"Windows Phone 7 nicht sexy genug"
Auch unter Analysten herrscht weiter Rätselraten, ob Microsoft seine schwache Performance bei Smartphones mit Windows Phone 7 beheben kann. Während die vor wenigen Tagen veröffentlichten Verkaufszahlen von zwei Millionen Softwareauslieferungen noch im Rahmen eines Einführungsquartals liegen, zeigten sich Hardware-Partner wie LG bereits über die schleppende Nachfrage enttäuscht.
"Dafür, dass
Windows Phone 7 so kurz auf dem Markt ist, sind die nun veröffentlichten Zahlen kein Desaster", meint IDC-Analyst John Delaney im Gespräch mit der FUTUREZONE. "Wie die LG-Reaktion zeigt, haben sich die Hardware-Partner aber ein wenig mehr erwartet." LG-Marketing-Manager James Choi hatte in einem Interview die geringe Markensichtbarkeit unter Konsumenten beklagt.
Gartner: Microsoft hat ein Markenproblem
In dieselbe Kerbe schlägt auch Analystin Carolina Milanesi vom Marktforschungsinstitut Gartner . "Das größte Problem von Windows Phone 7 ist immer noch, dass die Marke einfach zu wenig anspricht. Die Plattform ist nicht sexy genug", so Milanesi auf Anfrage der FUTUREZONE. Wenn man die Zune- und Xbox-Funktionen wegrechne, bleibe kaum etwas übrig, was das Betriebssystem von der Konkurrenz abhebe. "Mobiles Office ist zu wenig, zumal die Geräte vom Preis her im iPhone- und Highend-Android-Bereich angesiedelt sind", so die Gartner-Analystin.
Weniger kritisch sieht die Microsoft-Bemühungen hingegen Ovum -Analyst Tony Cripps, der dem Betriebssystem eine ausgezeichnete Bedienbarkeit und eine Reihe von attraktiven Zusatzservices und Funktionen attestiert. "Im Prinzip hat Windows Phone 7 alle Zutaten, um erfolgreich werden zu können. Ob sich das allerdings in den Verkäufen niederschlägt, wird sich bis Ende des Jahres erst erweisen müssen", meint Cripps im FUTUREZONE-Gespräch. "Wenn Microsoft scheitert, wirft das die interessante Frage auf, was ein erfolgreiches Smartphone tatsächlich ausmacht."
Kaum öffentliche Kritik
Abgesehen von der leisen LG-Kritik, halten sich die anderen Microsoft-Partner bisweilen bedeckt. Europäische Launch-Partner wie die Deutsche Telekom (T-Mobile) und A1 haben bisher öffentlich stets bekräftigt, dass sie mit den Verkaufszahlen zufrieden sind bzw. ihre Erwartungen sogar übertroffen wurden. Aus informierten Kreisen heißt es allerdings, dass das große Interesse unmittelbar nach dem Start im Oktober mittlerweile etwas abgeflaut ist.
Das Microsoft-Betriebssystem, das auch von der Fachpresse freundlich aufgenommen wurde, wäre allerdings nicht die erste Plattform, die trotz guter Voraussetzungen Schiffbruch am Markt erleidet. Besonders schmerzvoll war diese Erfahrung für Palm und dessen vielversprechendes System WebOS. Trotz ausgezeichneter Geräte- und Betriebssystem-Kritiken von Anwendern und Journalisten blieben die Palm-Pre-Smartphones ein Ladenhüter. Was folgte, war die Übernahme des Unternehmens durch HP.
Ovum: Situation mit Palm nicht vergleichbar
"Microsoft hat mit seiner Vielzahl an Services und Plattformen sicher mehr Asse im Ärmel als Palm", meint Ovum-Analyst Cripps. "Gleichzeitig sind Entwickler aber absolut nicht glücklich über die derzeitige Situation, für so viele verschiedene Plattformen entwickeln zu müssen."
Ziehen die Verkaufszahlen bei Windows Phone 7 nicht an, ergibt sich daher schon allein aus diesem Umstand ein Problem. Denn da die Ressourcen beschränkt sind, konzentrieren sich Entwickler naturgemäß auf die Plattformen, die aufgrund hoher Verkaufszahlen hohe Userzahlen versprechen. Die aktuelle Entwicklerzahl gibt Microsoft mit 24.000 an bei 6500 bereits entwickelten Applikationen für die Plattform.
IDC: Abwarten und hoffen
Laut IDC-Analyst Delaney ist es definitiv noch zu früh, Microsoft aufgrund der jetzt veröffentlichten Zahlen abzuschreiben. Gerade in Europe verfüge Microsoft über eine enorme Anzahl an Hotmail-, Messenger-, Office- und Xbox-Nutzer, die als potenzielle Windows-Phone-7-User in Frage kommen. "Der Wettbewerb ist angesichts der Marktdominanz von Android und iPhone aber enorm hart", so Delaney.
Wie viele Smartphones auf Windows-Phone-7-Basis bisher tatsächlich verkauft wurden, ist ungewiss. Die Analysten gehen davon aus, dass zwischen 1,5 und 1,9 Millionen Geräte im vergangenen Quartal tatsächlich abgesetzt wurden. Zum Vergleich: Laut Gartner wurden allein im dritten Quartal 2010 über 20 Millionen Android-Smartphones abgesetzt. Apple konnte 13,5 Millionen Smartphones verkaufen, während Symbian ungeachtet seines sinkenden Marktanteils sogar über 29 Millionen Geräte absetzen konnte.
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(Martin Stepanek)