Dark Souls 2 im Spieletest: Spaß am Sterben
Schon am ersten Teil scheiden sich die Geister. Während Dark Souls für manche das beste Spiel des Jahres 2011 war, ist es für andere ein Anti-Game. Grund dafür ist der enorm hohe Schwierigkeitsgrad. Für die einen war es die lang ersehnte Herausforderung, für die anderen einfach nur frustrierend.
Dark Souls 2 (PS3, Xbox360, PC-Version ab 25. April) bleibt diesen Wurzeln treu. Es gibt keinen anpassbaren Schwierigkeitsgrad, das Spiel wurde nicht leichter, um es massentauglicher zu machen. Die futurezone hat sich durch das wahrscheinlich schwerste Action-RPG des Jahres gequält.
Du bist bereits (un)tot
Als Verfluchter betritt man das zerfallende Königreich Drangelic. Die erste Begegnung mit drei älteren, teils zahnlosen Damen, lässt keinen Zweifel daran, dass man in Dark Souls 2 kein strahlender Held, sondern ein Opfer ist. Man sei bereits tot, es ist nur noch die Frage, wie viel man von seiner Seele bewahren kann. Nur wenn genügend Seelen gesammelt werden, könne man den Fluch brechen – danach folgt hämisches, zahnloses Gelächter.
Im Laufe des Spiels wird man immer wieder auf Charaktere treffen, meist ebenfalls Verfluchte, die kryptisch Hinweise darauf geben, warum Drangelic zerfällt und von Monstern besiedelt ist. Im Gegensatz zu anderen Rollenspielen wird der Spieler nicht durch die Handlung geführt – man muss selbst die Hinweise finden.
Trial and deadly Error
Dies ist ein Grundprinzip von Dark Souls 2: Der Spieler ist auf sich allein gestellt. Zwar gibt es ein Mini-Tutorial, bei dem ein Text erklärt, mit welcher Taste man angreift oder wie man springt – aber macht man es falsch, ist man tot. Landet man bei der Ausweich-Rolle im Abgrund: tot. Mal wieder eine Falle übersehen: tot. Probiert man zu Kontern und stimmt das Timing nicht: tot. Passend dazu gibt es für das erste Mal sterben das Achievement „Willkommen in Dark Souls 2“.
Bis auf wenige Ausnahmen, bei denen das Clipping nicht passt und man deshalb getroffen wird, obwohl man außer Reichweite des Schlags war oder ein Stotterer beim Level-Laden voreilige Spieler in den Abgrund steuern lässt, ist jeder Tod vermeidbar. Allerdings muss man schon ein hohes Maß an Motivation und Geduld aufweisen, um nach dem zehnten Ableben beim selben Gegner nicht genervt den Controller durchs Zimmer zu schmeißen.
Geduld ist eine Tugend
Geduld ist das Um und Auf bei den Kämpfen – seien es Bosse oder normale Gegner. Schon ein einfacher Feind mit Dolch kann einen sofort töten, wenn man nicht weiß, dass dieser noch vier Mal angreift, nachdem er den ersten Schlag gemacht hat. Man muss das Angriffsmuster der Gegner erlernen, um entsprechend auszuweichen, zu kontern und zurückzuschlagen.
Gerade bei Bossen, die natürlich mehr Lebensenergie haben, ist das wichtig. Während man leichte Gegner noch mit einer schnellen Dreifach-Kombo überrumpeln kann, kratzt das die meisten Bosse gerade mal an – falls man den dritten Schlag überhaupt zu Ende bringt, ohne ein Breitschwert oder eine Ogerfaust ins Gesicht zu bekommen.
Das klassische „Ziel markieren und im Kreis herumlaufen“ funktioniert nur noch bedingt. Viele Bosse und auch spätere Gegnertypen haben Rundum-Schläge oder greifen, je nach Distanz und Position zum Spieler, unterschiedlich an. Ist man etwa zu früh hinter dem Feind, hängt der nach seiner üblichen Dreifach-Kombo noch einen Drehschlag an, der die Hälfte der Lebensenergie kostet.
