Volkssport Hacking: Jagd auf User eröffnet
Mit dem Knacken von Apples iPhone wurde der US-Hacker George Hotz ("Geohot" ) schnell weltbekannt. Neben seinen Jailbreaks, die etwa das Entsperren des iPhones für alle Mobilfunkanbieter und das Installieren von Zusatzprogrammen außerhalb des offiziellen App Stores ermöglichen, lieferte Hotz unter anderem auch den ersten umfassenden Playstation-3-Jailbreak.
Dagegen ging Sony nun mit einer einstweiligen Verfügung vor. Der Konzern beschuldigt Hotz und eine Hacker-Gruppierung, die unter dem Namen "fail0verflow" firmiert, die Sicherheitssysteme der PS3 unterwandert zu haben und damit das Installieren von nicht rechtmäßig erworbener Software zu ermöglichen. Da Hotz, aber auch andere Hacker von Usern über Spenden unterstützt werden, wirft Sony den Beschuldigten zudem vor, die Hacks kommerziell verwertet zu haben.
"Vorgehen inakzeptabel"
"Das Vorgehen von Sony ist meines Erachtens inakzeptabel", erklärt der in der österreichischen Hackerszene verankerte Amir Hassan im FUTUREZONE-Interview. "Als Konsument sollte ich mit meinem Gerät machen können, was ich will. Derart profane Dinge wie das Installieren von Raubkopien sind zudem das Letzte, was Hacker beim Jailbreaken interessiert", so Hassan.
Ob der Konzern in den USA mit seinen Klagen durchkommt oder am Ende doch die Hacker als Verlierer dastehen, ist schwer vorherzusagen. Geohot sowie der überwiegende Großteil der nun an den Pranger gestellten Jailbreaking-Szene legen jedenfalls seit Jahren öffentlich Wert darauf, nicht mit Software-Piraterie in Verbindung gebracht zu werden. Im Gegenteil: Sie pochen darauf, lediglich die technischen Möglichkeiten auszuloten, die zur "Befreiung" eines Gerätes führen.
Apple produziert viele Hobby-Hacker
Gerade das iPhone mit all seinen softwareseitigen Beschränkungen hat in den vergangenen Jahren viel dazu beigetragen, dass selbst technisch weniger versierte User mit Hackingmethoden in Berührung gekommen sind - etwa, um das Gerät freizuschalten oder um einige interessante Zusatzfunktionen und Programme von Drittentwicklern zu erweitern. Das auch von vielen Medien strapazierte Bild des von Haus aus kriminellen Hackers beginnt zu bröckeln - ungeachtet der PR-Maschinerie der Großkonzerne.
"Die Hackerszene war immer schon von einem starken Freiheitsdenken geprägt und stand Einmischungen und Einschränkungen stets skeptisch gegenüber", unterstreicht auch Hassan. Die meisten Hackergruppen würden ohnedies gegründet, um Lösungen für Hard- und Software-Inkompatibilitäten zu finden.
"Ein leistungsstarker Rechner wie die Playstation 3 eignet sich mittels Linux-Installation perfekt für eine Clustering-Lösung", erklärt Hassan. "Mit dem Installieren von nicht rechtmäßig erworbener Software haben diese Aufgabenstellungen rein gar nichts zu tun." Dass Sony derart drastische Mittel ergreift, sei schon allein deshalb fragwürdig, da es gerade im vorliegenden Playstation-Fall nur sehr wenige Leute gebe, die den Hack durchführen können.
Wieder einmal das Urheberrecht
In Österreich wäre die Angelegenheit ein Fall fürs Urheberrecht. "Wenn die Beschuldigten beweisen können, dass es ihnen mit den Hacks nur darum geht, das Installieren von legaler Drittsoftware auf den Geräten zu ermöglichen, hätten sie zumindest hier in Österreich gute Argumente, nicht wegen eines Urheberrechtsverstoßes belangt zu werden", meint IT-Rechtler Stephan Winklbauer von der Kanzlei Willheim Müller Rechtsanwälte im Gespräch mit der FUTUREZONE. Dieser Beweis sei in der Praxis jedoch nicht ganz leicht zu erbringen.
Für Konsumenten, die nur einen Jailbreak am eigenen Gerät durchführen, diesen online aber nicht weiterverbreiten, ist Entwarnung angesagt. Denn während das "Inverkehrbringen von Mitteln zur Umgehung technischer Schutzmechanismen" sowie der "Besitz zu Erwerbszwecken" bei Computerprogrammen verboten sei, treffe dies für den Eigengebrauch nicht zu. In der Praxis rechnet Winklbauer zudem damit, dass Konzerne - wenn überhaupt - ohnehin eher gegen die Bereitsteller von Hacks vorgehen würden und die Konsumenten in Ruhe lassen. "Der rechtliche Aufwand ist einfach zu groß", so Winklbauer.
Über die Lizenz- und Nutzungsbedingungen, die dem Kunden beim Erwerb eines Gerätes beziehungsweise beim Verwenden der darauf installierten Software auferlegt werden, haben die Hersteller aber ein zusätzliches Druckmittel in der Hand. Apple etwa betont, dass durch das Modifizieren der Software die Garantie des Gerätes erlischt. Ein konkreter Fall, bei dem die Reparatur eines gejailbreakten iPhones deswegen abgelehnt wurde, ist bisher aber nicht bekannt. Wer sein Gerät jailbreaken möchte, sollte sich im Internet aber in jedem Fall genau einlesen und Vorsicht walten lassen.
"Wir sind auf dem Weg zum Cyberkrieg"
Smartphones im Visier von Cyberkriminellen
DeepSec: Faktor Mensch als Sicherheitslücke
(Martin Stepanek)
Links:
Metalab
Wer in die österreichische Hackerszene reinschnuppern möchte und sich persönlich mit anderen Tüftlern austauschen will, kann dies unter anderem im Wiener Metalab tun, wo in regelmäßigen Abständen auch mehrtägige Hacking-Events stattfinden.