VKI: Mindeststandards bei Handyproduktion
Mobiltelefone und Smartphones zählen für viele Menschen zu den täglichen Begleitern im Alltag. Doch kaum einer weiß, unter welchen Bedingungen die geliebten technischen Geräte hergestellt werden. Dies hat der VKI jetzt versucht, herauszufinden. Die Ergebnisse sind ernüchternd. Kaum ein Smartphone-Hersteller schnitt beim Ethik-Test gut ab: Apple, HTC, Nokia, aber auch RIM und Sony Ericsson lagen auf den hintesten Rängen.
Lediglich Samsung zeigte mehr Engagement und führte den VKI durch drei ihrer Produktionsstätten in China und Südkorea. "Auch hier gab es gewisse Mängel, aber es konnten keine groben Versäumnisse wie etwa Kinderarbeit beobachtet werden", erzählte Peter Blazek vom VKI gegenüber der FUTUREZONE. Doch auch bei Samsung existiert beispielsweise kein Monitoring, das zeigt, ob auch die Lieferanten soziale und ökonomische Standards einhalten. Anfang des Jahres nahm sich etwa der 26-jährige Arbeiter Kim Joo Hyun das Leben, weil er unter einer Hautkrankheit litt, die durch den täglichen Umgang mit giftigen Substanzen entstanden ist. Das ist auf der Website der Initiative Clean IT zu lesen, die sich für faire Arbeitsbedingungen in der Computer-Industrie einsetzt.
"Samsung bemüht sich sehr"
"Misstände lassen sich nirgendwo komplett ausschließen. Samsung bemüht sich aber sehr und verfolgt eine offene Informationspolitik und hat ein Ehtik-Bewusstsein", so Blazek.Während Samsung fast 80 Prozent der Kriterien erfüllte, erreichte weder Apple noch Nokia einen Wert von 20 Prozent. Neben Samsung gab lediglich LG Auskünfte über ihre Produktionsbedingungen. Statt einer klassischen Werksführung gab es hier allerdings nur eine Telekonferenz mit einem Werksleiter.
Apple, Nokia und Sony Ericcson verweigerten jegliche Information zu den Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter in ihren Produktionsstätten und füllten nicht einmal den standardisierten Fragebogen des VKI aus. "Das ist nicht weiter verwunderlich, da diese Unternehmen Komponenten in Foxconn-Werken produzieren lassen", meint Blazek.
Schlechte Arbeitsbedingungen
Die taiwanesische Zulieferfirma für elektronische Produkte, die nach eigenen Angaben bald mehr als eine Million Menschen beschäftigt, fiel bereits in der Vergangenheit negativ auf. Das Unternehmen war wegen einer Überstundenpflicht fernab aller Grenzen, Dumpinglöhnen und systematischen Repressionen ins Kreuzfeuer der Kritik gekommen. Die Mitarbeiter, die vorwiegend in chinesischen Werken rund um Shenzhen arbeiten, werden etwa beim Gang auf die Toilette durchsucht, bei zu langen Toiletten-Pausen gibt es Strafen. Zudem sollen etwa 100.000 Studenten von ihren Schulen und Universitäten zur Arbeit gezwungen werden, berichtet Greenpeace unter Berufung auf "aktuelle Recherchen". In den chinesischen Fabriken versuchten sich im letzten Jahr bereits 18 Menschen das Leben zu nehmen, im Jänner kam ein weiteres Suizid-Opfer dazu.
Foxconn beim Public Eye Award
Der Konzern, weltweit größter Hersteller von Elektronik-Komponenten, wurde von Greenpeace und der Erklärung von Bern bei den diesjährigen Public Eye Awards als "schlimmster Konzern des Jahres" nominiert. Am Freitag vergeben die beiden Organisationen in Sichtweite des World Economic Forum (WEF) den Preis für die schlimmsten unternehmerischen Missachtungen der Umwelt und Menschenrechte. Neben Foxconn landeten auch Axpo, BP und Philipp Morris auf der Liste der nominierten Großkonzerne. Foxconn gab zudem am Dienstag bekannt, bis zu 30.000 neue Arbeitskräfte einstellen zu wollen. Die Aktivitäten in der chinesischen Provinz Hubei sollen ausgebaut werden, heißt es in einer offiziellen Aussendung.
Doch Foxconn ist nicht der einzige Elektronikkonzern, der aufgrund seiner schlechten Arbeitsbedingungen Schlagzeilen macht. Asustek Computer und seine Spin-Off-Firma Pegatron Technology wurden zuletzt verurteilt, weil Angestellte mehr als 12 Stunden pro Tag arbeiten müssen und das Überstundenlimit von 46 Stunden pro Monat überschritten haben. Pegatron produziert derzeit die CDMA-Version des neue iPhone 5 von Apple.
"Mindeststandards einhalten"
Man dürfe die Auftraggeber, also die Technologiekonzerne, nicht aus der Verantwortung entlassen, denn sie verursachen durch knappe Lieferfristen den hohen Arbeitsdruck, der in Folge zu den miesen Bedingungen führt, heißt es im VKI-Bericht. "Der Arbeits- und Zeitdruck wird immer größer, dennoch liegt es im Verantwortungsbereich des Konzerns, dass soziale Mindeststandards eingehalten werden", mahnt Blazek. Um die Kosten weiter zu senken, wird oft die gesamte Produktion in Niedriglohnländer ausgelagert. So wird jedes zweite Handy heute bereits in China erzeugt.
Der VKI bemängelte neben den oft nicht vorhandenen sozialen Mindeststandards in den Produktionswerken auch die fehlende Rückverfolgbarkeit von legal gewonnenen Rohstoffen. "Viele Metalle wie Coltan, die zur Herstellung von Handy benötigt werden, stammen aus Krisenregionen wie dem Kongo. Die Rohstoffe finanzieren dort den Kampf von bewaffneten Gruppen, unter denen die Zivilbevölkerung leidet", schildert Blazek. Es sei derzeit nicht nachprüfbar, ob oder wie viele der Rohstoffe aus derartigen Regionen bezogen werden.
"Fair produzierte Computer gibt es nicht"
"Technologie fördert Gier statt Bedürfnisse"
(Barbara Wimmer)
Die Kriterien
Insgesamt wurden Nokia, Apple, Sony Ericsson, HTC, RIM, LG und Samsung vom VKI getestet. Motorola war nicht beim Test dabei. Die Untersuchung erfolgte zwischen April und Oktober 2010, es wurden klassischen Ethik-Kriterien wie Soziales, Umwelt, Transparenz, sowie die Unternehmens- und Informationpolitik ausgewertet.
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