Seelensammler
Stirbt man (wieder einmal), startet man bei dem letzten Leuchtfeuer. Diese dienen wie beim Vorgänger als Speicherpunkte und Station um die Lebensenergie wieder aufzufüllen. Rastet man beim Leuchtfeuer, tauchen die zuvor besiegten Feinde wieder auf. Im Gegensatz zu Dark Souls 1 respawnen die Gegner nicht mehr, wenn sie mehrmals besiegt wurden.
Das kann man als Vorteil sehen, da man so etwa Passagen vor einem Boss-Fight, bei dem man schon 13 mal gestorben ist, schneller durchlaufen kann. Gleichzeitig ist es aber auch ein Nachteil, da das Grinden, also das Besiegen von leichten Gegnern um ein Level Up zu erhalten, nur noch eingeschränkt möglich ist.
Die Währung, mit der Level Ups und Gegenstände gekauft werden, sind Seelen, die besiegte Feinde verlieren. Stirbt man, verliert man auch die bis zu diesem Zeitpunkt gesammelten Seelen. Es sei denn man schafft es lebend zu der Stelle, an der man zuvor gestorben ist. Stirbt man vorher, sind die Seelen futsch.
Dadurch muss man ständig abwägen. Geht man zum letzten Leuchtfeuer zurück, um die Seelen gegen Ware und Level Ups einzutauschen oder schaut man noch um die nächste Ecke, ob nicht dort vielleicht ein neues Leuchtfeuer ist und erspart sich so den bisher zurückgelegten Weg nochmal zu gehen.
Toter als tot
Wenn man einen Grund braucht, um dem Spiel statt sich selbst für das wiederholte Scheitern die Schuld zu geben, findet man einen. Mit jedem Tod wird der Charakter eine Spur untoter, zu erkennen an der ungesunden grünen Hautfarbe und der drastischen Abmagerung.
Dabei sinkt auch die maximal verfügbare Lebensenergie ein wenig. Stirbt man also zu oft beim selben Boss, kann es sein, dass man ihn nur noch mit zwei Drittel der normalen Lebensenergie besiegen muss, was das Ganze nicht gerade einfacher macht. Da hilft es auch nicht die maximale Anzahl der Trefferpunkte mit einem Level Up zu erhöhen – die Lebensenergie bleibt niedrig.
Hier hilft nur noch der Gegenstand „Menschenbild“. Nutzt man diesen, bekommt der Charakter wieder seine menschlichen Züge und die Lebensenergie-Sperre ist aufgehoben. In den ersten Spielstunden findet man diesen Gegenstand aber viel zu selten, was besonders für Neueinsteiger in die Dark-Souls-Reihe demotivierend sein kann.
Mehr Abwechslung
Drangelic ist geografisch abwechslungsreicher als die Welt des ersten Dark Souls. Von Wüsten über grüne Wälder bis zum Meer ist alles dabei. Die Landschaften wechseln teilweise sehr schnell. Nach einer 15-sekündigen Höhlenwanderung glaubt man auf einem anderen Kontinent zu sein. Dadurch fühlt sich die Welt von Dark Souls 2 weniger zusammenhängend und logischer an als beim Vorgänger.
Die Umgebung ist etwas interaktiver. So kann man etwa Baumstämme umstoßen, um Brücken zu formen. Ein weiteres neues Element ist Licht. Es gibt jetzt Fackeln um dunkle Levels auszuleuchten. Ein bestimmter Boss ist etwa ohne Fackellicht gar nicht zu besiegen und einige Feinde schrecken vor der tragbaren Flamme zurück. Wie so ziemlich alles in Dark Souls 2 hat die Fackel auch Nachteile: Sie wird statt dem Schild, bzw. der zweiten Waffe getragen, wodurch man möglicherweise seine Kampftaktik umstellen muss.
Schnellreisen
Im Gegensatz zum Vorgänger kann man gleich von Anfang an bei den Leuchtfeuern die Schnellreise-Funktion nutzen. Das ist auch nötig, denn Level Ups können nur in der Stadt gemacht werden. Ein ständiges Zurücklaufen des gesamten Weges wäre mühsam. Die Stadt ist eine Art Zuflucht, bis auf drei kampflustige Schweine, die so viel Einstecken können wie ein Boss-Gegner. Hier befinden sich auch Händler, bei denen man seine Vorräte aufstocken kann.
