Österreichische Forscher entdecken Stonehenge-Sensation
Unter dem Wall der drei Kilometer von Stonehenge entfernten steinzeitlichen Anlage von Durrington Walls fanden sie Hinweise für zumindest 200 bis zu 4,5 Meter hohe Steine, ein Teil davon ist noch vorhanden, erklärten die Forscher.
Bodenradar
Der archäologische Sensationsfund gelang den Wissenschaftern im Rahmen des internationalen Projekts „Stonehenge Hidden Landscape Project“ ganz ohne Schaufel oder Spaten. In einer Kooperation der Universität Birmingham, des Ludwig Boltzmann Instituts (LBI) für Archäologische Prospektion und Virtuelle Archäologie sowie der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) in Wien wird seit 2010 ein zehn Quadratkilometer großes Gelände rund um Stonehenge Meter für Meter mit Bodenradar und Magnetometer analysiert. Diese geophysikalischen Methoden liefern u.a. detailreiche 3D-Bilder unterirdischer Gebäude und Anlagen.
Bei sogenannten „Henges“ handelt es sich um steinzeitliche Anlagen, die aus einem runden oder ovalen Erdwall und einem innen liegenden Graben bestanden. Auf der Fläche im Inneren standen oft Stein- oder Holzpfahl-Kreise. Die wohl bekannteste derartige Anlage ist Stonehenge.
Größte Henge-Monumente
Durrington Walls zählt mit einem Durchmesser von 500 Metern (Stonehenge: 110 Meter) zu den größten Henge-Monumenten. Die Anlage besteht aus einem 1,5 Kilometer langen, 30 Meter breiten und bis zu drei Meter hohen Wall und einem innenliegenden, knapp 18 Meter breiten Graben. Im Inneren wurden bei früheren Grabungen die Überreste von zwei Holzpfahl-Kreisen („timber circles“) und Häusern gefunden.
„Wir haben Hinweise, dass die Anlage von Durrington Walls in ihrer westlichen Hälfte von zumindest 200 Steinen umgeben war, wodurch sie das größte Steinmonument in Großbritannien darstellen würde“, sagte Klaus Löcker von der ZAMG und dem LBI im Gespräch mit der APA. Tatsächlich vorhanden sind allerdings nur mehr rund 40 bis zu 4,5 Meter hohe Steine, sonst sind nur mehr die Gruben zu erkennen, in denen sie aufgestellt waren. Aufrecht steht laut Löcker kein einziger Stein mehr, sie dürften umgelegt worden sein, als der Erdwall darüber errichtet wurde.
Weitere Wall Steine
Bisher wurden nur im westlichen Teil des 1,5 Kilometer langen Walls Steine bzw. deren Überreste gefunden. Der Direktor des LBI, Wolfgang Neubauer, geht aber davon aus, dass nicht unter dem gesamten Wall Steine verborgen sind. „Ich bin überzeugt, dass das eine Steinreihe war, wie wir sie aus Carnac in Frankreich kennen“, sagte er zur APA.
In unmittelbarer Nähe zu den im Untergrund verborgenen Steinen befindet sich eine noch heute erkennbare halbkreisförmige Kreidegestein-Böschung, die von einem eiszeitlichen Fluss geformt wurde. In dieser Böschung finden sich leicht abbaubare Feuerstein-Bänke - für Neubauer der Grund, warum sich hier Menschen angesiedelt haben. Offensichtlich würdigten sie diese damals so wertvolle Ressource mit dem nun entdeckten Steinmonument, so die Interpretation der Archäologen.
Wohin die im Untergrund nicht mehr vorhandenen Steine verschwunden sind, von deren Existenz nur mehr die Fundament-Gruben zeugen, ist unklar. Löcker hält es für „unwahrscheinlich, dass Steine, die in einer rituellen Landschaft wie Stonehenge schon einmal in Verwendung waren, nicht weiter genutzt wurden“.
Monolithen
Aufgrund der Radardaten gehen die Forscher davon aus, dass es sich bei den Monolithen im Untergrund von Durrington Walls mit hoher Wahrscheinlichkeit um Sarsen-Steine aus der Region handelt. Diese wurden auch für die eindrucksvollen Konstruktionen mit zwei Trag- und einem Deckstein („Trilithen“) von Stonehenge verwendet.
Dass es weitere Steinmonumente im Umkreis von Stonehenge gegeben hat, wusste man bereits. So wurde vor einigen Jahren am Ende der sogenannten Stonehenge Avenue, die den berühmten Steinkreis mit dem Fluss Avon verband, das sogenannte „Bluestonehenge“ entdeckt - eine aus 27 Blausteinen bestehende Anlage. Allerdings ist davon kein einziger Stein, sondern nur mehr die Fundamentlöcher vorhanden.
„Mit den Steinen unter Durrington Walls haben wir also das erste große Steinmonument außer Stonehenge in der ganzen Landschaft entdeckt, wobei es mit zumindest 200 Steinen das größte Steinmonument in Großbritannien darstellt“, so Löcker. Die neu entdeckte Anlage ist nach Meinung Neubauers „mit größter Wahrscheinlichkeit weit älter“ als das 4.000 bis 4.500 Jahre alte Stonehenge.