Huawei P8 im Test: Ein Androide im iPhone-Pelz
Der chinesische Telekommunikations-Riese Huawei ist schon lange kein Unbekannter mehr. Mit 75 Millionen verkauften Smartphones im Vorjahr zählt der Konzern zu den Top Vier auf dem Smartphone-Markt. Vor allem günstige Geräte halfen dem Konzern, binnen vier Jahren seinen Marktanteil zu verdoppeln. Nun nimmt Huawei das High-End-Segment in Angriff. Mit
Das P8 ist das neue Flaggschiff des Konzerns, der mit Netzwerktechnik groß wurde. Dabei setzt man auf hochwertige Verarbeitung, sehr gute Hardware-Ausstattung und einen vergleichsweise günstigen Preis. Optisch erinnert das Smartphone bereits stark an die großen Vorbilder, doch kann das Endergebnis auch überzeugen? Die futurezone hat das P8 getestet.
“Ist das ein iPhone?”, gab es im Rahmen des Tests des öfteren zu hören. Tatsächlich lässt sich das P8 rasch mit dem Apple-Smartphone verwechseln. Seien es Details wie die beiden Schrauben neben dem microUSB-Anschluss, die markanten Schlitze für die Lautsprecher oder die recht ähnlichen Farbtöne - die Inspiration für das Design des P8 ist unverkennbar. Die freche Kopie ist aber gut gelungen und überzeugt mit hochwertiger Verarbeitung. Der Aluminium-Unibody liegt gut in der Hand und setzt auf eine griffige Oberfläche. Trotz eines größeren Displays ist es ebenso breit wie
Huawei setzt beim P8 auf einen Chipsatz aus der hauseigenen Fertigung. Der HiSilicon Kirin 930 kam bislang erst beim Tablet MediaPad X2 zum Einsatz und kann auf insgesamt acht Kerne im “Big.Little”-Verbund zurückgreifen. Je nach Ausstattungsvariante sind diese unterschiedlich getaktet. Das 16-Gigabyte-Modell verfügt über vier Kerne mit 1,5 GHz sowie vier Kerne mit 2 GHz Taktrate. Beim 64-Gigabyte-Modell wurde die Taktrate leicht erhöht, der schnellere Verbund läuft mit 2,2 GHz. Dahinter verbirgt sich auch der in den Gerüchten erwähnte Kirin 935. In den Benchmarks wurde der Kirin 930 getestet und schlug sich dabei recht wacker. Im auf 64 Bit optimierten AnTuTu-Benchmark erreichte der Chipsatz ähnliche Werte wie der Snapdragon 810, bei Quadrant fiel er jedoch aufgrund des lahmen Speichers zurück.
3DMark (Ice Storm Extreme): 6576 Punkte
3DMark (Ice Storm Unlimited): 9159 Punkte
AndroBench (Version 4.0, sequentielles Lesen/Schreiben): 142,33/39,46 MB/s
AnTuTu (v5.7): 44.072 Punkte
Quadrant (v2.1.1): 14.112 Punkte
PCMark (v1.2): 4.577 Punkte
Der Grafikchip ist ein kleiner Flaschenhals. Die Leistung des etwas betagten Mali-T628 ist ausreichend für alle aktuellen 3D-Spiele, dem aktuellen Adreno 430 kann er aber nicht das Wasser reichen. So kommen im 3DMark lediglich 9159 Punkte zusammen, der Adreno 430 schafft hier weit über 20.000 Punkte. Der Chip wird unter hoher Last zwar spürbar wärmer, die Hitze verteilt sich jedoch gleichmäßig über das gesamte Gehäuse und erreicht dabei nie ein unangenehmes Niveau.
Der verbaute 2680-mAh-Akku liefert ausreichend Saft für einen Tag, mehr war aber auch bei leichter Nutzung nicht möglich. Ein Ultra-Energiesparmodus soll theoretisch bis zu zwei Tage aus einer Akkuladung herausholen können, dabei werden jedoch alle Funktionen des Smartphones bis auf Telefonie und SMS deaktiviert. Für Notfälle mag er daher tauglich sein, im Alltag beschränkt er die Funktionen des Smartphones aber zu sehr.
Scharfer Durchschnitt
Beim Display setzt Huawei auf ein 5,2 Zoll großes IPS-Panel, das mit Full HD (1920 mal 1080 Bildpunkte) auföst. Die Pixeldichte von 423 ppi ist ordentlich und sorgt dafür, dass mit dem freien Auge keine einzelnen Bildpunkte erkannt werden können. Huawei setzt bei seiner Oberfläche vor allem auf Schriftarten mit feinen Linien, die dank der hohen Auflösung ohne Probleme gut lesbar waren. Auch zu Kantenbildung kam es im Test nicht. Die Helligkeit ist gut und für die Nutzung im Freien ausreichend, allerdings nur in der höchsten Stufe. Die automatische Regelung versagte hier hin und wieder, sodass der Bildschirm bei starkem Sonnenlicht nur schwer ablesbar war.
