Online-Banking: Österreichs Banken im Test
Für die Bewertung der Online-Auftritte stand der futurezone der Usability-Experte Max Scheugl zur Verfügung, der selbst schon für internationale Finanzinstitute als Web-Designer im Einsatz war (die getesteten österreichischen Banken zählen nicht zu seinen Kunden). Er analysierte die Banken hinsichtlich der Einstiegsseite, Kontoübersicht und Überweisungsfunktion sowie deren mobilen Webseite. In Wahrheit würden die meisten Kunden Online-Banking nämlich überwiegend für zwei Grundfunktionen nützen, zum Kontrollieren des Kontostandes und für Überweisungen, so Scheugl.
Bank Austria: Zu viele Klicks benötigt
Die zuletzt vielgescholtene Bank Austria lässt Kunden klassisch rechts oben zum Online-Banking kommen. Die Log-in-Seite ist übersichtlich, außerdem müssen nur zwei Felder - Verfügernummer und fünstelliger PIN eingegeben werden. Einziger Verbesserungsvorschlag aus Usability-Sicht wäre die Möglichkeit, statt einer abstrakten Verfügernummer sich einen sprechenden Verfüger-Log-in wählen zu dürfen. Zwei Zahlenreihen seien schwierig zu merken und werden daher eher aufgeschrieben - laut Scheugl ein unnötiges Sicherheitsrisiko.
Bankensprech
Die Übersicht der Einstiegsseite ist auf den ersten Blick aufgeräumt, Konten und Kreditkarten werden mit entsprechendem Saldo untereinander angezeigt. Negativ fällt allerdings auf, dass die Bank Austria auf bankspezifische Termini wie „Saldo“ und „Disposaldo“ zurückgreift, was den meisten Kunden wohl wenig sagen wird. In weiteren Unterseiten operiert die Bank Austria auch noch mit „Buchungssaldo“ und „Valutasaldo“ bei den angezeigten Beträgen. Das verwirrt und ist laut Scheugl keinesfalls die Sprache des Kunden.
Dass auf der Überblicksseite auch Umsätze ersichtlich sind, ist positiv, wenngleich die Zuordnung der angezeigten Beträge zum jeweiligen Konto (Giro, Kreditkarte, Sparkonto) nicht optimal ersichtlich ist. Die Bank Austria verzichtet zudem auf die wichtige Überweisungsfunktion im Hauptmenü links. Um eine Überweisung durchzuführen, muss der Reiter „Aufträge“, danach „Inlandsaufträge“ und schließlich auf 3. Ebene der „Inlandsauftrag“ ausgewählt werden. Immerhin: auch die Bank Austria bietet auf der Übersichtsseite rechts unter „Quicklinks“ eine Abkürzung.
Viele Klicks
Auch sonst benötigt das Aufrufen von Konto- oder Kreditkarteninformationen deutlich mehr Klicks als bei der Konkurrenz. Klickt man bei der Übersicht etwa auf die angezeigte Kreditkarte, landet man nicht bei der Umsatzliste derselben, sondern auf einer Übersichtsseite der eigenen Kreditkarten, wo allerdings nur das Kredit-Limit und nicht der Kontostand (Saldo) angezeigt wird. Umsätze werden umständlicherweise erst nach erneutem Klick und manueller Auswahl des gewünschten Zeitraums angezeigt.
Mobiles Angebot
Punkten kann die Bank Austria bei ihrer mobilen Seite – sofern der Kunde sie überhaupt findet. Denn ein Einstieg über bankaustria.at auf dem Handy führt nur zur Desktopversion. Hat man sich die mobile Version ergoogelt, wird man durch eine übersichtliche Einstiegsseite überrascht. Positiv ist hier, dass bei der Eingabe der Verfügernummer etwa beim iPhone gleich die Ziffern-Tastatur eingeblendet wird. Warum man das gleiche nicht bei der PIN-Eingabe geschafft hat, sei dahingestellt.
Die reduzierte Oberfläche ist Scheugl zufolge vorbildlich. Dass der Kontostand allerdings erst unter dem Menü und somit außerhalb des sichtbaren Bereiches angesiedelt ist, sei verbesserungswürdig, ebenso wie der Umstand, dass das Log-out unter einem intransparenten grauen Reiter versteckt ist.
