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Wie mit Scannern die Geheimnisse von Gemälden gelüftet werden

Es piepst. Ein Röntgenstrahl tastet sich vor; von einem halben Millimeter zum nächsten; völlig zerstörungsfrei sammelt das Hightech-Gerät Daten. Im Falle des „David mit dem Haupt des Goliath“ von Caravaggio zwei Wochen lang.

Es ist ein Scanner, der es Kunsthistorikern ermöglicht, mit neuester Technik tief in Gemälde einzudringen. Man könne „eine Zeitreise machen und das sichtbar machen, was darunter liegt“, schwärmt Stefan Weppelmann, Direktor der Gemäldegalerie des Kunsthistorischen Museums Wien (KHM).

Schauplatzwechsel: Rom um 1600. Seit bald acht Jahren lebt Michelangelo Merisi da Caravaggio hier. Mittellos verdingt er sich als Maler in verschiedenen Werkstätten, die allesamt im selben Ortsteil liegen. „Alle Künstler hatten ihre Ateliers hier“, sagt Weppelmann. Und die meisten waren arm. Material – Leinwand oder Holz – war also kostbar und landete nicht auf dem Müll. „Oft wurde Unvollendetes weitergegeben. Vielleicht hat Caravaggio ein von jemand anderem verworfenes Gemälde benutzt, um darauf zu malen“, vermutet der Kunsthistoriker.

Hinter "David" wird durch die Röntgenanalyse am Computer der übermalte Engel sichtbar gemacht

Engel unterm Geköpften

Tatsächlich wissen die Forscher seit den 1950er-Jahren, dass sich ein anderes Bild unter „David mit dem Haupt des Goliath“ verbirgt – dank einfacher Röntgenuntersuchungen, wie sie in der Kunsttechnologie seit langem gang und gäbe sind. Doch auf dem normalen Röntgenbild ließen sich keine Details erkennen. Nur so viel: Engel kann man ausmachen – „um 90 Grad gedreht, von einem anderen Künstler“, sagt Elke Oberthaler. Die Leiterin der Restaurierwerkstatt des KHM hat in ihr Reich eingeladen. Rechtzeitig vor der großen Herbst-Ausstellung zum Werk der beiden Künstler Caravaggio und Bernini im KHM wird der David derzeit eingehend untersucht.

Der Macro-XRF-Scanner, ein Gerät zur Analyse von Pigmenten mittels Röntgenfluoreszenz, ist eine Neuerwerbung des Kunsthistorischen Museums und erlaubt durch das Scannen in Verbindung mit Visualisierungssoftware neuartige Einblicke in die Arbeit Alter Meister. Der Reiz dabei: Die Technologie ermöglicht es, den Entstehungsprozess der jeweiligen Objekte nachzuvollziehen. Auch Fälschungen und Übermalungen lassen sich gut erforschen.

David

Darum fiel die Wahl auf dieses Werk. Oberthaler: „Bisher konnte man über die Zusammensetzung des Bildes darunter nicht viel sagen. Ist es unfertig? Welchem Künstler kann man es zuschreiben?“ Katharina Uhlir vom Naturwissenschaftlichen Labor des KHM ruft den „David“ auf dem Computer auf. Mit einem weiteren Klick taucht auf Hüfthöhe des biblischen Helden ein Viereck mit gelben und weißen Flecken auf, dann eines mit blauen und pinken. Das ist, was die Forscher unter Caravaggios Pinselstrichen ausgemacht haben. „Man erhält die Signatur bestimmter Elemente, die dann wiederum charakteristisch für bestimmte Farben sind“, erklärt Uhlir.

Kupferpigment deutet auf Azurit, Grünspan oder Malachit – also auf Blau oder Grün – hin. Quecksilber lässt sich dem roten Pigment Zinnober zuordnen, Antimon der Farbe Neapelgelb. Mit etwas Glück können die Forscher die Farben der Barock-Engel, des Harnischs und des Griffs eines Schwerts, die sich jetzt deutlich abzeichnen, rekonstruieren. „Die Auswertung ist viel mehr Arbeit als das Scannen.“ Oberthaler lässt sich noch nichts entlocken.

Kupferpigment deutet auf blaue Farbe hin, Quecksilber auf rot

Keine Seltenheit

Solche Übermalungen sind keine Seltenheit. Experten gehen davon aus, dass etwa Vincent van Gogh in manchen Jahren 30 Prozent seiner Bilder überdeckte. Daher war es 2007 auch eines seiner Werke, das als Erstes mittels Röntgenfluoreszenz analysiert wurde: „Grasgrond“. Treibende Kraft war damals Joris Dik von der Technischen Universität Delft, der Experten quer über die Fachgrenzen zusammenbrachte. Unter „Grasgrond“ enthüllten die Forscher ein Frauenporträt. Die Resultate erregten großes Aufsehen und zogen Anfragen von Museen nach sich.

Mittlerweile sind viele weitere Gemälde mit Röntgenfluoreszenz gerastert worden, darunter Werke von Goya, Rembrandt und Rubens. Dieser Erfolg ist auch Matthias Alfeld von der Universität Antwerpen zu verdanken. Er hat einen mobilen Röntgenfluoreszenz-Scanner entwickelt, mit dem Werke direkt im Museum untersucht werden können, wie jetzt auch im KHM.

Mehr Geld für Technik

Die Experten hier betrachten die Röntgenfluoreszenz als willkommene Ergänzung zu den vielen anderen Analysemethoden, mit denen Kulturgüter untersucht werden können. Weppelmann denkt, dass die Bedeutung naturwissenschaftlicher Untersuchungen in der Kunstwelt zunehmen wird: „Da wird für das Fach eine Tür aufgemacht. Man gibt heute mehr Geld für die Technik aus. Und es gibt neue Berufsbilder im Museum.“

Oberthaler findet, dass sich die neuen Methoden lohnen, „vor allem bei umstrittenen Werken mit unklarer Geschichte.“ Da können aufwendige Analysen sinnvoll sein, so wie beim „David“. Schließlich enthüllen die Naturwissenschaften auch, dass Caravaggio nur mit Erdfarben und Bleiweiß gemalt hat: „Er hat mit ganz wenigen, einfachen Materialien ungeheure Wirkung erzielt. Das zeigt, welches Können Caravaggio hatte.“

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Susanne Mauthner-Weber

Noch bin ich ja nicht überzeugt, dass das tatsächlich irgend jemanden interessiert. Für den Fall, dass doch: Seit einem halben Leben beim KURIER. Fad wird mir nur deshalb nicht, weil ich ständig Abenteuer im Kopf erlebe, Besser-Wisser interviewe und mich zumindest auf dem Papier mit Erfindungen, Entdeckungen und Errungenschaften beschäftige. Anscheinend macht das nicht nur mir Spaß - 2012 wurde ich mit dem Staatspreis für Wissenschaftspublizistik ausgezeichnet, 2013 mit dem Kardinal-Innitzer-Preis für wissenschaftlich fundierte Publizistik und 2014 mit dem Inge-Morath-Preis für Wissenschaftspublizistik. Wie gesagt: Falls das wirklich irgendwen interessiert.

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