Die Stadt ist auch der zentrale Ausgangspunkt, von dem aus die Reise zu den verschiedenen Orten startet. In den ersten Stunden wird der Spieler noch durch Sperren auf bestimmte Wege geführt, was für Dark-Souls-Veteranen ungewohnt sein könnte. Später gibt es aber die bekannten Gabelungen, die sich nochmals Gabeln und in Sackgassen, zu Bossen, Schätzen oder noch mehr Gabelungen führen.
Obwohl zu Beginn des Spiels meist nur ein Pfad frei ist, muss man selbst diesen erst finden. Manchmal läuft man schon ein paar Mal im Kreis, weil man im Dunkeln einfach nicht den Felsspalt oder den Schalter an der Wand sieht, um voranzukommen. Auch muss mit manchen Personen öfters hintereinander geredet werden, damit sie einen Pfad öffnen. Weiß man das nicht, kann die Suche nach dem Weg sehr frustrierend sein.
Zu einfach
Um Dark Souls 2 zu bewältigen, muss man, je nach Können, 50 bis 65 Stunden investieren und mit 200 bis 300 Toden rechnen. Wer es in weniger Zeit mit wenigen Toden schafft, kann verschiedene Gegenstände nutzen, die das Spiel noch schwerer machen. Man kann sogar am Anfang die Klasse „Bettler“ wählen, die komplett ohne Ausrüstung und Waffen startet.
Wie beim Vorgänger gibt es auch wieder einen Multiplayer-Modus, der üblicherweise immer aktiv ist, sobald man das Spiel startet. Wer will kann auch Offline spielen. Online kann mit einem Gegenstand Hilfe herbeigerufen werden, um besonders schwere Passagen zu zweit zu meistern. Die eigene Welt kann aber auch wieder von anderen Spielern überfallen werden, bzw. kann man in andere Spielewelten eindringen.
Der Spielentwickler From Software verspricht ein besseres Balancing. So soll nicht nur das Level darüber entscheiden, welchen menschlichen Gegner man bekommt, sondern auch die bisherige Spielzeit. Neu ist die Möglichkeit einen Eid abzulegen. Je nach Eid erhält man einen Verteidigungsbonus oder ist stärker, wenn man in die Welt eines anderen Spielers eindringt. Die Eide können in der Stadt verwaltet werden, man muss sich nicht dauerhaft binden.
Im Test-Zeitraum stand der Multiplayer-Modus leider noch nicht zur Verfügung, weshalb das Balancing und die Interaktion mit anderen Spielern nicht ausprobiert werden konnte.
Fazit
Die alte, zahnlose Dame im Einleitungsvideo sagt: „Du wirst nicht wissen warum du es machst“. Und tatsächlich erwischt man sich öfters dabei, wie man sich diese Frage, meistens nach mehrmaligem Ableben, stellt. Es ist das Wissen, dass man es schaffen kann und das gute Gefühl, wenn man es danach wirklich geschafft hat. Das kann schon das Gefühl sein, einen kleinen Boss endlich besiegt zu haben oder nach gefühltem, stundenlangen Herumirren ein Leuchtfeuer gefunden zu haben.
Das wahrscheinlich größte Problem von Dark Souls 2 ist: Wenn man zu verbissen an die Sache rangeht, was man aber fasst machen muss bei diesem Spiel um nicht aufzugeben, geht schon mal der Spaß verloren.
Will man im Feierabend entspannt spielen, eine tolle Handlung erleben, Zwischenmenschliches von Charakteren sehen oder sich als epischer Held fühlen, ist Dark Souls 2 nichts für einen. Wer den Vorgänger mochte, wird auch Dark Souls 2 mögen. Einige Bosse sind vielleicht nicht mehr so beeindruckend, da man durch Dark Souls 1 bereits weiß was einem erwartet. Dennoch kommen leidensfähige Gamer auf ihre masochistischen Kosten.