Huawei machte ein gewagtes Versprechen bei der Präsentation des P8: Die Kamera sei noch besser als bei Apples iPhone 6. Das haben bereits viele Smartphone-Hersteller behauptet, doch Huawei liefert starke Argumente mit. Der Sony-Sensor löst mit 13 Megapixel auf und soll erstmals überhaupt auf vier statt drei Farben setzen (RGBW statt RGB). Das verbessere die Helligkeit bei hohem Kontrast und reduziere das Rauschen bei Aufnahmen in dunklen Umgebungen. Zudem wurde ein zusätzlicher Bildprozessor verbaut. Die Pixel sind mit 1,12 µm jedoch deutlich kleiner als beim iPhone 6 (1,5 µm) sowie dem HTC One M8 (2 µm), die Linse ist mit f/2.0 aber etwas lichtstärker (iPhone 6: f/2.2). Im Test zeigte sich, dass die geringere Pixelgröße keine Probleme bei Nachtaufnahmen bereitet. Die Aufnahmen waren zumindest auf Augenhöhe mit dem iPhone 6 und auch bei Dämmerung und schwacher Beleuchtung scharf und kamen ohne starkes Rauschen aus.
Fokus auf Fotos
Die Kamera-App ist gut gelungen, auch wenn man sich etwas mehr Einstellungen gewünscht hätte. So sind ISO und Weißabgleich in den Einstellungen versteckt, am Auslöser selbst kann lediglich eine Belichtungskorrektur vorgenommen werden. Die Belichtungszeit darf leider nicht manuell geregelt werden. Gut funktioniert jedoch der Tracking-Autofokus, bei dem der Autofokus einem ausgewählten Punkt folgt. Auch Zeitraffer-Videos sind möglich, allerdings kann der Benutzer die Geschwindigkeit des Zeitraffers nicht selbst bestimmen. Zeitlupen-Videos werden leider nicht unterstützt. Ohnedies wurde bei der Video-Aufnahme etwas gespart, denn trotz des durchaus ordentlichen Prozessors können lediglich 1080p-Videos mit 30 Bildern pro Sekunde aufgezeichnet werden.
Auch bei Huawei will man nicht auf die hauseigene Android-Oberfläche verzichten. Emotion UI ist mittlerweile bei Version 3.1 angekommen und orientiert sich stark am großen Vorbild Apple. Wie bei iOS landen alle Apps auf dem Homescreen, eine App-Liste sucht man vergeblich. So ist man dazu gezwungen, Apps nach Kategorien in Ordnern zu sammeln. Für den Umstieg von iOS auf Android mag das praktisch sein, doch erfahrene Android-Nutzer dürften wohl zu Beginn eher daran verzweifeln. Die Oberfläche ist vollgestopft mit cleveren Features, allerdings bereitet die Bedienung hin und wieder Probleme. So kann im Benachrichtigungszentrum zwischen zwei Bereichen - Benachrichtigungen und Verknüpfungen - gewechselt werden.
Smartphone auf Zuruf
Kurios ist auch die sogenannte “Sprachwahrnehmung”. Dabei handelt es sich um eine erweiterte Form von “OK Google”. Der Benutzer kann mit einem selbst gewählten Befehl (Voreingestellt ist “Okay Emy”) nach seinem Smartphone rufen, auch wenn der Bildschirm deaktiviert ist. Auf die Frage “Where are you?” antwortet es mit einem lauten Klingelton sowie “I am here”-Rufen. Derzeit ist die Funktion nur auf Englisch verfügbar. Die Erkennung funktioniert gut, zumindest solange sich der Nutzer in Rufweite befindet. Diese ist allerdings nicht sonderlich groß. Im Test musste man sich auf zumindest zwei Meter nähern, erst dann verstand das Smartphone den Hilferuf.
Das P8 ist Huaweis erster ernstzunehmender Versuch, in die Sphären von Samsung und Apple vorzudringen. Das Ergebnis ist gut gelungen, man merkt dem Unternehmen aber an, dass man lieber auf bewährte Konzepte der Konkurrenz setzt statt mit eigenen Ideen anzuecken. So ist aus dem P8 eine gute Alternative zum iPhone 6 und HTC One M9 geworden, die sich aber kaum von den aktuellen Spitzenmodellen abheben kann.
Modell:
Huawei P8
Display:
5,2 Zoll IPS LC-Bildschirm - 1920 x 1080 Pixel (16:9, 423 ppi, geschützt von Gorilla Glass 3)
Prozessor:
Octacore-SoC (Quadcore 2 GHz A53 und Quadcore 1,5 GHz A53, Kirin 930)
RAM:
3 Gigabyte
Speicher:
16 GB intern, microSD-Kartenslot
Betriebssystem:
Android 5.0 (Emotion UI 3.1)
Anschlüsse/Extras:
microUSB, Bluetooth 4.1, WLAN (a/b/g/n), LTE
Akku:
2.680 mAh
Kamera:
13 Megapixel (Rückkamera, Dual-LED-Blitz, optischer Bildstabilisator), 8 Megapixel (Frontkamera)
Videos:
Aufnahme in 1080p bei 30 fps möglich
Maße:
144,9 x 72,1 x 6,4 mm, 144 Gramm
Preis:
499 Euro (UVP)