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Pro-Ject Audio am Ohr: Zwei Kopfhörer im Test

Pro-Ject Audio kennt man hauptsächlich für seine weltweit erfolgreichen Plattenspieler. Audiophilen ist vielleicht auch noch die Box Design-Reihe bekannt, mit der man seine eigene, kompakte Anlage aus optisch aufeinander abgestimmten, hochwertigen, Einzelkomponenten zusammen stellt.

Weniger bekannt ist, dass Pro-Ject Audio auch zwei Kopfhörer im Sortiment hat. Angesichts der anderen Produkte des österreichischen Unternehmens, deren Preise oft nicht gerade in die Kategorie Schnäppchen einzuordnen sind, überrascht der empfohlene Verkaufspreis von 99 Euro für den Hear It One und 59 Euro für den Hear It Two. Die futurezone hat die Kopfhörer getestet und sie gegen andere, „designed in Austria"-Kopfhörer des Herstellers AKG antreten lassen.

Hear it One
Der Retro-Look des Hear it One kann einem vertraut vorkommen – andere Hersteller nutzen dieselbe Bauform für ihre Kopfhörer, die zwischen 35 und 65 US-Dollar erhältlich sind. „Um die Kopfhörer günstig zu halten, haben wir ein Design gewählt, dass am freien Markt verfügbar ist und stattdessen mehr Geld in andere Komponenten gesteckt", erklärt Heinz Lichtenegger, Geschäftsführer von Pro-Ject Audio.

Der große Bügel des Hear it One ist mit Leder bespannt. Die Polsterung wirkt zwar dünn, ist aber aufgrund des geringen Gewichts des Kopfhörers ausreichend. Die Hörer werden stufenlos an Drahtbügeln höhenverstellt, eine Einrastung gibt es nicht. Dadurch können sie sich beim Transport zwar verstellen, das Nachjustieren am Kopf ist aber schnell und problemlos möglich.

Abgesehen von der Lederbespannung und den Drahtbügeln dominiert glänzend schwarzes Plastik die Optik des Hear It One. Auch die graue Platte mit dem roten Pro-Ject-Logo am linken und rechten Hörer tragen nicht unbedingt zu einem hochwertigen Look bei.

Komfort
Der Vorteil der Plastik-Optik: Der Hear It One ist mit 178 Gramm angenehm leicht für einen Over-Ear-Kopfhörer. Auch längeres Tragen ist schmerzlos möglich. Aufgrund der Größe des Bügels und der verstellbaren Hörer ist der Hear It One auch für User mit großen Köpfen noch bequem tragbar. Für kleinere Köpfe könnte der Hear It One aber schon in der kleinsten Einstellung zu groß sein.

Ein wenig störend ist, dass das geflochtene Kabel mit 1,25 Meter relativ kurz ist. Bis zum Handy in der Hosentasche reicht die Länge. Hat man aber das Smartphone am Tisch legen und lehnt sich zurück, oder dreht sich im Bürosessel, kann es schon mal knapp werden. Das Kabel kann nicht abgenommen werden. Will man also ein längeres haben, muss man auf ein Verlängerungskabel zurückgreifen.

Gewöhnungsbedürftig sind die ovalen Ohrmuscheln. Wenn man sie aber mal zurecht gedreht hat, kann man mit den Ohren gut in die ovalen Öffnungen einfädeln. „ Wir haben uns monatelang Zeit genommen mit dem Design. Wenn die Ohrmuscheln nicht dicht sind, ist es mit dem guten Klang vorbei. Als Material haben wir Memory Foam verwendet, das sich dem Ohr anpasst – das ist eigentlich der teuerste Part am Kopfhörer", so Lichtenegger. Sollte man zu große Ohren für die ovalen Muscheln haben, kann man als Zubehör runde Muscheln um zehn Euro kaufen, die etwas mehr Platz bieten.

Der Kopfhörer ist nicht klappbar, weshalb er beim Transport im Rucksack oder Handgepäck relativ viel Platz einnimmt. Immerhin ist ein Transportbeutel im Lieferumfang enthalten, ebenso wie der obligatorische 6,3mm-Adapter.

