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Start-ups

Kaugummi aus Harz und Farben aus Bakterien

Der Klimawandel schreitet voran – mit Auswirkungen auf Mensch und Umwelt. „Ein Lösungslieferant für die Klimakrise ist die industrielle Biotechnologie“, sagt Johannes Sarx, Abteilungsleiter des Austria Wirtschaftsservice (aws) und Co-Geschäftsführer von LISA Vienna – das gemeinsame Programm von aws und der Wirtschaftsagentur Wien. Die industrielle Biotechnologie weist das Potenzial auf, die industrielle Produktion zu revolutionieren und etwa von erdölbasierten Erzeugnissen sowie  einer CO2- und wasserintensiven Produktion wegzukommen. 

Nicht nur international, sondern auch in Österreich tut sich in diesem Segment sehr viel, wie zahlreiche Start-ups und Unternehmen im Rahmen des europäischen Forums für industrielle Biotechnologie und Bioökonomie (EFIB) in Wien gezeigt haben. Unter dem Motto „Delivering the EU Green Deal“ haben sich am Mittwoch und Donnerstag heimische Biotech-Start-ups mit der Industrie vernetzt und ihre Innovationen vorgestellt. Hier eine Auswahl der spannendsten Ideen.

Alpengummi stellt Kaugummi aus Baumharz her

Herkömmliche Kaugummis werden aus synthetischen Polymeren hergestellt – die Kaumasse wird aus Erdöl gewonnen. Das heißt: Wir kauen Kunststoffe. Künstliche Süßungsmittel und Aromen, aber auch Weißmacher, Farbstoffe und andere synthetische Inhaltsstoffe sind zudem potenziell gesundheitsschädigend. Das Start-up Alpengummi stellt daher einen natürlichen Kaugummi aus Baumharz und Bienenwachs her, der für Mensch und Umwelt unbedenklich ist.

Das Baumharz kommt laut Sandra Falkner, Mitbegründerin von Alpengummi, aus Niederösterreich – gesüßt wird nur mit Birkenzucker, der gut für die Zähne ist. „Er remineralisiert sie und schützt sie vor Karies. Die Aromen kommen von ätherischen Ölen“, sagt Falkner. Zudem sei der Kaugummi im Gegensatz zu herkömmlichen Produkten biologisch abbaubar.

Die Alpengummi-Gründerinnen Sandra Falkner und Claudia Bergero

AgroBiogel schützt Pflanzen vor Trockenheit

Damit die Landwirtschaft trotz steigender Trockenheit und Hitze nicht zum Erliegen kommt, hat das Start-up AgroBiogel ein holzbasiertes Hydrogel entwickelt, das gemeinsam mit Pflanzensamen in den Boden ausgebracht wird und Feuchtigkeit länger im Boden hält. „AgroBiogel nimmt große Mengen Wasser auf und gibt es langsam an die Pflanze ab. Gibt es eine Trockenperiode, überdauert sie die Pflanze und der Landwirt hat keine Verluste“, sagt Gibson Nyanhongo, Gründer von AgroBiogel.

Ziel sei es, Landwirten dabei zu helfen, Wasser einzusparen. Ihm zufolge verbrauche die globale Landwirtschaft über 70 Prozent des gesamten Süßwassers. Mit dem Einsatz des Hydrogels könnten 40 Prozent des Bewässerungswassers eingespart werden. Anwendbar sei AgroBiogel sogar in für die Landwirtschaft normalerweise nicht nutzbaren Böden: „Man kann überall Pflanzen anbauen. Sogar in der Wüste.“ 

Holloid überwacht Fertigungsprozesse in Echtzeit

Auch im Bereich der Bioprozesstechnik gibt es zahlreiche Entwicklungen. Das Start-up Holloid etwa hat eine Methode   zur Analyse von Partikeln in Flüssigkeiten – etwa Bakterien, Algen oder Hefen – mit Laserstrahlen entwickelt, die in der industriellen Produktion zum Einsatz kommt. Mit der automatisierten Echtzeitüberwachung können Produktionsleiter rund um die Uhr sehen, ob ihre Bioreaktoren ordnungsgemäß funktionieren. „Wenn man weiß, ob es Komplikationen gibt oder der Prozess anders läuft als gedacht, kann man früh eingreifen und Maßnahmen treffen“, sagt Marcus Lebesmühlbacher, Mitgründer von Holloid.

Das spart wertvolle Ressourcen – Entnahme und Untersuchung der Proben unter dem Mikroskop durch Labormitarbeiter*innen entfallen. Auch die Sicherheit von Produkten, unter anderem aus der Lebensmittel- oder Pharmaindustrie, wird erhöht.

Marcus Lebesmühlbacher von Holloid

Vienna Textile Lab lässt Bakterien Färbemittel erzeugen

Die Textilindustrie und speziell der Färbeprozess gilt als zweitgrößter Wasserverschmutzer weltweit. Beinahe alle Färbemittel basieren auf Erdöl. Das Wiener Start-up Vienna Textile Lab hat daher ein innovatives Verfahren entwickelt, bei dem natürliche Stoffe zur Textilfärbung erzeugt werden. „Wir stellen Farbstoffe und Pigmente aus Bakterien her. Solche Mikroorganismen sind also die Fabriken, die solche Farbstoffe erzeugen“, sagt Karin Fleck, Gründerin von Vienna Textile Lab. Diese Methode sei ihr zufolge nachhaltiger als Farbstoffe petrochemisch herzustellen. 

Vienna-Textile-Lab-Gründerin Karin Fleck

Einzigartig an Vienna Textile Lab sei auch, dass es über eine große Anzahl an Bakterien verfüge, erzählt Fleck: „Die wurden uns exklusiv vom Bakteriografen Erich Schopf zur Verfügung gestellt, der sie über 20 Jahre gesammelt hat.“

Dieser Artikel entstand im Rahmen einer Kooperation zwischen futurezone und Austria Wirtschaftsservice (aws).

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Andreea Bensa-Cruz

Andreea Bensa-Cruz beschäftigt sich mit neuesten Technologien und Entwicklungen in der Forschung – insbesondere aus Österreich – behandelt aber auch Themen rund um Raumfahrt sowie Klimawandel.

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