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Smartphone

Huawei P8 im Test: Ein Androide im iPhone-Pelz

Der chinesische Telekommunikations-Riese Huawei ist schon lange kein Unbekannter mehr. Mit 75 Millionen verkauften Smartphones im Vorjahr zählt der Konzern zu den Top Vier auf dem Smartphone-Markt. Vor allem günstige Geräte halfen dem Konzern, binnen vier Jahren seinen Marktanteil zu verdoppeln. Nun nimmt Huawei das High-End-Segment in Angriff. Mit

dem Ascend Mate 7
wurde bereits im Vorjahr ein Konkurrent für Samsungs Galaxy-Note-Reihe vorgestellt, nun sollen auch
und
Galaxy S6
vom Thron gestoßen werden.

Das P8 ist das neue Flaggschiff des Konzerns, der mit Netzwerktechnik groß wurde. Dabei setzt man auf hochwertige Verarbeitung, sehr gute Hardware-Ausstattung und einen vergleichsweise günstigen Preis. Optisch erinnert das Smartphone bereits stark an die großen Vorbilder, doch kann das Endergebnis auch überzeugen? Die futurezone hat das P8 getestet.

“Ist das ein iPhone?”, gab es im Rahmen des Tests des öfteren zu hören. Tatsächlich lässt sich das P8 rasch mit dem Apple-Smartphone verwechseln. Seien es Details wie die beiden Schrauben neben dem microUSB-Anschluss, die markanten Schlitze für die Lautsprecher oder die recht ähnlichen Farbtöne - die Inspiration für das Design des P8 ist unverkennbar. Die freche Kopie ist aber gut gelungen und überzeugt mit hochwertiger Verarbeitung. Der Aluminium-Unibody liegt gut in der Hand und setzt auf eine griffige Oberfläche. Trotz eines größeren Displays ist es ebenso breit wie

das HTC One M9
und kann gut mit einer Hand bedient werden.
Positiv fällt zudem die dünne Bauweise auf. Das P8 ist lediglich 6,4 Millimeter dick, einen halben Millimeter dünner als das iPhone 6. Dabei ist es Huawei aber gelungen, die Kamera vollständig im Gehäuse zu versenken. Ob die Bauweise einen Biegetest besser übersteht als Apples iPhone 6 darf bezweifelt werden, zumindest beim alltäglichen Transport in der Hosentasche traten aber keine Verformungen auf. Positiv fällt auch der schmale Rahmen um das Display auf. An den Seiten misst er etwas mehr als zwei Millimeter, auch der tote Raum unter und über dem Display wurde klein gehalten. Dabei verzichtet Huawei aber auf Hardware-Tasten, die Soft-Keys werden auf dem Display angezeigt.
Die einzigen Hardware-Tasten - die Lautstärkewippe und die Power-Taste - wurden an der rechten Seite platziert und sind bei der einhändigen Bedienung gut zu erreichen. Clever: Die Power-Taste wurde in einer leichten Versenkung platziert, sodass diese einfacher zu ertasten ist. Das Huawei-Logo auf der Rückseite wurde nach Apple-Vorbild klein gehalten und dezent platziert, sodass das edle Aussehen erhalten bleibt. Die beiden Slots für die Nano-SIM-Karten können nur mit einem Tool geöffnet werden. Dabei überlässt Huawei dem Benutzer die Wahl. Das Smartphone kann entweder mit zwei SIM-Karten oder lediglich mit einer SIM-Karte sowie einer microSD-Karte betrieben werden.

Huawei setzt beim P8 auf einen Chipsatz aus der hauseigenen Fertigung. Der HiSilicon Kirin 930 kam bislang erst beim Tablet MediaPad X2 zum Einsatz und kann auf insgesamt acht Kerne im “Big.Little”-Verbund zurückgreifen. Je nach Ausstattungsvariante sind diese unterschiedlich getaktet. Das 16-Gigabyte-Modell verfügt über vier Kerne mit 1,5 GHz sowie vier Kerne mit 2 GHz Taktrate. Beim 64-Gigabyte-Modell wurde die Taktrate leicht erhöht, der schnellere Verbund läuft mit 2,2 GHz. Dahinter verbirgt sich auch der in den Gerüchten erwähnte Kirin 935. In den Benchmarks wurde der Kirin 930 getestet und schlug sich dabei recht wacker. Im auf 64 Bit optimierten AnTuTu-Benchmark erreichte der Chipsatz ähnliche Werte wie der Snapdragon 810, bei Quadrant fiel er jedoch aufgrund des lahmen Speichers zurück.

