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Green Tech: Wie künstliche Intelligenz beim Klimaschutz hilft

Mehr als 70.000 Tonnen Lebensmittel aus Supermärkten landen Studien zufolge in Österreich jährlich auf dem Müll. Um leere Regale und damit das Abwandern der Kund*innen zur Konkurrenz zu vermeiden, würde im Lebensmittelhandel oft mehr bestellt als tatsächlich verkauft werden könne. Was übrig bleibe, werde dann meist weggeworfen, sagt Eric Weisz. Mit seinem Start-up circly will er mithelfen, die Lebensmittelabfälle im Einzelhandel zu reduzieren.

Dazu hat das in St. Pölten ansässige Unternehmen eine Lösung entwickelt, die das Kaufverhalten von Kund*innen analysiert und detaillierte Prognosen über den tatsächlichen Bedarf abgibt. "Unsere Aufgabe ist es, durch präzise Planung die Bestandsmengen zu optimieren", sagt der Gründer. Beide Risiken für Händler - leere Regale und Überschüsse - könnten damit vermieden werden.

Bei seiner Lösung bringt circly künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen zum Einsatz. In die Analysen fließen Absatzdaten und Marketingaktionen der Lebensmittelhändler*innen ebenso ein wie branchenspezifsche Kennzahlen, Wetterdaten, Feiertage und Events, etwa wichtige Fußballspiele. Das System erkennt Muster und lernt mit jedem Datensatz dazu.

"Kinderleichte künstliche Intelligenz"

Die Lösung hat noch einen weiteren Vorteil. Sie kann von Händlern leicht bedient und auf eigene Besonderheiten abgestimmt werden. Weisz spricht von "kinderleichter künstlicher Intelligenz", die nach dem Baukastenprinzip von den Anwendern ohne Vorkenntnisse zusammengestellt werden kann: Haben sie ihre Daten in die Lösung eingespeist, erhalten die Händler Prognosen, wie viele Stück von welcher Ware sie bestellen, mit welcher Kundenfrequenz sie rechnen müssen und wie viel Umsatz sie erwarten können.

Fehlplanungen könnten mit der Softwarelösung in der Regel halbiert werden, sagt Weisz: "Statt 30 Fällen, in denen Waren weggeworfen werden müssen, sind es dann nur noch 15."

Bernhard Lutzer, Eric Weisz und Armin Kirchknopf von circly (v.l.n.r.)

Leistungssteigerung von Windrädern

Künstliche Intelligenz bringt auch das Grazer Start-up i4SEE TECH zum Einsatz. Allerdings nicht um Überschüsse zu reduzieren, sondern um Windräder vor dem Ausfall zu bewahren und ihre Leistung zu steigern.

Die Software des Start-ups, die bereits bei 3.000 Anlagen weltweit analysiert, stellt fest, wo es Optimierungsbedarf gibt und kann auch frühzeitig erkennen, ob Reparaturen an den Anlagen notwendig sind. Dazu werden die Betriebsdaten der Windkraftanlagen analysiert. Auch die langjährige Branchenerfahrung des Teams fließt in die Softwaremethode mit ein, erzählt Gründer Christopher Gray: "So entsteht eine Mischung aus maschinellem Lernen und menschlicher Erfahrung."

Mit Hilfe der Software des Start-ups könnten Stehzeiten um 50 Prozent reduziert und die Instandhaltungskosten um 10 Prozent gesenkt werden, sagt Gray. Die Effizienz könne bei großen Flotten um 0,5 Prozent gesteigert werden.

Seine Software will das Start-up künftig auch in anderen Technologiebereichen, etwa der Photovoltaik und der Batteriespeicherung zum Einsatz bringen. Erste Versuche mit Photovoltaik-Daten würden bereits durchgeführt, erzählt Gray.

Mikroplastik aufspüren

Das Wiener Start-up Purency setzt maschinelles Lernen ein, um das für Mensch und Umwelt schädliche Mikroplastik in der Umwelt oder Produktproben aufzuspüren.

Die von dem Unternehmen entwickelten Algorithmen analysieren Anzahl, Art und Größe von Mikroplastik-Partikeln in Proben. 20 verschiedene Polymer-Arten können mit der Methode, bei der Proben mit elektromagnetischer Strahlung im Infrarotbereich beleuchtet werden, unterschieden werden. Partikel mit einer Größe von 10 Mikrometern können erkannt werden. Die Daten seien komplex und schwierig zu analysieren, sagt Purency-Mitgründer Michael Stibi. "Man braucht maschinelles Lernen, weil klassische Ansätze mit den Datenmengen nicht zurechtkommen."

Den Analyseprozess vergleicht er mit Captchas im Internet. Genauso wie Internetnutzer dabei Ampeln oder Autos auf Bildern erkennen müssen, identifiziert die Purency-Software Mikroplastik-Partikel in den Proben. Untersucht werden dabei etwa Proben aus Flüssen, Klärschlamm oder Trinkwasserbrunnen. Auch an einem Forschungsprojekt zur Untersuchung von Lebensmitteln ist das Start-up beteiligt.

Solche Analysen seien der Ausgangspunkt, um Mikroplastik aus der Umwelt herauszubekommen. Filtermethoden könnten erst entwickelt werden, wenn es verlässliche Messmethoden gibt, sagt der Chemiker: "Das ist der erste Schritt, um das Problem zu bewältigen."

Viel Potenzial für den Klimaschutz

Künstliche Intelligenz biete sehr viel Potenzial für den Klimaschutz, sagt Stibi: "Weil man mit etwas Kreativität und relativ einfachen Algorithmen etablierte Prozesse stark optimieren kann." Vor allem im Bereich der grünen Energietechnologie seien damit enorme Effizienzsteigerung möglich, sagt i4seetech-Gründer Gray.

Der Einsatz der Technologie sei in Österreich aber noch ausbaufähig, meint circly-Gründer Weisz. "Dort, wo die Technologie angewandt werden kann, weil es die Daten gibt und auch die Rechenleistung zugänglich ist, gibt es noch Luft nach oben."

Förderung für Green Techs

Unterstützt werden circly, i4see tech und Purency von Austria Wirtschaftsservice (aws).

Seit Februar bietet die Förderbank im Rahmen ihres Programms aws Seedfinancing mit Green Seedfinancing einen neuen Schwerpunkt an, um junge Unternehmen mit Fokus auf Klimaschutztechnologien zu fördern.

Dabei stehen jährlich zusätzlich 5 Millionen Euro für Start-ups aus dem Greentech-Bereich zur Verfügung.

Dieser Artikel entstand im Rahmen einer Kooperation zwischen futurezone und Austria Wirtschaftsservice (aws).

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Patrick Dax

pdax

Kommt aus dem Team der “alten” ORF-Futurezone. Beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Innovationen, Start-ups, Urheberrecht, Netzpolitik und Medien. Kinder und Tiere behandelt er gut.

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