Gigantischer Vulkan am Mars entdeckt
„Hidden in plain sight“: Dieses Sprichwort trifft auf die neue Entdeckung am Mars zu. Forschende haben einen Vulkan gefunden, der so gigantisch ist, dass sie bisher nicht realisiert haben, dass es ein Vulkan ist.
„Wir haben gerade das Gelände eines Gebiets untersucht, in dem wir im Vorjahr die Überreste eines Gletschers gefunden hatten. Da haben wir gemerkt, dass wir in einem riesigen, erodierten Vulkan sind“, sagt Pascal Lee, führender Autor der Studie und Planetenforscher am Mars-Institut der NASA. Selbst dort waren sein Team und er natürlich nicht: Für die Entdeckung wurden die Fotos und Daten von 7 Mars-Orbitern untersucht, begonnen mit Mariner 9, der 1972 den Planeten umkreiste, berichtet Phys.org.
Größer als Irland, höher als der Mount Everest
Der Vulkan hat einen Durchmesser von 450 Kilometer. Damit würde die gesamte Insel Irland in ihn hineinpassen. Er ist mit 9.022 Metern höher als der Mount Everest.
Er befindet sich an der Grenze zwischen 2 markanten Gebieten am Mars. Eines ist das Noctis Labyrinthus (Labyrinth der Nacht), das aufgrund seiner zahlreichen Frakturen so benannt wurde. Das andere Gebiet ist Valles Marineris (Mariner-Täler), ein Grabenbruchsystem mit imposanten Canyons.
Der Vulkan hat bisher noch keinen offiziellen Namen. Aufgrund seiner geografischen Lage am Mars wird er derzeit provisorisch Noctis-Vulkan genannt. Seine Größe und der Grad der Erosion sind ein Hinweis darauf, dass er lange Zeit aktiv war.
Mehrere Hinweise
Dass der Vulkan schließlich als solcher identifiziert werden konnte, liegt an mehreren Hinweisen. Im Zentrum sind Plateaus, die einen Bogen formen. Nach innen sind sie steiler, nach außen hin flachen sie ab.
In der Nähe des Zentrums sind Überreste eines kollabierten Vulkankraters, der einst mit einem Lava-See gefüllt war. Kanäle, die durch Lava entstanden sind, Ablagerungen aus Asche und Schlacke sowie Lager von hydrierten Mineralien (Mineralien, deren kristalline Struktur durch Reaktion mit Wasser entstanden sind), sind ebenfalls zu finden.
„Diese Gegend am Mars ist bekannt dafür, eine große Vielfalt an hydrierten Mineralien zu haben. Dass solche Mineralien einen vulkanischen Ursprung haben, wurde schon länger vermutet. Insofern ist es nicht allzu überraschend, dass wir hier einen Vulkan gefunden haben“, sagt Sourabh Shubham, einer der Autoren der Studie.
Blasen und Jarosit
Im Bereich des Vulkans wurde noch ein 5.000 Quadratkilometer großes Areal entdeckt, mit vulkanischen Ablagerungen. Diese sehen wie flache, runde Hügel aus und werden von den Forschenden als „Blasen-ähnlich“ beschrieben. Sie sind vermutlich entstanden, weil eine heiße Schicht vulkanisches Material Wasser oder Eis bedeckt hat. Durch die Hitze entstand darunter Wasserdampf, der die abkühlende Schicht darüber anschwellen ließ.
Im Vorjahr wurden im Vulkan die Überreste eines antiken Gletschers gefunden. Hinweis darauf gab eine Ablagerung mit Jarosit. Dies ist vermutlich durch eine chemische Reaktion der Decke aus vulkanischem Material mit dem Gletschereis entstanden.
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Bewegte Vergangenheit
Der Noctis-Vulkan scheint eine bewegte geologische Geschichte hinter sich zu haben. Die Erosion dürfte durch Frakturen, Hitze und Gletscher entstanden sein. Die Frakturen und Risse sind durch die Belastung der vielen Schichten aus vulkanischen Ablagerungen, erstarrter Lava, Schnee uns Eis aufgetreten. In diesen Frakturen konnte Lava an verschiedene Orte des Vulkans vordringen, was zur hitzebedingten Erosion führte. Dabei schmolzen auch große Mengen eingeschlossenes Eis. Das Resultat waren Hohlräume in den Ablagerungen, was schließlich zum Kollaps ganzer Sektionen des Vulkans führte.
Nach und nach verschwanden weitere Gletscher und ließen markante Canyons im Vulkan zurück, die auch heute noch sichtbar sind. Die Gletscher-Überreste, die im Vorjahr in der Region gefunden wurden, könnten die jüngsten Spuren dieser Gletscher-bedingten Erosionen sein.
Noctis-Vulkan birgt noch Rätsel
Während diese Theorien schon recht schlüssig klingen, behält der gigantische Vulkan aber noch einige Geheimnisse für sich. So ist etwa nicht klar, wie früh in der Mars-Geschichte der Vulkan tatsächlich aktiv wurde und ob er vielleicht sogar noch aktiv ist und wieder ausbrechen könnte.
Spannend für zukünftige Forschungen ist auch, ob die Kombination aus Wärme durch vulkanische Aktivität und Wasser aus dem Eis womöglich Leben am Mars ermöglichte, lange, nachdem der Rest des Planeten schon lebensfeindlich war.
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Sollte in dieser Gegend noch Gletscher-Eis vorhanden unter Ablagerung des Vulkans vorhanden sein, könnte das für zukünftige Mars-Missionen genutzt werden. Menschen könnten dadurch Wasser gewinnen, um Sauerstoff für eine Mars-Basis und Wasserstoff zur Stromgewinnung oder als Treibstoff herzustellen.