3DMark (Ice Storm Extreme): 6576 Punkte
3DMark (Ice Storm Unlimited): 9159 Punkte
AndroBench (Version 4.0, sequentielles Lesen/Schreiben): 142,33/39,46 MB/s
AnTuTu (v5.7): 44.072 Punkte
Quadrant (v2.1.1): 14.112 Punkte
PCMark (v1.2): 4.577 Punkte

Der Grafikchip ist ein kleiner Flaschenhals. Die Leistung des etwas betagten Mali-T628 ist ausreichend für alle aktuellen 3D-Spiele, dem aktuellen Adreno 430 kann er aber nicht das Wasser reichen. So kommen im 3DMark lediglich 9159 Punkte zusammen, der Adreno 430 schafft hier weit über 20.000 Punkte. Der Chip wird unter hoher Last zwar spürbar wärmer, die Hitze verteilt sich jedoch gleichmäßig über das gesamte Gehäuse und erreicht dabei nie ein unangenehmes Niveau.

Auch der verbaute Speicher erreichte im Benchmark eher magere Werte, beim sequentiellen Schreiben konnte die Marke von 40 MB/s nur selten überschritten werden. Huawei dürfte hier auf günstigeren eMMC-Speicher setzen, in modernen Flaggschiff-Modellen sind aber mittlerweile die deutlich flotteren UFS-(2.0)-Chips zu finden. Diese erreichen beim sequentiellen Schreiben weit über 100 MB/s. Im Alltag machten sich dadurch aber keine Nachteile bemerkbar. 4K-Aufnahmen, die eine hohe Schreibrate erfordern, sind ohnedies (oder womöglich gerade deswegen) nicht möglich. Apropos Speicher: Davon sind beim 16-Gigabyte-Modell lediglich 10,46 Gigabyte frei.

Der verbaute 2680-mAh-Akku liefert ausreichend Saft für einen Tag, mehr war aber auch bei leichter Nutzung nicht möglich. Ein Ultra-Energiesparmodus soll theoretisch bis zu zwei Tage aus einer Akkuladung herausholen können, dabei werden jedoch alle Funktionen des Smartphones bis auf Telefonie und SMS deaktiviert. Für Notfälle mag er daher tauglich sein, im Alltag beschränkt er die Funktionen des Smartphones aber zu sehr.

Scharfer Durchschnitt

Beim Display setzt Huawei auf ein 5,2 Zoll großes IPS-Panel, das mit Full HD (1920 mal 1080 Bildpunkte) auföst. Die Pixeldichte von 423 ppi ist ordentlich und sorgt dafür, dass mit dem freien Auge keine einzelnen Bildpunkte erkannt werden können. Huawei setzt bei seiner Oberfläche vor allem auf Schriftarten mit feinen Linien, die dank der hohen Auflösung ohne Probleme gut lesbar waren. Auch zu Kantenbildung kam es im Test nicht. Die Helligkeit ist gut und für die Nutzung im Freien ausreichend, allerdings nur in der höchsten Stufe. Die automatische Regelung versagte hier hin und wieder, sodass der Bildschirm bei starkem Sonnenlicht nur schwer ablesbar war.

Der Kontrast ist gut, vor allem das Schwarz ist für einen LC-Bildschirm ungewöhnlich satt und kräftig. Ein Farbstich war nicht erkennbar. Die Farbdarstellung ist kräftig, im direkten Vergleich mit AMOLED-Panels aber etwas blass. Huawei erlaubt aber in den Einstellungen, die Farbtemperatur anzupassen. Die Blickwinkelabhängigkeit ist sehr gut, der Bildschirm lässt sich auch aus steilen Winkeln gut ablesen.