Klang
Was an Kosten beim Design gespart und nicht für die Ohrmuscheln aufgewendet wird, ist laut Lichtenegger in die Treiber geflossen. „Der Hear It One versucht den Klang von Highend-Kopfhörern zu imitieren. Eigentlich gehört er an einen Kopfhörer-Verstärker, weil was an Dynamik aus den Buchsen der Soundkarten oder dem iPhone rauskommt, ist grottenschlecht", sagt Lichtenegger. Deshalb wurde der Hear It One nicht nur mit iPhone 4S und HTC One, sondern auch am Kopfhörer-Anschluss des Notebooks und mit der Pro-Ject Audio Head Box DS getestet.

Da der Kopfhörer von der Audiophilen-Marke Pro-Ject Audio kommt, erwartet man eigentlich ein recht flaches, neutrales Klangbild. Stattdessen bekommt man einen bei den Höhen sehr scharfen Klang und überraschend starken Bass zu hören. Lichtenegger ist sich dessen durchaus bewusst: „Das Klangbild ist zu basslastig, mit neutraler Klangwiedergabe hat der Hear It One nichts zu tun."

Die maximale Lautstärke ist auch ohne Verstärker ausreichend, da man ohnehin nicht so laut aufdrehen kann, wie man manchmal möchte. Durch den scharfen Klang können die Höhen und bei manchen Songs sogar Gesang, bei höheren Lautstärken schmerzhaft sein. Mit den optional erhältlichen runden Ohrmuscheln ist der Klang etwas weniger scharf, da der Kopfhörer damit nicht ganz so gut abdichtet.

Vergleich AKG K618 DJ
Im Test muss sich der Hear It One mit einem Kopfhörer eines anderen, österreichischen Unternehmens messen. Der AKG K618 DJ kostet 100 Euro. Der On-Ear-Kopfhörer ist faltbar und hat ein 1,80 Meter langes Kabel. Das Design sieht hochwertiger aus als beim Hear It One. In der Variante K619 (120 Euro) ist er mit einem Kabel-Mikrofon für den Smartphone-Einsatz ausgestattet.

Der K618 DJ ist mit 215 Gramm nicht nur schwerer, sondern auch enger. Das ist zwar nötig, damit er als On-Ear-Kopfhörer ausreichend abdichtet, drückt aber so mehr auf den Kopf und die Ohren – bei längerer Nutzung ist der Hear It One bequemer.

Beim Klang bietet der K618 einen stärkeren und knackigeren Bass als der Hear It One. Die Höhen sind weniger scharf, dafür ist er im Mittelbereich aber nicht ganz so sauber wie der Hear It One. Einen klaren Sieger gibt es aber nicht. Bei KISS, Gorillaz und Britney Spears klingt der K618 aufgrund des Bass besser. Bei Marylin Manson und Metallica ist es unentschieden: Solange Manson nicht singt, ist der Hear It One besser und bei Metallica überzeugt zwar der Bass des K618, der Sound ist beim Hear It One aber klarer.

Bei Jazz überzeugt der Hear It One mehr, solange man nicht zu laut aufdreht, da der scharfe Klang der Trompeten sonst einen Tinnitus provoziert. Auf dem selben Grund ist auch nicht jedes Klassik-Stück für den Hear It One geeignet. Bachs Violinen-Konzerte sind aufgrund des scharfen Klangs des Hear It One mit dem K618 angenehmer zu hören.

Hear It Two
Der Hear It Two ist das zweite Modell von Pro-Ject Audio. Der On-Ear-Kopfhörer kostet 59 Euro und schlägt in eine ähnliche Kerbe wie der Hear It One: man zahlt nicht für das Design, sondern für den Klang.

Das merkt man überdeutlich. In keiner der drei verfügbaren Farben (Rot, Schwarz, Weiß) sieht der Hear It Two so aus, als würde er mehr als 19 Euro kosten. Plastik dominiert, großzügige Spaltmaße und sichtbare Nähte zwischen den Kunststoff-Teilen lassen nicht vermuten, dass die Audiophilen-Marke Pro-Ject Audio hinter dem Kopfhörer steckt.

