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Hörende Tunnel lösen bei Unfällen Alarm aus

Ein neuartiges akustisches Tunnelsicherheitssystem soll dabei helfen, dass Unfälle noch schneller entdeckt und Einsatzkräfte Rettungsmaßnahmen besser koordinieren können. Das am Donnerstag im Rahmen der Alpbacher Technologiegespräche präsentierte System "AKUT" besteht aus Spezialmikrofonen, welche alle Geräusche im Tunnel aufzeichnen. Mithilfe spezieller Algorithmen löst das System Alarm aus, wenn Geräusche wie etwa Reifenquietschen, Türen zuschlagen, Aufprall-Lärm oder menschliche Schreie auf einen Unfall hindeuten.

Geräusche richtig erkennen

„Neben den hohen Materialanforderungen, die das raue Klima im Tunnel mit hohen Temperaturschwankungen, großer Luftfeuchtigkeit, aber auch die hohe Konzentration an Feinstaub, toxischen Gasen und Abgasen mit sich bringt, war die Entwicklung des Algorithmus die größte Herausforderung. Denn das System muss in der Lage sein, harmlose akustische Signale wie das Rollgeräusch von Autos von Geräuschen zu unterscheiden, die auf einen Notfall hindeuten“, erklärt AKUT-Projektleiter Franz Graf von Joanneum Research im Gespräch mit der futurezone.

Auch der Bosrucktunnel bekommt ein akustisches Tunnel-Warnsystem
In Zusammenarbeit mit der ASFINAG konnte das von Joanneum Research entwickelte und patentierte System bereits drei Jahre lang im steirischen Kirchdorftunnel auf der S35 getestet werden. Die Ergebnisse waren laut den Projektverantwortlichen überzeugend. So schlug das System bei Vorfällen stets eine bis 2,5 Minuten früher Alarm als die im Tunnel installierten Videokameras, die ebenfalls mit automatischen Detektions-Mechanismen ausgestattet sind. Im Brandfall vergehen teilweise weitere wertvolle Minuten, bis etwa die ebenfalls installierten Brandmeldekabel aufgrund der Temperaturveränderung anschlagen.

Brandgefährlich

Brände sind sicherlich das gefährlichste, was im Tunnel passieren kann und kommen öfter vor, als man denkt,“ sagt ASFINAG-Vorstand Alois Schedl zur futurezone. „Auch nur zwei Minuten sind eine Zeitspanne, die hier bereits lebensrettend sein kann.“ Dazu komme, dass durch die Rauchentwicklung Videokameras schnell „blind“ werden können. Durch die installierten Mikrofone können Einsatzkräfte sich über die auftretenden Geräusche und in weiterer Folge auch durch Kommunikation mit vor Ort Anwesenden einen besseren Überblick über das aktuelle Geschehen verschaffen. Auch Anweisungen, um Personen aus dem Gefahrenbereich zu lotsen, sind leichter möglich, da vom Kontrollzentrum auch die Sprechanlage im Tunnel bedient werden kann.

Projektentwickler Franz Graf von Joanneum Research stattet Tunnel mit intelligenten "Ohren" aus
Um die Installationskosten möglichst gering zu halten, werden die verwendeten Kugelmikrofone einfach zu den zumindest alle 125 Meter vorgeschriebenen Videokameras montiert. „Akustisch passt dieser Abstand gut, darüber hinaus erspart man sich Leitungen für die Stromversorgung, die in Tunneln sehr teuer kommen“, erklärt Projektleiter Graf. Da das System bzw. der verwendete Algorithmus aufgrund der dokumentierten Ereignisse mitlernt, soll die akustische Tunnelüberwachung in Zukunft noch präziser werden. „Unsere Geräusche-Datenbank, die dem System als Grundlage für die Alarmauslösung dient, wächst ständig“, so Graf. Auch die Rückmeldung von Mitarbeitern nach ausgelösten Alarmen wird in Zukunft in das System einfließen.

32 Tunnelanlagen

Das akustische Warnsystem soll bis 2019 in 32 Tunnelanlagen, darunter auch Arlberg-, Gleinalm- und Karawankentunnel zum Einsatz kommen. Die Investitionssumme beträgt knapp 16 Millionen Euro. Weitere 25 österreichische Tunnelanlagen könnten dann ab 2020 im Zuge von Renovierungen und Neubauten dazukommen. Auch europäische Straßen- und Tunnelbetreiber sollen bereits Interesse an dem weltweit einzigartigen System gezeigt haben. Als erstes Pilotprojekt im Ausland soll ein Tunnel in Südengland mit dem österreichischen System ausgestattet werden.

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Martin Jan Stepanek

martinjan

Technologieverliebt. Wissenschaftsverliebt. Alte-Musik-Sänger im Vienna Vocal Consort. Mag gute Serien. Und Wien.

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