Test: Mit Apps gegen die Smartphone-Sucht
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr!
Beim Essen WhatsApp-Nachrichten checken. Während der Arbeit ein paar Snaps schicken. Am Abend Facebook durchforsten. Durch die Massentauglichkeit von Smartphones und Tablets haben wir heutzutage immer und überall Zugang zum World Wide Web.
Doch durch die Smartphone-Revolution ist auch eine neue Suchtquelle entstanden, für deren Anerkennung als Krankheit Ärzte und Psychologen seit langer Zeit kämpfen.
Denn wer sein Handy nicht mehr beiseitelegen kann und ohne dauerhaften Internetzugang Nervosität zeigt, wird zwar von Freunden und Bekannten belächelt, könnte aber tatsächlich mit einer psychischen Erkrankung zu kämpfen haben.
Herzrasen und Schweißattacken
Belastbare Zahlen gibt es bisher nicht, unterschiedlichen Schätzungen zufolge beläuft sich die Zahl der Smartphone-Süchtigen in Österreich mittlerweile auf 60.000 bis 100.000 Menschen.
Laut Christian Montag, Professor an der Universität Bonn, definiert sich Sucht über die stetige Steigerung einer Handlung, um gleichbleibende Befriedung zu erlangen.
Wer also jeden Tag etwas länger sein Smartphone nutzen muss, um gleichbleibend glücklich bzw. zufrieden zu sein, zeigt bedenkliche Anzeichen auf Abhängigkeit und Kotrollverlust. Zu den Entzugssymptomen zählen unter anderem nervöses Zucken, Unruhe, starkes Schwitzen und ein erhöhter Puls.
„Checky“ zeigt die Zugriffszahlen
Forscher und Entwickler bieten einige Lösungen, die bei der Bekämpfung von Internetsucht helfen sollen. Zu den simpleren Ansätzen gehört „Checky“. Die für Android und iOS verfügbar Applikation hat lediglich eine Aufgabe: Sie zählt, wie oft man sein Smartphone benutzt bzw. entsperrt. Zusätzlich speichert die App jene Orte, an denen man sein Handy nutzt.
Genau hier liegt auch der einzige aber dafür dicke Minuspunkt der App: nur, wenn Ortungsdienste aktiviert sind, speichert die App alle Zugriffe. Das führt zu einer drastischen Reduktion der Akkulaufzeit und verkürzte diese im Test um mehr als die Hälfte. Seiner Sucht kann man mit "Checky" jedoch gut entgegenwirken, der Akku wird nämlich schon zu Mittag leer sein.
Moment – Mit Nervattacken zur Handypause
Ähnlich simple hält es die App „Moment“, die nur für iOS erhältlich ist. Diese zählt nicht nur die täglichen Zugriffe sondern dokumentiert auch die Minuten bzw. Stunden, in denen man das Smartphone genutzt hat.
Um die Aufmerksamkeit auf das eigene Nutzungsverhalten zu maximieren, können Limits gesetzt werden, bei deren Überschreitung man benachrichtigt wird. Um beispielsweise den Familienabend handyfrei zu gestalten, bietet „Moment“ auch die Option, für Familienmitglieder Limits zu setzten.
Aufgrund der technischen Limitierungen von iOS haben die Limits aber lediglich symbolischen Wert. Zwar werden Limit-Benachrichtigungen mit hoher Freuqenz angezeigt und wiederholt, was die Nutzung des Smartphones zumindest etwas anstrengender gestaltet. Das Gerät bleibt jedoch weiterhin uneingeschränkt nutzbar. Ohne Selbstdisziplin wird der Effekt von "Moment" somit eher gering bleiben.
Menthal – Smartphone-Diät auf wissenschaftlicher Ebene
Die wohl umfangreichste App in Sachen Internet-Diät ist "Menthal". Die Anwendung wurde von einem Forschungsteam der Universität Bonn entwickelt und baute neben Nutzungstracking auf wissenschaftliche Daten und Studien.
Die Anwendung bietet eine schön gestaltete Übersicht, die Anrufe, Nachrichten und Smartphone-Zugriff zusammenfasst. Über den sogenannten M Score berechnet die App den eigenen Handy-Suchtwert .
Dieser basiert auf den Daten der App-Nutzung, Frequenz des Einschaltens und der Gesamtnutzungsdauer. Auf einer Skala von 0 bis 100 berechnet Menthal dann einen Wert. Umso höher dieser ist Wert ist, umso größer ist die Handysucht.
Daten zu Froschungszwecken
Nutzungsdaten werden nicht nur für den Nutzer gesammelt, sondern dienen auch einer umfangreichen Forschungsarbeit der Universität Bonn. Die Messergebnisse werden hierbei anonymisiert und dann an die Server der Forschungseinrichtung übertragen. Inhaltsdaten wie SMS-Texte oder Bilder gehören aber nicht dazu.
Übermittelte Daten fallen laut Pressemitteilung der Universität Bonn unter die ärztliche Schweigepflicht und unterliegen strengstem Datenschutz.
Fazit
Internet- und Smartphone sucht werden für die Gesellschaft zu einem immer größeren Problem. Die fehlende Anerkennung als Krankheit zeigt jedoch, dass die Problematik noch nicht ernst genommen wird.
Apps wie Menthal oder Moment halten dem Nutzer einen Spiegel vor. Und die Ergebnisse werden für einige tatsächlich schockierend sein. Zwar wird keine dieser Apps zum Wunderheiler für erkrankte Personen werden, für viele Nutzer werden sie aber eine abschreckende Wirkung haben und möglicherweise zu einer reduzierten Smartphone-Gebrauch führen.
Kommentare