Komfort
Die Hörer sind auf einem Drehgelenk befestigt, damit sie in richtiger Position auf dem Ohr aufliegen können. Die Höhenverstellung ist mehr als nur ausreichend. In Kombination mit dem dünnen Bügel kann man den Hear It Two so weit spreizen, dass ihn zwei Leute gleichzeitig aufsetzen könnten.

Die Höhenverstellung ist sehr leichtgängig. Bleibt man nur kurz mit dem Kabel hängen, verstellen sich schon mal die Hörer, während man den Hear It Two trägt. Das, in Verbindung mit dem geringen Gewicht von 77 Gramm, vermittelt einem ein unsicheres Gefühl. Oft glaubt man, dass der Hear It Two jeden Moment vom Kopf rutscht. Stellt man den Kopfhörer enger, können die Polster der Hörer, trotz Drehgelenk, unangenehm auf den Ohren drücken.

Ein No-Go ist das Kabel. Nicht, weil es mit 1,25 Meter eher kurz geraten ist, sondern weil es, wie bei einem In-Ear-Kopfhörer, zweigeteilt ist. Das ist unangenehm, lästig und hat bei einem 60-Euro-teuren On-Ear-Kopfhörer nichts zu suchen. Zumindest ist das Kabel geflochten.

Klang
Trotz der mäßigen Verarbeitung liefert der Hear It Two einen passablen Klang. „Der ist für mobil entwickelt: leicht und laut, damit er die Umgebungsgeräusche übertönt. Der klescht mehr als der Hear It One", sagt Lichtenegger. Die Lautstärke ist mehr als nur ausreichend, der maximale Schalldruck ist 4 Dezibel höher als beim Hear It One. Allerdings hat er das Problem mit den scharfen Höhen vom Hear It One geerbt, was bei der höheren Lautstärke noch mehr und häufiger zur Geltung kommt. Bass ist vorhanden, aber er ist noch etwas verwaschener als dies beim Hear It One der Fall ist. Auch ist der Hear It Two in den Mitten weniger sauber.

Vergleich AKG K430
Als Vergleichsmodell dient der AKG K430, der im Handel bereits ab 41 Euro zu finden ist. Auch bei diesem dominiert Plastik, dennoch sieht er höherwertiger als der Hear It Two aus. Das Gewicht ist in Ordnung, der Halt am Kopf ist stabiler als beim Hear It Two. Die On-Ear-Hörer sind ebenfalls auf Drehgelenken und noch dazu für den Transport klappbar. Die Höhenverstellung rastet verlässlich ein.

Der K430 liefert bei allen Musikrichtungen einen besseren Klang als der Hear It Two. Der Bass ist stärker und knackiger und die Höhen weniger scharf. Das Klangbild ist harmonischer, aber aufgrund der Abstimmung eher für schnelle und Basslastige Songs geeignet.

Fazit
Der Pro-Ject Audio Hear It One ist durchaus gelungen. Er empfiehlt sich vor allem für jene, die einen Over-Ear-Kopfhörer suchen, der nicht zu teuer und nicht zu wuchtig ist. Audiophile wird er wohl eher nicht begeistern: Der Bass ist nicht knackig genug, um wirklich zu beeindrucken, aber zu stark und präsent für einen neutralen Klang. Für einen Kopfhörer dieser Preisklasse ist die Klangleistung aber dennoch gut bis sehr gut, je nach persönlicher Präferenz. Hat man vor den Hear It One ohne Kopfhörer-Verstärker zu nutzen, sollte man ihn nach Möglichkeit mit dem eigenen Gerät (zB. Smartphone) testen, um festzustellen, ob einem die Höhen zu scharf sind.

Der Hear It Two hingegen ist keine Empfehlung. Verarbeitung und Komfort passen für einen Kopfhörer in dieser Preisklasse nicht und auch wenn der Klang in Ordnung ist, gibt es Konkurrenzmodelle, die es besser machen.

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Gregor Gruber

Testet am liebsten Videospiele und Hardware, vom Kopfhörer über Smartphones und Kameras bis zum 8K-TV.

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