Netzpolitik

Österreich verspricht Gigabit-Internet für alle bis 2030

Vom Breitbandmusterland ist Österreich im internationalen Vergleich weiterhin kilometerweit entfernt. Das mit der Breitbandmilliarde im Jahr 2013 ausgerufene Ziel, Österreich bis Ende 2020 flächendeckend mit schnellem Internet von 100 Mbit/s zu versorgen, ist gescheitert. Gerade einmal 10 Mbit/s konnten laut aktuellen Erhebungen erreicht werden. Und beim Glasfaser-Netz belegte Österreich in Europa in den vergangenen Jahren wiederholt den letzten Platz.

2030 bleibt Ziel für Gigabit-Anbindung

Ungeachtet dessen hatte Bundesministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) bereits im Jänner anlässlich einer aktuellen Erhebung von „äußerst erfreulichen Zahlen“ und „eklatanten Verbesserungen“ gesprochen. Trotz des damals ausgerufenen „gewaltigen Sprung nach vorne“ heißt das Ziel nun aber nur mehr 100 Mbit/s Grundversorgung für 77 Prozent der Haushalte bis 2024.

Am bereits vor Jahren ausgerufenen Ziel, Österreich bis Ende 2030 flächendeckend mit einer superschnellen Gigabit-Versorgung auszustatten, hielt die Ministerin hingegen fest. Dieser Richtwert stand auch beim am Freitag einberufenen "Breitbandgipfel" im Mittelpunkt, zu dem neben Vertretern aus Bund, Ländern und Gemeinden auch Industrievertreter und die Telekomunternehmen geladen waren.

Kaum konkrete Ankündigungen

Bei der danach einberufenen Pressekonferenz blieben die Akteure allerdings vage. Wie Corona gezeigt habe, sei leistungsstarkes Internet in allen Bereichen, von Betrieben über Homeschooling bis zu Landwirtschaft, Tourismus und Online-Shopping essenziell, lautete der gemeinsame Tenor. Mit dem heutigen Breitbandgipfel habe man eine Allianz für den Breitbandausbau in Österreich schließen könne, teilte Köstinger mit. Sie verkündete zudem die neue "Plattform Internetinfrastruktur Austria 2030 - PIA 2030", über die die Vorgehensweise abgestimmt werde.

Die verfügbare Downloadrate kann online unter breitbandatlas.gv.at geprüft werden (Stand Juni 2020)

Auf Nachfrage der futurezone, warum das Ziel von 100 Mbit/s bis 2020 nicht erreicht werden konnte und nun nach unten korrigiert wurde, verwies Köstinger indirekt auf Versäumnisse ihrer Vorgänger. Sie habe das Amt erst im März 2020 übernommen. Sie verwies zudem einmal mehr auf die zuletzt erzielten Verbesserungen und erklärte, dass mit allen zugesagten Förderungen der vergangenen Breitbandmilliarde das Ziel von 100-Mbit-Versorgung zu 80 Prozent erreicht wurde. Woher diese Zahl stammt, ist unklar. Bei der letzten Erhebung hieß es, 80 Prozent der österreichischen Haushalte seien nun mit 30 Mbit/s versorgt.

5G statt Glasfaser

Keine konkreten Aussagen waren der Ministerin auch zum Thema Glasfaser-Ausbau zu entlocken. "Wir haben bei der aktuellen Bestandsaufnahme zeigen können, dass wir auch bei Glasfaser bereits aufholen konnten und nun im Mittelfeld liegen", sagte Köstinger. Bei der Gigabit-Anbindung sei man aktuell bereits bei 42 Prozent aller österreichischen Haushalte. Im Jänner lag dieser Wert zuletzt bei 38 Prozent.

Zwischen den Zeilen war hingegen herauszuhören, dass vor allem 5G eine wichtige Rolle bei der österreichischen Breitbandstrategie spielen soll. Angesichts der hohen Affinität der Österreicher*innen zu mobilen Datenverbindungen und des vergleichsweise gut ausgebauten Mobilfunknetzes liegt dies auf der Hand. Köstinger zufolge biete 5G auch eine hervorragende Chance, die Lücke zwischen Glasfaser-Anschluss und den Menschen in ländlichen Regionen zu schließen.

Auch beim Arbeitsprogramm, das mit dem Start der neu angekündigten Plattform festgelegt wird, wurde die 5G-Strategie des Bundes als erstes konkretes Thema genannt. Die Plattform wird von Köstingers Ministerium, der Regulierungsbehörde RTR und der Förderagentur FFG koordiniert.

Die Angst vor 5G in Gemeinden

Auf die Kritik der Mobilfunker, dass Antennenstandorte von Gemeinden zu überteuerten Tarifen vermietet werden, ging der Präsident des Österreichischen Gemeindebunds, Alfred Riedl, in der Pressekonferenz nicht ein. Er lenkte den Fokus eher auf die Verunsicherung von Bürger*innen beim Thema 5G, das dann wiederum bei Bürgermeistern aufschlage. Mit den Ängsten und Sorgen müsse man sich noch intensiver beschäftigen und den ganzen Ausbauprozess offener begleiten, ist Riedl überzeugt.

Dass eine zweite Fördermilliarde kommt, mit der das Gigabit-Ziel für 2030 geschafft werden soll, ist bereits beschlossene Sache. Welche Akteure davon am meisten profitieren werden und wie sich diese dafür in Stellung bringen, werden die kommenden Wochen und Monate zeigen. Die Mobilfunker, die bei der Pressekonferenz nicht vertreten waren, zeigten sich in ihren ersten Reaktionen optimistisch und begrüßten die neu geschaffene Plattform.

Bei der ersten Breitbandmilliarde hatten Drei und Magenta, aber auch der damalige Breitband-Provider UPC wiederholt die angebliche Schieflage bei Förderungen zugunsten von A1 und deren Festnetz-Technologien kritisiert. Köstinger versprach generell mehr Transparenz bei Vergaben und Bauprojekten sowie vereinfachte Verfahren und Entbürokratisierung bei Breitbandprojekten. "Die Frage des Ausbaus nicht nur eine der Finanzierung, sondern auch der optimalen Koordinierung", sagte die Ministerin.

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Martin Jan Stepanek

martinjan

Technologieverliebt. Wissenschaftsverliebt. Alte-Musik-Sänger im Vienna Vocal Consort. Mag gute Serien. Und Wien.

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