Alternativ bietet die Bank Austria auch eine App für Smartphones an.
easybank: Eine Direktbank ohne mobile Webseite
Die BAWAG-Tochter easybank, deren Webseite bis auf die Farbgebung praktisch ident mit der des Mutterkonzerns ist, versteht sich als Direktbank, mit der man in erster Linie online in Kontakt tritt. Ein Klick auf “Login easy internetbanking” auf der Startseite, und der Kunde landet bei der Anmeldemaske. Wie auch bei anderen Banken üblich, meldet man sich mit Verfügernummer und bis zu 16-stelligem PIN-Code an. Was man danach zu sehen bekommt, überzeugt Usability-Experten Scheugl. “Man sieht auf den ersten Blick sein Guthaben, das ist das Wichtigste.” Klickt man sich in sein Girokonto hinein, werden Einnahmen und Ausgaben übersichtlich dargestellt, wobei erstere schwarz und letztere rot gefärbt sind. “Warum die Inlandsüberweisung als oft verwendete Funktion nicht Bestandteil der Hauptnavigation ist, verstehe ich auch hier nicht”, sagt Scheugl.
Löblich: Demo-Version verfügbar
Immerhin: In der linken Spalte unter “Favoriten” ist die Hauptfunktion “Inlandsüberweisung” zu finden. Hier können Nutzer ihre wichtigsten Funktionen personalisiert ablegen, um schnellen Zugriff auf sie zu haben. Auch hier sagt Scheugl: “Das machen aber nur Power-Nutzer, also etwa fünf Prozent. Alle anderen verwenden das, was voreingestellt ist.” Gut umgesetzt sei die Paginierung am unteren Ende der Umsatzlisten, mit denen man schnell zu früheren Einträgen hüpfen kann. Das Postfach rechts oben für die Kommunikation mit dem Bankbetreuer sowie zu den persönlichen Profildaten und Logout-Knopf rechts oben seien dort, wo sie sein sollten. Wer einen Blick hineinwerfen will: easybank bietet eine Demo-Version online an, die man jederzeit abrufen und ausprobieren kann.
Was bei der easybank als Direktbank verwundert, ist, dass sie keine mobile Webseite bietet, über die man am Smartphone in optimierter Form auf sein Konto zugreifen kann. Stattdessen verweist die easybank auf die kostenlosen Apps für iPhone und Android (Apps für iPad und Android-Tablets folgen 2013). Deren kreisrundes Navigationsmenü wirkt auf Scheugl verspielt und könnte seiner Meinung nach seriöser gestaltet sein.
Erste Bank: Durchwegs gelungen mit kleinen Haken
Erste-Bank-Kunden brauchen von der Startseite zwei Klicks zum eigentlichen Login-Bereich. “Die beiden Login-Felder könnte man gleich auf der Startseite anbieten”, sagt Scheugl. Einmal eingeloggt, bekommt der Nutzer aber zuerst einmal viel Übersicht über sein Geld angezeigt. Auch das Wording ist gelungen. “Unter Bezeichnungen wie “Kontostand” oder “verfügbarer Betrag” kann man sich etwas vorstellen”, so Scheugl mit Verweis auf Wörter wie “Disposaldo oder “Schnellzugang” bei anderen Anbietern.
Guten Überblick bieten dann die Übersichtsseite oder die Umsatzliste. Die Beträge von Ein- und Ausgängen sind farblich passend rot und grün gekennzeichnet, die Sortierung der Umsätze nach Monaten ist laut Scheugl “brauchbar”. “ Auch das Logout ist da, wo es hingehört”, also rechts oben.
Fast perfekt
Perfekt ist aber auch die Erste Bank nicht: Dass sich hinter dem Link “Zahlungsverkehr” nicht gleich die Maske für Inlandsüberweisungen auftut, ist nicht optimal und laut Scheugl ein Eck zu kompliziert. Dass man dann zu anderen Überweisungsarten wie fürs Finanzamt oder ins Ausland mit einem Klick wechseln kann, gefällt schon besser. Das Online-Banking der Ersten bietet dem Nutzer auch die Möglichkeit zur Personalisierung seines Accounts - so lassen sich die verschiedenen Girokonten nach Belieben in die obere Navigationsleiste legen. Diese Funktion solle man aber nicht überbewerten. “Erfahrungsgemäß verwenden die User einen Web-Dienst, wie er standardmäßig ausgeliefert wird, kaum ein User personalisiert etwas”, so Scheugl.
