
Callcenter (Symbolbild)
Callcenter verbreiten sich „wie Krebsgeschwüre”, sagt UNO
Die UNO hat einen neuen Bericht zu Cyberfraud veröffentlicht. Darin wird gewarnt, dass sich kriminelle Organisationen, die sich bisher in Ost- und Südostasien konzentriert haben, international ausbreiten.
Dabei geht es vor allem um Scam-Callcenter, also organisierter Betrug mittels Telefon oder Messenger. Nachdem in Asien mehrere Razzien mit Schwerpunkten in Kambodscha, Laos, Myanmar und den Philippinen stattgefunden haben, breiten sich die Operationen in weitere Gebiete aus. Die Callcenter, die gerade geschlossen wurden, werden in Business Parks neu eröffnet, die speziell für solche betrügerischen Organisationen errichtet werden.
Fast 40 Milliarden US-Dollar Gewinn
„Es breitet sich aus wie ein Krebsgeschwür“, sagt Benedikt Hofmann von der UN: „Die Polizei behandelt das Geschwür in einem Gebiet, aber die Wurzeln gehen nicht weg – sie breiten sich woanders hin aus. so hat sich in ein international verknüpftes Ökosystem entwickelt, angetrieben von Syndikaten, die Schwachstellen in Gesetzen ausnutzen und die Gesetzgebung korrumpieren.“
So hätte sich ein Netzwerk mit Hunderten Scam-Callcentern in Industriegröße gebildet, die zusammen jährlich knapp 40 Milliarden US-Dollar Gewinn machen. Die Aktivitäten dieser kriminellen Industrie seien auch in Südamerika, dem Nahen Osten und Afrika zu sehen.
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Georgien als Hotspot
In Europa haben sich, neben Russland, Georgien und die Türkei als Hotspots für solche Callcenter entwickelt. Im März 2025 wurde etwa ein Callcenter in Georgien aufgedeckt, das seit Mai 2022 aktiv war. Von über 6.000 Opfern weltweit wurden insgesamt über 35 Millionen US-Dollar erbeutet.
Ebenfalls habe sich in Georgien ein Hotspot für Online-Glücksspiel etabliert. Das geht so weit, dass die chinesische Botschaft in Georgien vor Recruitment-Kampagnen gewarnt hat, die über Telegram stattfinden. Dabei geben sich die Betreiber der Scam-Callcenter als Recruiter für legale Kundendienst-Mitarbeiter aus. Oft wird speziell nach Chinesen oder chinesisch-sprechenden Personen gesucht, weil das gerade ein großer Zielmarkt für die Scammer ist.
Ähnliches ist in Afrika zu beobachten. In Sambia wurden im April 2024 bei einer Razzia 77 Callcenter-Mitarbeiter festgenommen. Darunter waren 22 chinesische Staatsangehörige. Sie wurden später zu bis zu 11 Jahren Haft verurteilt. In der Türkei wurden ebenfalls Chinesen aus ähnlichen Gründen verhaftet, die geschafft haben, die türkische Staatsbürgerschaft zu erhalten.
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Callcenter finanzieren Menschenschmuggel
Laut der UN sind die Scam-Callcenter eine Einnahmequelle, um andere kriminelle Operationen zu finanzieren. So haben die Syndikate etwa mit dem Geld Grundstücke und Häuser auf den pazifischen Inseln gekauft. Dort bauen sie Hotels, Casinos und Reisebüros, um unter diesem Deckmantel illegales Online-Glücksspiel, Drogen- und Menschenschmuggel und Geldwäsche zu betreiben.
Um das Problem in den Griff zu kriegen, empfiehlt die UN den Geldfluss zu unterbrechen. Statt nur mittels Razzien einzelne Callcenter zu schließen, solle man koordiniert die Geldflüsse verfolgen, so das kriminelle Netzwerk aufdecken und dann mittels internationaler Zusammenarbeit die Beute beschlagnahmen. Damit solche Scam-Callcenter gar nicht erst Fuß fassen können, brauche es zudem mehr Aufmerksamkeit für das Problem und stärkere Regularien.
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