Huawei machte ein gewagtes Versprechen bei der Präsentation des P8: Die Kamera sei noch besser als bei Apples iPhone 6. Das haben bereits viele Smartphone-Hersteller behauptet, doch Huawei liefert starke Argumente mit. Der Sony-Sensor löst mit 13 Megapixel auf und soll erstmals überhaupt auf vier statt drei Farben setzen (RGBW statt RGB). Das verbessere die Helligkeit bei hohem Kontrast und reduziere das Rauschen bei Aufnahmen in dunklen Umgebungen. Zudem wurde ein zusätzlicher Bildprozessor verbaut. Die Pixel sind mit 1,12 µm jedoch deutlich kleiner als beim iPhone 6 (1,5 µm) sowie dem HTC One M8 (2 µm), die Linse ist mit f/2.0 aber etwas lichtstärker (iPhone 6: f/2.2). Im Test zeigte sich, dass die geringere Pixelgröße keine Probleme bei Nachtaufnahmen bereitet. Die Aufnahmen waren zumindest auf Augenhöhe mit dem iPhone 6 und auch bei Dämmerung und schwacher Beleuchtung scharf und kamen ohne starkes Rauschen aus.

Das liegt auch am optischen Bildstabilisator, der längere Belichtungszeiten ermöglicht. So sollen Wackler bis zu 1,2 Grad ausgeglichen werden, auch bei Videoaufnahmen. Huawei macht sich diesen Vorteil auch beim “Lichtmalerei”-Modus zunutze, bei dem Aufnahmen mit Langzeitbelichtung erstellt werden können. So sind zum Beispiel künstlerische Aufnahmen von Autos bei Nacht oder sogenanntes “Light Painting” möglich. Der Modus funktioniert gut, der Benutzer sieht in Echtzeit das Ergebnis. Dabei benötigt man aber trotz Bildstabilisator eine sehr ruhige Hand oder eine Möglichkeit, das Smartphone abzustellen. Ansonsten wird aus der netten Aufnahme recht rasch Brei.

Fokus auf Fotos

Die Kamera-App ist gut gelungen, auch wenn man sich etwas mehr Einstellungen gewünscht hätte. So sind ISO und Weißabgleich in den Einstellungen versteckt, am Auslöser selbst kann lediglich eine Belichtungskorrektur vorgenommen werden. Die Belichtungszeit darf leider nicht manuell geregelt werden. Gut funktioniert jedoch der Tracking-Autofokus, bei dem der Autofokus einem ausgewählten Punkt folgt. Auch Zeitraffer-Videos sind möglich, allerdings kann der Benutzer die Geschwindigkeit des Zeitraffers nicht selbst bestimmen. Zeitlupen-Videos werden leider nicht unterstützt. Ohnedies wurde bei der Video-Aufnahme etwas gespart, denn trotz des durchaus ordentlichen Prozessors können lediglich 1080p-Videos mit 30 Bildern pro Sekunde aufgezeichnet werden.

Die Frontkamera wurde auf Selfies optimiert und bietet mit acht Megapixel eine sehr gute Qualität. Ein “Perfektes Selfie”-Modus sorgte aber eher für Lacher, da der Kopf hier schon fast auf Alien-Optik deformiert und die Haut “gebleicht” werden kann. Die App merkt sich jedoch die Einstellungen und kann auf Wunsch gespeicherte Gesichter automatisch “hübscher” machen.

Auch bei Huawei will man nicht auf die hauseigene Android-Oberfläche verzichten. Emotion UI ist mittlerweile bei Version 3.1 angekommen und orientiert sich stark am großen Vorbild Apple. Wie bei iOS landen alle Apps auf dem Homescreen, eine App-Liste sucht man vergeblich. So ist man dazu gezwungen, Apps nach Kategorien in Ordnern zu sammeln. Für den Umstieg von iOS auf Android mag das praktisch sein, doch erfahrene Android-Nutzer dürften wohl zu Beginn eher daran verzweifeln. Die Oberfläche ist vollgestopft mit cleveren Features, allerdings bereitet die Bedienung hin und wieder Probleme. So kann im Benachrichtigungszentrum zwischen zwei Bereichen - Benachrichtigungen und Verknüpfungen - gewechselt werden.

