Swift: USA haben deutlich mehr Einsicht
Wie die EU-Kommission laut Financial Times Deutschland einräumte, können die USA im Rahmen des Swift-Abkommen auch auf Überweisungen von einem EU-Land ins andere zugreifen, wenn sie über das System Swiftnet Fin erfolgen. Auch ein Sprecher des Finanzdienstleisters Swift bestätigte dies.
Nur Sepa-Überweisungen nicht betroffen
Der deutsche Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) etwa hatte erklärt, innereuropäische Überweisungen würden vom Swift-Vertrag generell nicht erfasst. Tatsächlich schütze das Abkommen nur Daten, die über den 2008 eingeführten einheitlichen europäischen Zahlungsverkehrsraum (Sepa) laufen.
Swift wickelte 2010 aber noch monatlich 200 Millionen Transaktionen in der Region Europa/Naher Osten/Afrika über Swiftnet Fin ab. Für eine Transaktion nach Sepa-Standard müssten ihn Absender- und Empfängerbank einführen. Kleinere Institute und Sparkassen tun sich aber schwer mit der komplexen und teuren Umstellung, die laut EU bis 2013 erfolgen soll.
Genaue Zahl unbekannt
Die genaue Zahl der von einer Weiterleitung betroffenen Überweisungen sei unklar. Die Daten könnten nach Freigabe durch Europol und einen EU-Kontrolleur an die USA gegeben werden. Deren Behörden prüften Geldströme unter dem im Juni 2010 geschlossenen Swift-Vertrag auf mögliche Terrorfinanzierung.
Ein Sprecher des deutschen Bundesinnenministeriums bestätigte den möglichen Datentransfer. Er betreffe aber nur Ausnahmen wie Großbetragszahlungen von Bank zu Bank oder sogenannte Blitzüberweisungen, sagte er.
Aussetzung des Abkommens gefordert
Entdeckt wurde die Datenlücke vom unabhängigen österreichischen EU-Abgeordneten Martin Ehrenhauser (Liste Martin). "Die Öffentlichkeit wurde beim Swift-Abkommen hinters Licht geführt. Aussagen von verhandlungsführenden Politikern entsprechen offensichtlich nicht der Wahrheit", sagte Ehrenhauser. Er forderte als Konsequenz einen Stopp des Datentausches mit den USA und neue Verhandlungen.
"Das ist ein untragbarer Zustand", betonte der SPÖ-Delegationsleiter im EU-Parlament, Jörg Leichtfried. Auch er sprach sich für ein sofortiges Aussetzen des Swift-Abkommens aus. Ernst Strasser, ÖVP-Delegationsleiter im EU-Parlament, forderte eine Klarstellung der EU-Kommission, über den Umfang, in dem innereuropäische Daten von den USA angefordert werden können: "Vorher sollten keine voreiligen Schlüsse gezogen werden."
Nach dem Swift-Abkommen können US-Behörden seit 1. August 2010 wieder die Daten europäischer Bankkunden für die Terrorismusjagd auswerten. Das Europaparlament stimmte der Regelung nach Nachbesserungen beim Datenschutz zu. Eine erste Fassung war im Februar abgelehnt worden.
Geheimniskrämerei um Swift-Kontrolleur
(dpa)