"Zwangseinführung von Smart Metern aussetzen"
Eine Energieeffizienzrichtlinie der EU schreibt den EU-Staaten vor, dass in Europa bis 2020 80 Prozent der Haushalte mit intelligenten Stromzählern (sogenannten Smart Meter) ausgestattet werden sollen. Doch Österreich will mehr: Hierzulande sollen bis 2018 bereits 95 Prozent der Haushalte mit neuen Zählern ausgestattet werden. Das sieht eine Verordnung des Wirtschaftsministeriums, die in wenigen Tagen erlassen werden soll, vor.
Doch nicht alle stehen dieser raschen Einführung positiv gegenüber. "Das ist eine völlig überhastete Einführung, bei der in der Regel Fehler passieren. Fehler, die viel Geld kosten können. Und überhöhte Kosten tragen letztendlich die Konsumenten", erklärte Dominik Bezenka, der in der AK in der wirtschaftspolitischen Abteilung für Energiepolitik zuständig ist, gegenüber der futurezone.
"Man soll auf EU-weite Standards warten"
In der Verordnung des Wirtschaftsministeriums sind auch Zwischenschritte vorgesehen. Konkret muss bis zum Jahr 2014 eine Flächendeckung von 15 Prozent erreicht werden, bis zum Jahr 2016 sollen es bereits 45 Prozent sein. "Das ist kritisch, weil es nur einige wenige Energieversorger in Österreich gibt, die Pilotprojekte am Laufen hat", so Bezenka. Andere seien erst am Beginn und diese wären mit diesen verpflichtenden Zwischenschritten überfordert.
Die Netzbetreiber würden dazu verpflichtet, bereits jetzt Zähler einzukaufen, obwohl es in Österreich erst zwei zertifizierte Zähler-Modelle (von Echelon und Siemens) gebe, führt Bezenka weiter aus. "Für einen Preiswettbewerb ist das sicherlich nicht förderlich, wenn nur zwei Anbieter die Kriterien erfüllen". Die Zähler würden zudem derzeit noch nicht problemlos miteinander kommunizieren können. "Man sollte daher auf EU-weite Standards warten", empfiehlt Bezenka aus wirtschaftlicher Sicht. Diese seien gerade erst in Ausarbeitung.
Gegen Netzentgelt-Erhöhung
"Der Wirtschaftsminister soll den Verordnungsentwurf zurücknehmen", forderte die AK aus diesem Grund am Donnerstag. Während der Vorstand der E-Control, Walter Boltz, gegenüber Medien bereits mehrfach betont hat, dass "Smart Meter-Kosten durch das Netzentgelt abgedeckt" seien, da das derzeitige Entgelt eigentlich "zu hoch angesetzt" sei, fordert die AK, dass dies schriftlich festgehalten werden müsse, denn vonseiten der Netzbetreiber höre man immer wieder das Gegenteil. "Eine Erhöhung der Netzentgelte um zehn bis zwölf Euro pro Jahr für den Austausch der Zähler lehnen wir ab."
Die Arbeiterkammer warnt zudem vor einem "drohenden Tarif-Dschungel". Nach der Einführung der Smart Meter könnten Stromlieferanten unterschiedliche Tarife anbieten, abhängig nach Tageszeit oder Leistung. "Aus den Anfangstagen der Expansion bei Telekommunikationsbetreibern wissen wir, dass es damals zu starken Produktdifferenzierungen gekommen ist. Es gab beispielsweise Gratis-Tarife in der Nacht und vier verschiedene Tarifzonen über den Tag verteilt. Da waren die Preise nicht mehr miteinander vergleichbar", erklärt Bezenka.
"Keine Tarifmodelle zum Nachteil der Konsumenten"
So könne dies beispielsweise dazu führen, dass man versehentlich zu einem teureren Anbieter wechsle, wie es in Großbritannien vielen Kunden passiert sei. "Es muss sichergestellt werden, dass einzelne Haushalte nicht draufzahlen und es müssen rechtliche Möglichkeiten geschaffen werden, damit Tarifmodelle zum Nachteil der Konsumenten untersagt werden können", fordert die AK.
Auch bei den Fragen rund um den Datenschutz sei noch nicht alles geklärt. Bei einem Smart Meter erfolgt die Datenspeicherung und Übermittlung an den Strom-Netzbetreiber automatisch. "Diese Daten lassen klare Rückschlüsse auf die Lebensgewohnheiten der Menschen zu, was in ihre Privatsphäre eingreift", so Bezenka. Zudem sei der Zweck, zu dem die Daten erhoben werden, sehr unscharf formuliert. "Hier besteht keine Rechtssicherheit und das ist für Netzbetreiber schlecht, denn ihnen darf nicht aufgebrummt werden, dass sie sich mit missverständlichen Datenschutzbestimmungen herumschlagen müssen."
Verbrauchsdaten "hochsensibler Bereich"
In den Niederlanden sei es etwas bereits dazu gekommen, dass im Scheidungsfall einer der beiden Ehepartner die Einsicht in die Stromverbrauchsdaten gefordert hat, um nachzuweisen, dass sich zu einem bestimmten Zeitpunkt zwei Personen im Haushalt aufgehalten haben, erzählte Bezenka. "Das ist ein hochsensibler Bereich".
Auch die österreichische Mietervereinigung machte am Donnerstag gegen die "Zwangseinführung" mobil. "Die Mietervereinigung fordert die Zwangseinführung der intelligenten Stromzähler auszusetzen, solange die offenen Punkte ungelöst sind", heißt es in einer Aussendung. Man verlange eine objektive Kosten-Nutzen-Rechnung aus Sicht der Konsumenten und klare Regelungen über Art und Umfang der fernübertragenen Informationen in den Bereichen Datenschutz und Datensicherheit.
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