Das ist per Wischen oder Antippen der Kategorie möglich. Die Wischgeste wird aber hin und wieder falsch erkannt, beispielsweise beim einzelnen Entfernen einer Benachrichtigung. Bei den Benachrichtigungen gibt Emotion UI aber angenehm viele Freiheiten. So kann der Benutzer bestimmte Apps ausschließen und bestimmen, wie diese angezeigt werden. Noch eine Gemeinsamkeit mit iOS: Durch Wischen nach unten wird die Suche geöffnet, Apps und Einstellungen können so rasch durchsucht werden. Der Touchscreen ist theoretisch in der Lage, zwischen der Eingabe mit dem Knöchel und der Fingerspitze zu unterscheiden. So kann man mit dem Knöchen einen Rahmen um einen Bereich zeichnen, von dem ein Screenshot angefertigt werden soll. Das funktioniert im Test recht gut, leider wird aber auch das härtere Drücken mit der Fingerspitze hin und wieder als Knöchel erkannt.

Smartphone auf Zuruf

Kurios ist auch die sogenannte “Sprachwahrnehmung”. Dabei handelt es sich um eine erweiterte Form von “OK Google”. Der Benutzer kann mit einem selbst gewählten Befehl (Voreingestellt ist “Okay Emy”) nach seinem Smartphone rufen, auch wenn der Bildschirm deaktiviert ist. Auf die Frage “Where are you?” antwortet es mit einem lauten Klingelton sowie “I am here”-Rufen. Derzeit ist die Funktion nur auf Englisch verfügbar. Die Erkennung funktioniert gut, zumindest solange sich der Nutzer in Rufweite befindet. Diese ist allerdings nicht sonderlich groß. Im Test musste man sich auf zumindest zwei Meter nähern, erst dann verstand das Smartphone den Hilferuf.

Die Software bietet viele kleine Anpassungen, beispielsweise einen “Battery Saver”, der den Stromverbrauch einzelner Apps analysiert und bei hoher Belastung warnt. Ebenso kann die Datennutzung einzelner Apps eingeschränkt werden, sodass sich diese beispielsweise nur bei aktiver WLAN-Verbindung mit dem Internet verbinden. Das Smartphone kommt mit einer Flut an System-Apps daher, vom “Telefon-Manager” über eine Rekorder-App bis hin zum Design-Store. Selbst eine Verknüpfung für die Displaysperre findet sich unter den Apps. Die einzige App eines Drittherstellers ist das kostenlose WPS Office von Kingsoft.

Das P8 ist Huaweis erster ernstzunehmender Versuch, in die Sphären von Samsung und Apple vorzudringen. Das Ergebnis ist gut gelungen, man merkt dem Unternehmen aber an, dass man lieber auf bewährte Konzepte der Konkurrenz setzt statt mit eigenen Ideen anzuecken. So ist aus dem P8 eine gute Alternative zum iPhone 6 und HTC One M9 geworden, die sich aber kaum von den aktuellen Spitzenmodellen abheben kann.

Smartphone-Fotografen, die lieber auf Android setzen, sollten das P8 daher in Betracht ziehen. Aber auch Fans von edlen Smartphones sollten einen Blick auf das Smartphone werfen. Das P8 ist ab Ende Mai für 499 Euro (UVP) im Handel erhältlich.

Modell:
Huawei P8
Display:
5,2 Zoll IPS LC-Bildschirm - 1920 x 1080 Pixel (16:9, 423 ppi, geschützt von Gorilla Glass 3)
Prozessor:
Octacore-SoC (Quadcore 2 GHz A53 und Quadcore 1,5 GHz A53, Kirin 930)
RAM:
3 Gigabyte
Speicher:
16 GB intern, microSD-Kartenslot
Betriebssystem:
Android 5.0 (Emotion UI 3.1)
Anschlüsse/Extras:
microUSB, Bluetooth 4.1, WLAN (a/b/g/n), LTE
Akku:
2.680 mAh
Kamera:
13 Megapixel (Rückkamera, Dual-LED-Blitz, optischer Bildstabilisator), 8 Megapixel (Frontkamera)
Videos:
Aufnahme in 1080p bei 30 fps möglich
Maße:
144,9 x 72,1 x 6,4 mm, 144 Gramm
Preis:
499 Euro (UVP)

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Michael Leitner

derfleck

Liebt Technik, die Möglichkeiten für mehr bietet - von Android bis zur Z-Achse des 3D-Druckers. Begeistert sich aber auch für Windows Phone, iOS, BlackBerry und Co. Immer auf der Suche nach "the next big thing". Lieblingsthemen: 3D-Druck, Programmieren, Smartphones, Tablets, Open Hardware, Videospiele

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