Japan sieht Pflegeroboter als Massenmarkt
Singen, Streicheln, Sprechen - japanische Pensionisten haben dafür öfter einen Roboter als Partner. Die Gesellschaft überaltert rasch, kluges Gerät soll das Problem stemmen helfen. Denn Industrie- und Forschungseinrichtungen der fernöstlichen High-Tech-Nation konzentrieren sich aber längst nicht mehr nur auf Unterhaltungsroboter. In den Mittelpunkt rücken zunehmend Service- und Pflegeroboter.
Keine andere Industrienation überaltert so schnell wie Japan. Als Folge wird ein erheblicher Mangel an Pflegekräften erwartet. In Japan fehlen im 2020 voraussichtlich 400.000 Fachkräfte in diesem Bereich. Um diese Lücke zu schließen, setzen die Japaner verstärkt auf Roboter. Der weltgrößte Automobilkonzern Toyota Motor hat einen "Care Assist Robot" entwickelt, der helfen soll, Patienten in Krankenhäusern oder Pflegeeinrichtungen aus dem Bett zu hieven oder zur Toilette zu bringen. Der Elektronikriese Panasonic hat ein Bett ersonnen, bei dem sich ein Teil in eine Art Rollstuhl verwandelt.
Exoskelett
Panasonic arbeitet zudem an einer Reihe von Roboteranzügen wie dem batteriebetriebenen Modell "Ninja", die es dem Träger ermöglichen sollen, schwere Gegenstände oder auch Menschen zu transportieren. "Spezielle Sensoren messen dabei, wie viel Kraftwand genau vonnöten ist", erklärt Panasonic-Sprecherin Yayoi Watanabe. Einen ähnlichen, mit Kompressoren betriebenen Anzug zum Tragen schwerer Lasten will im Sommer der kleinere Konkurrent Kikuchi herausbringen.
Nicht nur im Pflege- und Medizinsektor, auch in Land- und Forstwirtschaft sollen die Geh- und Tragehilfen zum Einsatz kommen. Bekannt auch über Japans Landesgrenzen hinweg ist bereits der im Bereich Rehabilitation eingesetzte "Robot Suit HAL" des Unternehmens Cyberdyne. Der Anzug soll Patienten nach einem Schlaganfall dabei helfen, wieder laufen zu lernen.
Mein Freund, der Roboter
"Industrieroboter tragen dazu bei, dass weniger Arbeitskräfte eingesetzt werden müssen und die Produktivität erhöht wird. In der Pflegebranche spielen jedoch die Menschen die Hauptrolle, und die Roboter unterstützen die Menschen, sie leben miteinander", erläutert Shiro Sekiguchi. Er ist führender Mitarbeiter einer Organisation zur Förderung der Verbreitung von Pflegerobotern in der Tokioter Nachbarstadt Yokohama. "Es wird nicht dazu kommen, dass Roboter die Pflege von Menschen übernehmen", sagt er.
Ohnehin gestaltet sich die flächendeckende Einführung von Service- und Pflegerobotern derzeit noch schleppend. Nach Angaben des Wirtschaftsforschungsinstituts Yano belief sich der Markt für Pflegeroboter im Steuerjahr 2012/2013 (1. April) auf lediglich gut eine Milliarde Yen (sieben Millionen Euro). Ein Grund sind Experten zufolge die hohen Entwicklungskosten. Weiteres Problem sei die Funktionalität.
Der Pflegebereich stellt die Entwickler vor komplexe Aufgaben, was sie schnell an die Grenzen des technisch Machbaren stoßen lässt. Zudem gibt es bei der älteren Bevölkerung trotz aller Technikbegeisterung durchaus Vorbehalte gegenüber Robotern.