Smart Meter-Zwang: "Petition sehr erfolgreich"
Eigentlich sollen sie beim Energie sparen helfen, die neuen intelligenten Zähler. Das war zumindest der Plan der EU dahinter, als sie eine entsprechende Richtlinie beschlossen hat. Diese besagt, dass in Europa bis 2020 80 Prozent der Haushalte mit Smart Metern ausgestattet werden sollen. Dazu musste in Österreich ein Gesetz novelliert werden. Nun hat das Wirtschaftsministerium eine Verordnung ausgearbeitet, die vorschreibt, wie viele Zähler in Österreich bis wann eingeführt werden müssen. Die Einführung soll hierzulande jedoch wesentlich schneller gehen als von der EU vorgesehen. Bis 2018 sollen 95 Prozent der Haushalte mit den neuen Zählern ausgestattet sein, bis 2016 soll die Quote bereits 45 Prozent betragen.
"Bewusstsein in Bevölkerung wächst"
Neben der Arbeiterkammer und der Ärztekammer läuft auch die Mietervereinigung seit einiger Zeit gegen die rasche "Zwangseinführung" Sturm. Sie hat dazu, ganz nach dem Vorbild der Bürgerproteste in Kanada, eine Petition gestartet. Online wurden bereits mehr als 3000 Unterschriften gesammelt, auch offline liegen Listen auf. "Ich halte die Petition bisher für erfolgreich. Es wächst das Bewusstsein in der Bevölkerung", erklärt Nadja Shah, die Bundesgeschäftsführerin der Mietervereinigung, gegenüber der futurezone. "Die größte Angst der Menschen dabei ist, dass sie sich überwacht fühlen." Mit den neuen Zählern lässt sich, wie berichtet, feststellen, ob jemand alleine lebt, ob am Herd oder mit der Mikrowelle gekocht wird, oder welches TV-Programm abends läuft.
Bei der Online-Petition weist die Vereinigung Konsumenten zugleich auf mögliche steigende Kosten hin. "Die Umstellungskosten werden auf zwei Milliarden Euro geschätzt. Pro Haushalt mit Zähler sind das rund 360 Euro. Für die laufende Betriebsführung wird mit 60 bis 240 Euro gerechnet. Dem stehen vielleicht Kosteneinsparung von 9 bis 42 Euro pro Jahr und Haushalt gegenüber", rechnet die Mietervereinigung vor. Die Umstellungskosten würden auf den Schätzungen des VERBUND-Chefs basieren, während die geschätzten Kosten für die Betriebsführung von der deutschen Energieagentur DENA stammen. Bei den Einsparungen gehe man von rund drei Prozent aus, sagt Shah. Diese Kostenrechnung sei als plakatives Instrument für Konsumenten gedacht.
"Kunde kann Sicherheitsmaßnahmen nicht beurteilen"
"Die Ferraris-Zähler haben eine Lebensdauer von rund 75 Jahren. Bei den Smart Metern hingegen fallen jedes Jahr Software-Updates an und der Sicherheitsaspekt verursacht zusätzliche Kosten", meint Shah. "Es gibt keine einheitlichen Sicherheitsvorgaben, weder im Gesetz, noch in der Verordnung. Die Anbieter, die die Sicherheit ernst nehmen, werden viel investieren müssen und nur diejenigen, die das nicht tun, werden billige Preise anbieten können", mahnt Shah. ""Der Kunde kann diese Sicherheitsmaßnahmen außerdem nicht beurteilen. Er sieht es erst, wenn etwas schief gegangen ist und seine Stromdaten im Netz aufgetaucht sind."
Die Regulierungsbehörde E-Control hingegen hatte bereits mehrfach betont, dass die Kosten für die neuen Zähler durch das bisherige Messentgelt abgedeckt seien. Die Arbeiterkammer forderte die Behörde dazu auf, dies auch schriftlich festzuhalten. Das ist der Mietervereinigung zu wenig. Diese möchte erreichen, dass vor einer flächendeckenden Einführung eine unabhängige Kosten-Nutzen-Rechnung, wie sie auch ursprünglich von der EU gefordert wurde, durchgeführt wird.
Kosten-Nutzen-Rechnung fehlt
"Bisher gibt es nur eine generelle Aussage einer Agentur, die Zähler-Modelle verkaufen will. Aber ist es wirklich effizient, das Projekt zu starten? Man will hier auf Druck Zähler tauschen, ohne Nachweis, dass dies Vorteile mit sich bringt", so Shah. "Das Hauptproblem dabei ist der Zwang. Kein Mensch wurde dazu gezwungen, sich ein Handy zuzulegen. Ich muss als Kunde selbst entscheiden können, ob ich bei etwas mitmache, oder nicht", sagt die Geschäftsführerin der Mietervereinigung. Dabei würde die E-Control bei der raschen Umsetzung immer wieder auf das Wirtschaftsministerium verweisen - und umgekehrt. "Das ist eine Abschiebung der Verantwortung und lässt nur einen Schluss zu: Entweder hilft das Wirtschaftsministerium der Zähler-Lobby oder es ist schlichtweg uninformiert."
Ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums bestätigte gegenüber der futurezone, dass sich die Verordnung bereits in der "Endbeurteilung" befinde, aber es seien noch Gespräche am Laufen. Auch mit der Mietervereinigung möchte man sich noch zusammensetzen. "Wir haben das Gefühl, dass unsere Bedenken jetzt ernster genommen werden", resümiert Shah. "Dennoch muss klar sein: Die wirtschaftlichen Interessen dürfen nicht vor Datenschutz und Datensicherheit kommen."
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