Mobiles Angebot
Auch die mobile Webseite der Ersten kann weitgehend überzeugen. Eine Browser-Weiche sorgt dafür, dass Smartphones automatisch auch auf dieser landen - ein prominenter roter Link führt von der mobilen Startseite zum Login. Am User Interface gibt es ansonsten wenig auszusetzen - lediglich zur Eingabe von Verfügernummer und PIN könnte die Webseite dem Nutzer standardmäßig den Zahlenblock statt der Tastatur anzeigen. Im Vergleich zur Bank Austria und zu Raiffeisen könnte der Kontostand zudem noch prominenter angezeigt sein.
Anzumerken bei der Ersten ist, dass sich die Bank bemüht, innovativ im App-Bereich zu sein. Davon zeugt etwa eine Funktion der iPhone-App, die erlaubt, Beträge per Bluetooth zwischen Erste-Bank-Konten schnell und einfach zu überweisen sowie eine vor kurzem gelaunchte Spar-App (für iOS und Android), die auf spielerische Weise zum Geld sparen animieren sollen. Die reguläre Erste Bank App ist für iOS, Android und Window Phone 7 verfügbar.
Raiffeisen: Solides Angebot
Die stark regional geprägte Raiffeisen-Bank lässt alle Kunden – anders als etwa die Volksbank – über raiffeisen.at auf ihr Online-Banking einsteigen. Nach dem Klick auf den Anmeldebutton „ELBA-internet“ landet man bei der Log-in-Seite. Diese weist laut dem Usability-Experten Scheugl aber einige Schwächen auf. Ob diese in einem offenbar Ende November anstehenden Relaunch behoben werden, bleibt abzuwarten.
Verwirrendes Log-in
Zum einen setzt Raiffeisen auf die Auswahl verschiedener Anmeldeverfahren, was für Kunden Scheugl zufolge verwirrend sei. Beim Standard-Login müssen mit PIN insgesamt vier Felder eingegeben werden, darunter die schwer zu merkende Verfügernummer. Als größtes Manko gilt allerdings die Anordnung der Login-Felder am unteren Seitenrand. „Bei kleineren Bildschirmen verschwinden die Login-Felder somit aus dem Sichtfeld. Das ist schlecht, denn alles, was mich als Kunde auf dieser Seite interessiert, ist der Log-in“, so Scheugl.
Während die Konto-Übersicht und die Umsatzliste aufgrund ihrer Übersichtlichkeit kaum Grund für Kritik liefert, verräumt auch Raiffeisen im Hauptmenü die wichtige Überweisungsfunktion. Diese ist unter dem Punkt „Zahlungsverkehr“ – „Aufträge“ zu finden. Anders als so manch andere Bank bietet die Bank allerdings auch den Punkt „Überweisung erfassen“ auf der Startseite unter „Direktlinks“ an. Nicht optimal ist Scheugl zufolge auch, dass das Online-Banking in einer Pop-up-ähnlichen Zusatzseite ohne entsprechende Browser-Buttons wie „vor“ und „zurück“ aufgeht.
Mobil top
Vorbildlich agiert die Bank allerdings beim mobilen Web. Die Eingabe von raiffeisen.at über den mobilen Browser führt direkt zu einer für Smartphones adaptierten Version. Abgesehen von der Wahl des Anmeldeverfahrens, das Kunden verwirren könnte, ist der mobile Webauftritt vorbildlich gestaltet. Kontoanzeige, Umsätze und selbst eine Überweisung lassen sich mit wenig Aufwand tätigen. Dass der Abmelde-Knopf auffallend und in roter Farbe gestaltet ist, sei sicherheitstechnisch lobenswert. Laut Scheugl sollte er aber oben rechts – wo auch der Name des eingeloggten Kunden angezeigt wird – positioniert sein.
Auch die Raiffeisenbank bietet eine Reihe von Smartphone-Apps für iOS und Android an.
