutzern: "Es kann groß werden"

"Es ist eines der größten Probleme, dass das Internet eingeschränkt werden könnte und darunter die Demokratie leidet",  sagt der Reddit-Nutzer mit dem Nickname RoyalWithCheese22. Der 39-jährige Österreicher, der anonym bleiben möchte, gab Ende Jänner auf dem Social News Aggregator den Anstoß zum "Free Internet Act". Mit dem von Nutzern verfassten Internet-Gesetz soll Internet-Zensur verhindert und "Wohlstand, Kreativität, Unternehmergeist und Innovation gefördert werden", wie es in einer Erklärung auf Reddit heißt.

Internet-Zensur und Nutzerrechte
Seit mittlerweile einem Monat schreiben die Nutzer der Plattform an dem Gesetzesvorschlag. Bislang beinhaltet er neun Artikel. Die Themen umfassen Internet-Zensur, Zugangsbeschränkungen, die Entfernung von Inhalten, rechtliche Vorgehensweisen bei Urheberrechtsverstößen und die Rechte von Internet-Nutzern.

"Regierungen werden keine Gesetze erlassen oder Abkommen ratifizieren, die die Verpflichtung zur Zensur des Internet enthalten", steht in Artikel I. Verantwortlich für Inhalte seien ausschließlich jene, die sie hochgeladen haben, heißt es an anderer Stelle. Mitunter wirkt der Text unausgegoren oder verliert sich in Details, etwa dann, wenn es um die Berechnung von Schadenersatzansprüche bei Urheberrechtsvergehen geht. Der Entwurf weist auch noch viele Leerstellen auf.

"Noch sehr ungeschliffen"
"Der Text ist noch sehr ungeschliffen und wird noch ein Input von Experten brauchen, bevor er spruchreif wird", sagt RoyalWithCheese22 zur futurezone. Fast 1000 Nutzer verfolgen auf Reddit den Fortschritt an dem Vorhaben. 50 bis 100 beteiligen sich aktiv am Verfassen des Textes. "Bisher sind wir eigentlich nur ein paar engagierte Leute, die etwas für das Internet tun wollen", so der Initiator: "Ich hoffe, dass wir auch das Interesse von Rechtsexperten und technisch versierten Leuten wecken, die ein paar der Probleme mit uns lösen."   

"Global gültige Vereinbarung"
Ziel sei es eine global gültige Vereinbarung zu schaffen. Momentan gäbe es aber auch Probleme mit der kollaborativen Bearbeitung. In den frei editierbaren Versionen des Dokumentes finden sich immer wieder Verballhornungen, wie etwa "The Fart Internet Act". Mit komplett offenen Dokumenten könne man nicht arbeiten, meint er. "Wir müssen die Leute rausfiltern, die nur stören wollen."

Breites Medieninteresse
Wohl auch weil Reddit bei den Netzprotesten gegen die mittlerweile auf Eis gelegten US-Gesetzesvorhaben SOPA (Stop Online Piracy Act) und PIPA (Protect Intellectual Property Act) eine wichtige Rolle spielte, war das Medieninteresse an der Initiative groß. Mashable berichtete ebenso wie die Huffington Post, Techdirt und die Zeit online. "Ich war schon sehr erstaunt, dass das so eingeschlagen hat", meint RoyalWithCheese22, der sich für seinen Nickname von Quentin Tarrantinos Film "Pulp Fiction" inspirieren ließ. Der Anstoß für den "Free Internet Act" war das erste Posting des Österreichers auf der Plattform.

"Anonymität wichtig"
Das Internet nutzt der 39-Jährige seit mehr als zehn Jahren. "Seit Twitter und Facebook groß geworden sind, hat das Netz für mich mehr oder minder traditionelle Medien ersetzt", sagt RoyalWithCheese22. Anonym bleiben möchte er, weil er will, dass über das Internet-Gesetz und nicht über seine Person diskutiert wird. Das Recht auf Anonymität sieht er aber auch als wesentlichen Bestandteil eines Internet-Gesetzes: "Das ist vor allem in repressiven Regimen wichtig."

"Nicht nur auf Meinung von Lobbyisten hören"
Den neuen Protestbewegungen aus dem Netz schreibt RoyalWithCheese22 großes Potenzial zu. Leute, die mit dem Internet aufwachsen, sei das Thema wichtig: "Es wird nicht mehr lange akzeptabel sein, dass Politiker, die keine Ahnung vom Internet haben, bei der Gesetzgebung nur auf Meinungen von Lobbyisten hören."

Von den traditionellen Parteien hält er wenig. "Hätte es keine Proteste gegen ACTA gegeben, hätte sich die Politik überhaupt nicht um das Internet gekümmert", meint der Aktivist, der auch an einer Demonstration gegen das umstrittene Handelsabkommen teilnham: "Die nervt das eher, dass die Leute auf die Straße gehen und sagen wir wollen unsere Freiheit nicht für Hollywood opfern." Der Piratenpartei traut er jedoch einiges zu.

"Es kann groß werden"
Und wie geht es mit dem nutzergenerierten Internet-Gesetz weiter? Nun müsse ein möglichst brauchbares Dokument entwickelt werden, sagt RoyalWithCheese22. "Ohne die massive Unterstützung der Bevölkerung werden wir das aber nicht durchbringen." Er sei jedoch zufrieden, dass die Idee angenommen werde, dass die Öffentlichkeit selber Gesetze schreiben könne.

Laut den Plänen der Reddit-Initiative soll das Internet-Gesetz der EU-Kommission im Rahmen der neuen EU-Bürgeriniative vorgelegt werden. Solche Bürgerinitiativen sind ab 1. April möglich. Sie setzen - je nach Mitgliedsstaat - eine bestimmte Anzahl von Unterstützungserklärungen voraus. Auch vor dem US-Kongress und -Senat soll das Papier präsentiert werden. Eine Prognose über den Erfolg der Initiative traue er sich noch nicht abzugeben, sagt der Initiator des "Free Internet ACT": "Es kann aber groß werden."

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Free Internet Act (FIA)
Die Diskussion zum "Free Internet Act" kann auf einer reddit-Unterseite verfolgt werden: FIA: The Reddit Free Internet Act. Dort können auch aktuelle Textversionen eingesehen werden.

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Patrick Dax

pdax

Kommt aus dem Team der “alten” ORF-Futurezone. Beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Innovationen, Start-ups, Urheberrecht, Netzpolitik und Medien. Kinder und Tiere behandelt er gut.

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