Britische Corona-Mutation ist um 56 Prozent infektiöser
Bei einer Pressekonferenz am Freitag haben Gesundheitsminister Rudolf Anschober und mehrere Experten einen Überblick über das aktuelle Coronavirus-Geschehen in Österreich geboten. Die Frage nach den neuen Varianten des Virus, die in Großbritannien und Südafrika entdeckt wurden, war dabei zentral. Laut Virologin Monika Redlberger-Fritz sei die britische Variante vor allem deswegen beunruhigend, weil sie um 56 Prozent infektiöser ist als die bisher dominante Virus-Variante.
Gefahr für das Gesundheitssystem
"Wenn man 100 Personen hernimmt, haben die in der alten Variante 10 andere Personen mit dem Virus angesteckt, in der neuen infizieren sie 15,6", sagt Redlberger-Fritz. "Wenn wir nicht aufpassen, wird das ein Problem." Bei der Schwere der Erkrankung gebe es zwischen alter und neuer Variante keine Unterschiede, aber wenn mehr Menschen infiziert werden, werde das Gesundheitssystem stärker belastet und es gebe mehr Todesfälle.
Impfung wirkt
Die aktuellen COVID-19-Impfungen seien aus momentaner Sicht auch gegen die britische Variante wirksam. Es gelte nun, die Variante aus Großbritannien so gut wie möglich fernzuhalten, das Infektionsgeschehen in Österreich so niedrig wie möglich zu halten und die Durchimpfungsrate rasch zu steigern. "Die neuen Varianten müssen ein Weckruf sein, dass wir die Situation weiterhin ernst nehmen", sagt Biologe Andreas Bergthaler, der intensiv an der Sequenzierung von COVID-Varianten arbeitet.
Durchhalten
"Die Schutzmaßnahmen sind nicht High-Tech. Man muss sie einfach nur durchhalten." Genauso sieht es Gesundheitsminister Anschober: "Die nächsten Monate werden noch schwierig." Niedrige Temperaturen, der Aufenthalt in geschlossenen Räumen und die immer noch hohe Verbreitung des Virus machen die Bekämpfung schwierig. Anschober appelliert an das Durchhaltevermögen, um die Situation gegen Frühling und Sommer signifikant zu verbessern.
Österreich steht gut da
Im europäischen Vergleich steht Österreich derzeit wieder ganz gut da. Wie Gesundheit-Österreich-Geschäftsführer Herwig Ostermann erklärt, seien die Infektionskurven in einigen Ländern nach den Weihnachtsfeiertagen wieder stark angestiegen, etwa in Tschechien und der Slowakei. In Österreich sei kein derartiger Anstieg zu verzeichnen.
"Österreich ist eines der wenigen Länder, die seit Anfang Dezember einen deutlichen Rückgang bei den Hospitalisierungen aufweist", sagt Anschober. Derzeit sind 2.371 COVID-19-Patienten in Spitalsbehandlung, 371 davon auf Intensivstationen. Als "nach wie vor hoch" bezeichnet Anschober die Sterbezahlen. 73 Menschen haben in den vergangenen 24 Stunden ihren Kampf gegen das Coronavirus verloren.
Mehr Sequenzierungen notwendig
Aufholen muss Österreich, was die Sequenzierungen von Virus-Varianten betrifft, sagt Andreas Bergthaler. "In Österreich sind wir gut ausgestattet. Bei den Sequenzierungen liegen wir im guten Mittelfeld" Nun gelte es, auf führende Nationen wie Großbritannien und Dänemark aufzuholen.
Erkenntnisse aus Österreich kämen schließlich der Weltgemeinschaft zugute. Erfolgreiche Sequenzierungen werden in offen zugängliche Datenbanken hochgeladen. In anderen Ländern, etwa im Osten Europas, gebe es die notwendige Infrastruktur für Sequenzierungen aber nicht, weshalb ständig neue Mutationen auftauchen können.
Keine Lockdown-Verlängerung
Auf die Frage, ob die Regierung eine Verlängerung des aktuellen Lockdowns plane, verneint Gesundheitsminister Anschober entschieden: "Ein ewiger Lockdown geht nicht. Man muss einen Übergang finden zu vorsichtigen Maßnahmen, die auf einen Lockdown folgen." Derzeit seien dazu bereits intensive Planungen im Gange. Näheres zu den Maßnahmen nach dem 24. Jänner werde man zeitgerecht kommunizieren.
Viel mehr Impfungen
Unterdessen will die Regierung die Schutzimpfungen wesentlich rascher verabreichen. Bis Ende der Woche sollen 30.000 Menschen geimpft sein. Anschober spricht hier von der "Pilotphase". Am Montag werden 42.000 Impfdosen ausgeliefert, in der Größenordnung gehe es danach weiter.