Volksbank: Schwer zu finden, schwer zu lesen
Neueinsteigern für Online-Banking macht es die regional organisierte Volksbanken-Gruppe nicht leicht. Wer nicht direkt seine Filiale im Internet sucht und stattdessen auf volksbank.at einsteigt, muss beim Online-Banking-Einstieg erst über mehrere Klicks die Webseite seiner Filiale finden. Obwohl das technische System dahinter das gleiche ist, funktioniert der Einstieg über die Maske – anders als etwa bei der ähnlich organisierten Raiffeisenbank – nur über den Online-Auftritt der jeweiligen Filiale.
Übersichtlich
An der Übersichtlichkeit der Log-in-Maske hat Scheugl wenig auszusetzen. Als Minus-Punkt gilt aber auch hier, dass User drei anstatt zwei Felder zum Einstieg ausfüllen müssen und auch die Volksbank auf eine schwer zu merkende Verfügernummer setzt. Dass der ebenfalls notwendige Verfügername und der PIN-Code vom Kunden selbst gewählt werden können und keine abstrakte Ziffernkombination sein müssen, ist positiv anzumerken.
Während die schlichte Konten-Übersicht ihren Zweck erfüllt und sich die jeweiligen Buchungen leicht aufrufen lassen, kritisiert Scheugl, dass auch die Volksbank die wichtige Überweisungsfunktion in der Hauptnavigation versteckt. Um den Punkt „Überweisung Inland“ aufzurufen, müssen Kunden ein mit „Schnellzugang“ betiteltes Drop-Down-Menü auf der Startseite aufklappen. Alternativ findet sich beim Punkt „Girokonten“ versteckt der Unterpunkt „Auftrag erstellen“ – hier ohne entsprechenden Hinweis auf das „Überweisen“.
Design nicht zeitgemäß - mobile Seite Fehlanzeige
Als größtes Manko der Seite bezeichnet Scheugl allerdings die „viel zu kleine Schrift“, die sich durch den ganzen Online-Auftritt zieht. Derart kleine Schriftgrößen seien gerade für ältere Kunden nicht akzeptabel. Auch der Logout-Hinweis und das Weiterblättern bei den eigenen Umsätzen fällt entsprechend winzig aus. Dieser Umstand fällt umso schwerer ins Gewicht, da die Volksbank weder eine mobile Seite noch eine eigene App anbietet. Wer also über sein Smartphone seinen Kontostand abfragen möchte, hat bei der Volksbank schlechte Karten.
Fazit: Erste Bank knapp vorne
In Zeiten, in denen Social-Media-Firmen seit Jahren vorzeigen, was hinsichtlich der Benutzbarkeit von Online-Diensten gemacht werden kann, ist Österreichs Online-Banking-Angebot überraschend rückständig. Das fängt bei einfachen Dingen wie der komplizierten Benennung von simplen Funktionen an, setzt sich bei teilweise unnötig langen Klickstrecken fort und hört bei fehlenden mobilen Angeboten auf. „Die Banken könnten es Kunden online noch viel leichter machen. Leider werden immer noch erschreckend oft elementare Grundprinzipien des Webdesigns ignoriert", so das Fazit des Usability-Experten Scheugl.
Im Überblick
Die Erste Bank ist, was Desktop, mobile Seite und Apps betrifft, derzeit am besten aufgestellt. Die mobile Seite ist nicht überragend, zeigt aber auch keine auffallenden Schwächen. Einige Apps runden das Angebot ab. Bank Austria und Raiffeisen können zwar mobil ebenfalls punkten, haben aber gerade im Desktopbereich noch Verbesserungsbedarf. Die jüngste Umstellung der Bank Austria hat viele Bedienschritte unnötig verkompliziert, bei Raiffeisen darf man auf das angekündigte Redesign in wenigen Wochen gespannt sein, das ein zeitgemäßeres Design und mehr Übersichtlichkeit verspricht.
Das Online-Angebot der easybank ist solide, wenngleich das Fehlen einer mobilen Webvariante für eine Online-Direktbank überrascht. Von den fünf getesten Banken hat die Volksbank im Internet den größten Aufholbedarf. Die elementaren Funktionen sind zwar übersichtlich, schwere Lesbarkeit, unzeitgemäßes Design sowie der Verzicht auf mobile Services machen die Bank zum Schlusslicht bei modernem Online-Banking.
- Bank Austria: 30-Euro-Gutschein als Trost
- Kreditkarten erhalten Tasten und Display
- Bank Austria sichert Pannenhilfe zu